Nach dem Angriff auf Israel: Wer ist die Hamas?
Es war ein Schock für Israel. Am Samstag griff die Terrormiliz Hamas Israel an. Der Raketenschutzschild Israels, konnte nicht alle der rund 2.200 Raketen abfangen.
Einmal mehr schreibt die Hamas damit blutige Geschichte. Doch wer und was steckt hinter der extremistischen, islamistischen Bewegung?
➤ Informieren Sie sich über die aktuelle Lage in Israel mit unserem Live-Ticker
Die Hamas ist eine extremistische, islamistische Bewegung, die von der EU, den USA, Kanada, Ägypten und Japan als Terrororganisation eingestuft wird. Der Name Hamas bedeutet übersetzt „Eifer“, ist jedoch zugleich ein Akronym für „Islamische Widerstandsbewegung“ (arabisch Harakat Muqawama Islamiya).
Die Hamas will die vollständige Zerstörung des Staates Israel durch einen Heiligen Krieg. Stattdessen soll dann der Islamische Staat Palästina errichtet werden.
Was in diesem Fall mit der jüdischen Bevölkerung geschehen würde, hat man vergangenen Samstag beim Überfall auf Israel gesehen.
Die Hamas gilt als palästinensischer Ableger der sunnitischen, in Ägypten gegründeten, Muslimbruderschaft. Die Muslimbruderschaft wurde 1928 als radikale politisch-soziale Bewegung aus der Taufe gehoben. Die Muslimbruderschaft ist mittlerweile im ganzen Nahen Osten verbreitet.
Kontakt zu den Nazis
Übrigens: Die ersten Kontakte zu den Islamisten knüpften die Nationalsozialisten, und für sie wiederum Abwehrchef Admiral Wilhelm Canaris. Sein Ziel war es Anfang der 1940er-Jahre, den Aufstand in den arabischen Ländern gegen die in Nahost herrschenden Briten mit Waffen und Geld zu unterstützen.
In jüngerer Zeit wird gelegentlich versucht, auch die Ideologie der Muslimbrüder mit der Nazi-Ideologie zu vergleichen. Was den einen die Weltgemeinschaft der Muslime sei, also die „Umma“, das sei den Nazis die „Volksgemeinschaft“ gewesen, heißt es dann. Als weitere Belege für Gemeinsamkeiten werden die Ablehnung des liberalen Finanzkapitalismus und der Antisemitismus genannt.
Im Kalten Krieg finanzierte die amerikanische CIA die Muslimbrüder im Kampf gegen die von der UDSSR unterstützten sozialistischen Regierungen, wie etwa in Syrien oder Ägypten.
Doch zurück zur Hamas. Die Hamas entstand 1986 und wurde während der ersten Intifada ab 1987 populär. Die Indifada war der erste Volksaufstand der Palästinenser gegen die Israelis. Die Hamas sieht sich als Alternative zu der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) Jassir Arafats, die anders als die Hamas nicht religiös ist und das Existenzrecht Israels anerkennt. Als die PLO in den 1990er-Jahren Friedensgespräche mit Israel startete, lehnte die Hamas diese ab.
Gründer der Hamas war Scheich Ahmed Yasin. Yasin wurde 1936 in einem Dorf in der israelischen Negev-Wüste geboren. Infolge des Arabisch-Israelischen Krieges von 1948 flüchtete seine Familie nach Gaza. 1955 wurde er Mitglied der Muslimbrüder und studierte in Kairo Sprachen und islamische Theologie.
Rückzug aus Gaza
Von da an war er gegen Israel aktiv. Mit anderen Muslimbrüdern gründete er eben 1986 die Hamas und wurde deren Chefideologe. 2004 wurde er von den Israelis im Rahmen einer gezielten Aktion in Gaza getötet. Neun weitere Personen starben, darunter zwei seiner Söhne.
Israel zog sich 2005 aus dem Gazastreifen zurück. Alle Soldaten wurden abgezogen, jüdische Siedlerfamilien evakuiert. Das sollte den Frieden mit den Palästinensern vorantreiben.
Hamas war und ist populär
Die Hamas besteht aus einem politischen, einem sozialen sowie einem bewaffneten Zweig, den sogenannten Essedin-al-Kassam-Brigaden.
