Nur ein Wahlkampfgag? Großbritannien schiebt ersten Asylwerber nach Ruanda ab

Seinen Namen schrieb die Sun nicht, wohl aber, dass der Schritt „historisch“ sei: Am Montag wurde erstmals ein abgelehnter Asylwerber von Großbritannien nach Ruanda geflogen – per One-Way-Ticket, wie betont wurde.
Der Mann, der selbst aus einem afrikanischen Land stammt, soll sich dort ein neues Leben aufbauen – und nie wieder nach Großbritannien zurückkehren. Das ist zumindest das Vorhaben, das die Regierung unter Premier Rishi Sunak schon lange verspricht und über den auch vor Gerichten gestritten wurde: Den ersten derartigen Flug hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2022 noch kurz vor dem Abheben gestoppt.
Wellen bis nach Österreich
Ganz eingelöst hat Sunak seinen „Ruanda-Plan“, der auch Österreichs Innenminister Gerhard Karner zu ähnlichen Überlegungen inspiriert hat, damit aber noch nicht. Der Abgeschobene, der in der ruandischen Hauptstadt Kigali zunächst im einer Unterkunft namens „Hope Hostel“ untergebracht ist, flog nämlich freiwillig dorthin – und mit finanzieller Unterstützung des Staates. Diese Methodik unterscheidet sich massiv vom Zwangsabschiebeplan, den Sunak vergangene Woche nach langem Streit im Parlament durchgesetzt hatte: Sie sehen vor, dass Asylsuchende unabhängig von ihrer Herkunft und vor allem ohne vorherige Prüfung ihres Asylantrags in das afrikanische Land abgeschoben werden können. Die freiwillig Ausreisenden erhalten allerdings je 3000 Pfund (umgerechnet etwa 3500 Euro) für die Reise.
Ein "Fetisch"
Die Opposition spekuliert nun, dass es sich bei der Aktion wohl um eine Wahlkampfaktion gehandelt haben muss. Am Donnerstag finden in Großbritannien Kommunalwahlen statt, und Sunaks Tories rechnen mit einer herben Niederlage – nicht nur in London, wo ein Labour-Bürgermeister quasi als gesetzt gilt. Selbst die Sun, die selbst über die Abschiebung berichtet hatte, kommentierte, dass der Ruanda-Plan für Sunak zum „Fetisch“ geworden sei, und dass er wegen der Wahlergebnisse mit einer Parteirebellion rechnen müsse.
Die Abschiebung, so die Conclusio, würde parteiinterne Kritiker beschwichtigen. Das sollte wohl auch eine landesweite Aktion am Mittwoch: Da wurden medienwirksam Migranten in Gewahrsam genommen worden, die gegen ihren Willen nach Ruanda abgeschoben werden sollen. Wie viele es waren, wurde nicht veröffentlicht – nur, dass ihre Flüge in zehn bis 12 Wochen abheben sollen.
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