Streit um EU spaltet Camerons Regierung

Britain's Education Secretary Michael Gove leaves a cabinet meeting at Downing Street in London, December 11, 2012. REUTERS/Neil Hall (BRITAIN - Tags: EDUCATION POLITICS)
"Austritt bringt Vorteile": Minister stellen sich offen gegen Premier. Der reagiert mit einer Rüge.

EU-Skepsis und demonstrative Distanz zu Europa sind seit Margaret Thatchers Zeiten eine Art Markenzeichen der britischen Konservativen. Doch Premier David Cameron droht die EU-Debatte in Partei und Regierung endgültig zu entgleiten. Erstmals haben zwei Minister seines Kabinetts offen ihre Sympathien für einen EU-Austritt Großbritanniens bekundet.

Erziehungsminister Michael Gove, ein deklarierter EU-Skeptiker, suchte sich obendrein einen prominenten Sendeplatz, sonntags in der BBC, aus, um die Debatte anzuheizen. „Ein EU-Austritt wäre absolut erträglich“, erklärte er Star-Interviewer Andrew Marr, „und brächte sogar Vorteile“. Kurz darauf schloss sich Verteidigungsminister Philip Hammond der Meinung seines Kollegen an. Cameron erwischen diese unerwünschten Stellungnahmen obendrein zu einem besonders unpassenden Zeitpunkt. Der Premier ist in den USA, um mit Barack Obama das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA zu besprechen. Vorerst blieb ihm nichts anderes übrig, als die Haltungen seiner Minister als „hypothetisch“ zu bezeichnen. Über die britische EU-Mitgliedschaft werde es jetzt ohnehin keine Volksabstimmung geben.

Volksabstimmung

Doch genau auf die drängen EU-Gegner wie Gove, und den Grund dafür hat ihnen ausgerechnet der Premier selbst gegeben. Der kündigte nämlich zu Jahresbeginn an, bis spätestens 2017 über die EU-Mitgliedschaft abstimmen zu lassen. Cameron wollte den starken Anti-EU- Flügel in der eigenen Partei ruhig stellen – und hat ihm stattdessen Rückenwind verschafft. Warum erst 2017 fragt man sich dort angesichts der Finanzkrise, die die EU bei den Briten noch unbeliebter gemacht hat. Cameron, der bis dahin bei der EU mehr Rechte und mehr Unabhängigkeit für London herausverhandeln wollte, gerät unter Zugzwang.

Den Druck erhöht auch der Erfolg der offen europafeindlichen UK-Unabhängigkeits-Partei UKIP bei den Lokalwahlen vor zwei Wochen. Mit durchschnittlich einem Viertel der Stimmen zieht die von den Großparteien als Ansammlung von Spinnern betrachtete Gruppierung in zahlreiche Rathäuser und Bezirksverwaltungen ein. Bei den Europawahlen im kommenden Jahr – in Großbritannien traditionell ein Minderheitenprogramm – könnte man Erster werden.

Schon jetzt zieht die UKIP eifrig konservative Abgeordnete auf ihre Seite. Am Mittwoch will man Cameron vorführen, wie viele das bereits sind. Eine Woche nach der traditionellen, vom Premier verfassten Rede der Königin vor dem Parlament steht die Debatte darüber an. Die Abgeordneten werden eine Beschwerde einbringen: Warum das Referendum über den EU-Austritt nicht schon jetzt per Gesetz festgelegt wird.

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