Nach ihrer Gründung wuchs die Popularität der Hamas unter den Palästinensern rasant. Zunächst trat die Hamas als Wohltätigkeitsorganisation auf. Das war der Ansatz der Muslimbruderschaft, die die Gesellschaft von der Basis aus zu islamisieren trachtet. Dazu gehört, dass man Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser betreibt und mit einer Wohlfahrtsorganisation ärmere Menschen unterstützt. Das alles macht die Hamas noch heute sehr konsequent.
Gleichzeitig zog man von Anbeginn in den Kampf gegen Israel und verübte Bombenanschläge. Die Hamas gewann 2006 die Wahlen zum palästinensischen Parlament. Aufgrund des internationalen Drucks trat die Hamas-Regierung aber zurück und ging eine Koalition mit der Fatah ein.
➤ Mehr lesen: Israel im Krieg - ein Konflikt, der fatale Ausmaße annehmen kann
Allerdings verschärften sich die Rivalitäten zwischen der Hamas und der Fatah und es kam zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen zwischen den beiden Palästinenserfraktionen im Gazastreifen mit zahlreichen Toten. Im Juni 2007 übernahm die Hamas schließlich die Macht im Gazastreifen. Im Westjordanland regiert seitdem eine Notstandregierung unter Führung von Mahmud Abbas.
Opposition verboten
Opposition und freie Meinungsäußerung sind unter der Hamas im Gaza-Streifen verboten. Nach dem Putsch der Hamas 2007 verhängte Israel eine strenge Luft-, See- und Landblockade des Gazastreifens. Exporte sind verboten, Einfuhren stark eingeschränkt und werden von Israel streng kontrolliert. Und seitdem dürfen auch nur Palästinenser mit Sondergenehmigung in Gaza ein- und ausreisen.
Ismail Hanija ist seit 2017 der Chef der Hamas. Er lebt allerdings nicht nur im isolierten Gaza, sondern auch in der Türkei und Katar. Der Vater von 13 Kindern steht in den USA auf der Liste globaler Verbrecher, er unterhält rege Beziehungen zum syrischen Regime, Katar und zu Saudi Arabien.
➤ Mehr lesen: Wie eine israelische Bodenoperation im Gazastreifen aussehen könnte
Ismail Hanija wurde 1963 im Flüchtlingslager Schati nahe Gaza-Stadt im damals ägyptisch verwalteten Gazastreifen geboren. Dorthin waren seine Eltern nach dem ersten Nahostkrieg um die Staatsgründung Israels 1948 aus ihrem Dorf al-Majdal geflohen, das später in der israelischen Stadt Aschkelon aufging.
Jahresumsatz von einer Milliarde US-Dollar
Hanija besuchte eine Schule der Vereinten Nationen und studierte 1983-1987 arabische Literatur an der Islamischen Universität in Gaza-Stadt. Damals schloss er sich der Muslimbruderschaft an, Schon als Student soll er zu den engsten Vertrauten von Scheich Ahmed Jassin gehört haben, dessen Büroleiter er später wurde.
Die Hamas wird finanziell laut den USA hauptsächlich vom Iran und von Katar unterstützt. Die Terroristen sammeln außerdem Millionen von Exil-Palästinensern und Stiftungen aus aller Welt ein.
EU-Geld an die Hamas?
Laut Forbes Israel rangiert die Hamas mit einem Jahresumsatz von einer Milliarde US-Dollar auf Platz zwei der reichsten Terror-Organisationen der Welt. Praktische Hilfe bekommen die Islamisten aktuell auch von der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz.
Immer wieder gibt es den Vorwurf, dass Hilfsgelder, die etwa die Europäische Union an Organisationen in Gaza zahlt, um die leidende Zivilbevölkerung zu unterstützen, teils auch bei Hamas-nahen Organisationen landen. Bewiesen wurde das bislang nicht.
Die Hamas und Israel haben sich bereits in den Jahren 2008, 2012, 2014 und 2021 in schweren militärischen Auseinandersetzungen bekämpft. Beim bisher folgenschwersten Gaza-Krieg im Sommer 2014 wurden mehr als 2.200 Palästinenser getötet, in der Mehrheit Zivilisten. Auf israelischer Seite gab es damals 74 Tote, die Opfer waren vor allem Soldaten.
Quellen: ARD, WELT, FAZ, RND, Forbes
Kommentare