Großbritannien gehen die Impfwilligen aus

Impfstoff (Symbolbild).
Die Impfstraßen arbeiten nur noch mit 30 Prozent ihrer Kapazitäten. Vor allem junge Erwachsene bleiben fern.

Zuerst zuwenig Covid-19-Impfstoffe, jetzt genug an Vakzinen, aber zuwenig Impfwillige. Diese Situation scheint in den westlichen Industriestaaten die erzielten Erfolge gegen SARS-CoV-2-Pandemie zunehmend zu gefährden. In England laufen die Impfstraßen nur noch mit 30 Prozent Auslastung, weil die jungen Erwachsenen ausbleiben, berichtete jetzt das British Medical Journal (BMJ).

"Wir hatten die Herausforderung mit vielen Impfwilligen, aber nicht ausreichend Impfstoff. Jetzt haben wir genau das Gegenteil davon. Wir haben absolut große Mengen an Vakzinen – und wir haben zuwenig Leute, die zum Impfen kommen“, berichtete Pippa Nightingale, Leiterin der Pflegeabteilung des nationalen Gesundheitssystems für die Londoner Regionen Chelsea und Westminster vergangenen Mittwoch bei einer Sitzung der Londoner Gesundheitsbehörden.

Nightingale: "Unsere Aktivitäten sind diese Woche zusammengebrochen. Unsere Impfstraßen arbeiten nur mit 30 Prozent ihrer Kapazitäten, weil nicht mehr Leute auftauchen. Wir haben das Personal dort, wir haben Impfstoff dort, aber wir kämpfen mit diesen Schwierigkeiten. Das ist das Bild für London, es ist das Bild für das ganze Land.“

Auch in Großbritannien, das nach anfänglichen Schwierigkeiten bei den Covid-19-Immunisierungen bald international einen der vorderen Ränge einnahm – derzeit sind dort 69 Prozent der Menschen erstgeimpft, 53 Prozent im vollen Impfschutz -, hat sich die Zahl der verabreichten Impfstoffdosen deutlich reduziert.

Problemgruppe junge Erwachsene

Laut den aktuellsten Daten wurden in England in der Woche bis zum 4. Juli nur noch rund 755.000 Erstdosen der Vakzine für Menschen quer über alle Altersgruppen hinweg abgegeben. Eine Woche zuvor waren es noch 1,17 Millionen gewesen. Bis zu dem Zeitpunkt hatten in ganz England 57 Prozent der 18- bis 24-Jährigen eine Erstimpfung erhalten (in London 52 Prozent, in Ostengland 62 Prozent).

Die Probleme kommen nicht unerwartet. Pippa Nightingale: "Wir haben damit gerechnet, dass junge Erwachsene eine schwierige Gruppe sind. Sie verhalten sich wie erwartet. Sie glauben, sie seien (vor Covid-19; Anm.) gefeit. Sie glauben, sie bräuchten die Impfung nicht, weil sie (im Krankheitsfall; Anm.) sowieso nicht auf eine Intensivstation aufgenommen werden müssten.“ Auch die britischen Behörden setzen für Jugendliche und junge Erwachsene jetzt zunehmend auf Events und Impfmöglichkeiten abseits der üblichen Versorgungsebenen.

Das Muster scheint international ähnlich zu sein. Jedenfalls entwickelt sich Covid-19 laut der Chefin der US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC), Rochelle Walensky, in den Staaten mit ausreichender Versorgung mit Vakzinen zu einem Phänomen bestimmter Bevölkerungsgruppen. "Dies wird zu einer Pandemie der Ungeimpften", hat sie festgestellt. Und unter diesen Gruppen sind zunehmend Jugendliche und junge Erwachsene, die durch den anfänglichen Impfstoffmangel erst vergleichsweise spät und mittlerweile nur zögerlich zu den Impfungen kommen, vertreten.

Nicht zuletzt liegt auch in Österreich laut den neuesten Daten (Woche ab 5. Juli) die Gruppe der 15- bis 24-Jährigen bei der Sieben-Tage-Covid-19-Inzidenz am höchsten (46/100.000). Das war vier Mal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung und mehr als doppelt so hoch wie unter den 25- bis 34-Jährigen (19/100.000). In Österreich sind laut den offiziellen Zahlen 22 Prozent der 15- bis 24-Jährigen im vollen Impfschutz.

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