Juncker soll Treffen mit Tsipras abgelehnt haben

Alexis Tsipras
Tsipras meldete sich laut Medienberichten wegen der finanziellen Probleme. Athen dementiert Anruf bei Juncker.

Die dramatische Finanznot in Griechenland hat den Athener Regierungschef Alexis Tsipras nach Informationen der Süddeutschen Zeitung zu einem ungewöhnlichen Hilferuf veranlasst. Tsipras habe EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker telefonisch um ein kurzfristiges Treffen noch am Freitag gebeten, berichtete das Blatt unter Berufung auf Regierungskreise in Athen. Juncker habe die Bitte aber abgelehnt. Die Regierung Tsipras habe bereits im Februar nicht alle Staatsbediensteten bezahlen können, hieß es in der Zeitung weiter. Erstmals hätten etwa Hilfslehrer kein Gehalt bekommen. Tsipras und Juncker seien übereingekommen, zunächst das Treffen der Euro-Finanzminister am Montag abzuwarten und danach über einen Termin zu reden. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte laut SZ dazu lediglich, dass Juncker und Tsipras "in permanentem telefonischen Kontakt" stünden.

Die griechische Regierung hat den Bericht der SZ jedoch vor kurzem zurückgewiesen. Tsipras habe nicht um einen Gesprächstermin vor Montag bei Juncker gebeten, hieß es am Freitag in der Athener Regierung.

Schäuble lehnt schnellere Finanzhilfen ab

Ob Anruf oder nicht, der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hat einer möglichen Beschleunigung der Auszahlung von Hilfsgeldern an Griechenland jedenfalls schon jetzt eine Absage erteilt. "Dafür gibt es keine Grundlage", sagte sein Sprecher Martin Jäger am Freitag in Berlin.

Varoufakis-Brief an Dijsselbloem und Juncker

Indes wurde bekannt, dass der Brief des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis an Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem auch an EU-Kommissionspräsident Juncker gegangen ist. Eine Sprecherin der Kommission erklärte am Freitag in Brüssel, "wir haben so einen Brief gesehen". Über den Inhalt wurde nichts mitgeteilt. Varoufakis hatte im Vorfeld der Eurogruppen-Sitzung kommenden Montag ein Schreiben an Dijsselbloem geschickt. Die Währungsunion wird sich neuerlich mit der immer noch unklaren Lage in Athen nach der von der Eurogruppe gewährten Verlängerung des Hilfsprogramms an Griechenland um vier Monate bis Ende Juni befassen.

Probleme größer als angenommen

Die griechische Regierung kämpft praktisch Tag für Tag gegen die drohende Pleite. Im März muss Athen Verpflichtungen im Umfang von gut 6,85 Milliarden Euro erfüllen. Die Kassen sind fast leer. Die Regierung habe Rentenkassen und andere öffentliche Institutionen aufgerufen, ihre Geldeinlagen an den Staat zu geben, erfuhr die dpa aus Regierungskreisen.

Am Mittwoch hatte sich der Staat kurzfristig 1,138 Milliarden Euro über die Ausgabe kurzlaufender Anleihen am Kapitalmarkt verschafft. Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, warnte die Regierung in Athen vor diesem Hintergrund davor, sich mit Finanz- und Buchungstricks neues Geld zu beschaffen. "Es kann nicht angehen, dass die griechische Regierung versucht, sich über kreative Buchführung oder Tricks weiter durchzumogeln", sagte der CSU-Politiker der Bild.

Tsipras will am Kapitalmarkt mehr Geld aufnehmen

Entgegen der Vorgaben seiner Gläubiger will Griechenland laut Regierungschef Tsipras kurzfristig doch mehr Schulden am Kapitalmarkt aufnehmen. Tsipras sagte dem Spiegel laut Vorausbericht vom Freitag, er wolle in den kommenden Wochen eine drohende Finanzierungslücke mit kurzfristigen Anleihen, sogenannten T-Bills, überbrücken. Sollte die Europäische Zentralbank nicht zustimmen, übernehme sie eine große Verantwortung: "Dann kehrt der Thriller zurück, den wir vor dem 20. Februar gesehen haben", sagt Tsipras mit Blick auf die letzten Verhandlungen mit den Euro-Partnern. Einen Austritt aus der Eurozone schloss der Premier aus.

Die Ausgabe von Geldmarktpapieren mit relativ kurzer Laufzeit ist derzeit die einzige Möglichkeit der Regierung in Athen, sich am Kapitalmarkt Geld zu beschaffen. Die von den Euro-Partnern und dem IWF gesetzte Obergrenze von 15 Milliarden Euro ist aber schon ausgeschöpft. Tsipras benötigt jeden Monat etwa 4,5 Milliarden Euro, um die Verpflichtungen des Landes zu erfüllen.

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