Eurogruppe einigt sich mit Griechenland

Anspannung bei Yanis Varoufakis
Griechenland muss bis Montag Reformpläne auflisten. Dafür werden die Hilfskredite um vier Monate verlängert.

Wieder einmal ein entscheidender Tag im endlosen griechischen Schuldendrama. Die Krisensitzung der Euro-Finanzminister in Brüssel endete nach fast sechsstündigen Verhandlungen.

Das Resultat: Die Hilfskredite werden um vier Monate verlängert, wenn Griechenland eine Liste von Reformen vorlegt, die von der Eurogruppe bis Ende April abgesegnet werden.

Details zur Einigung finden Sie hier

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Eurogruppe einigt sich mit Griechenland

Christine Lagarde beginnt mit: "Es war mühsam." Die Arbeit könne beginnen. Bis Ende April müssen sich die Parteien auf die endgültige Reformliste einigen.

Pierre Moscovici sieht seine Forderung nach einer nicht ideologischen Herangehensweise von allen Seiten erfüllt. Auch er betont, dass die Einigung nur ein erster Schritt sei. Es gehe darum, die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands herzustellen und soziale Fairness walten zu lassen.

Jeroen Dijsselbloem spricht von einem ersten Schritt - es ging um das Aufbauen von Vertrauen. Er bestätigt die Verlängerung der Hilfskredite um vier Monate. Ziel: Die Rekapitalisierung der griechischen Banken und natürlich Zeit für weitere Verhandlungen.

Erster Schritt: Griechenland muss bis Montag eine Liste der Reformen vorlegen. Das sei ein Anfangspunkt für das weitere Vorgehen. Am Dienstag wird die Eurogruppe in einer Telefonkonferenz darüber urteilen.

"Es ist zu Ende und es gibt eine Einigung", sagt nun auch ein Diplomat nach fast sechsstündigen Verhandlungen in Brüssel. Die offizielle Pressekonferenz sollte jeden Moment beginnen.

Twitter weiß es wieder mal zuerst:

"Es wird bald zu Ende sein", sagt ein Diplomat in Brüssel. Zu einem von Deutschland bereits akzeptierten Entwurf für eine Erklärung habe es im Kreise aller 19 Finanzminister "keine offensichtlichen Einwände" gegeben.

Athen habe eingewilligt, "weiter zu gehen als vor Beginn der Verhandlungen vor zehn Tagen".

Freude bei Varoufakis? Sicher nicht über ein freies Wochenende. Vertreter der Euro-Zone verlangen, dass Griechenland bis Montag alle geplanten Reformen vorlegt.

Aus Ratskreisen sickert durch, dass eine Verlängerung des Hilfsprogramms um vier Monate im Gespräch ist. Würde bedeuten: Der Grexit wurde abgesagt. Das Rückspiel findet Ende Juni statt.

Diplomaten gehen davon aus, dass der Deal in den nächsten Stunden abgesegnet wird.

Die im Vorfeld von Schäuble, Varoufakis, Lagarde und Dijsselbloem ausgehandelte Einigung soll auch schriftlich erzielt worden sein. Konkrete Details des neuen Papiers gibt es noch nicht.

Und eine Hintertür gibt es auch noch: Am Sonntag könnte man die Angelegenheit auf die Ebene der Staats- und Regierungschefs heben. Die griechische Regierung hat Ratspräsident Donald Tusk um einen Sondergipfel gebeten - für den Fall der Fälle.

Alles deutet auf einen Durchbruch hin: Diplomaten berichten, es habe Unterstützung für einen Vereinbarungsvorschlag gegeben. Es gebe aber noch keinen Beschluss der Eurogruppe als Ganzes.

Der private griechische Fernsehsender Skai berichtete ebenfalls von einer ersten Einigung. Ein Dokument, auf das sich "wichtige Teilnehmer" geeinigt hätten, werde an die Finanzminister verteilt, berichtete der Fernsehsender weiter.

Varoufakis sprach zu Beginn der Sondersitzung von einem Deal. Angeblich soll es eine prinzipielle Einigung geben, die schriftlich erreicht worden sei.

Und Bloomberg twittert:

Erster Erfolg: Die Sondersitzung hat begonnen - mit dreieinhalb Stunden Verspätung.

Grund für die Verzögerung: Im Vorfeld des Treffens haben Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, IWF-Chefin Christine Lagarde sowie die Finanzminister von Deutschland und Griechenland, Wolfgang Schäuble und Yanis Varoufakis, Möglichkeiten für eine Lösung ausgelotet.

Gut zu wissen. Wer hätte - verglichen mit 2011 - heute mehr durch eine Griechen-Pleite zu verlieren? Die Analyse der eurokritischen Denkfabrik OpenEurope kommt zum Schluss: Das gesamte Risiko hat von 249 auf 279 Milliarden Euro zugenommen.

Frankreich (und vor allem seine Banken) haben am stärksten profitiert, es stehen statt 58 nur noch 51 Milliarden Euro auf dem Spiel, dafür ist die Rechnung für Deutschland von 43 gleich auf 75 Milliarden Euro geklettert. Grund: Von den Banken ist das Risiko zu den Steuerzahlern gewandert.

Die Börsen haben übrigens geschlossen. Der Frankfurter DAX beendet den Handel um 0,4 Prozent höher bei 11.051 Punkten. Der ATX schließt bei 2451 Punkten mit +1,03 Prozent. Also, in Wien geht das schon als Rally durch.

Vier der fünf deutschen „Wirtschaftsweisen“ warnen die Griechen. Die Regierung in Athen irre sich, wenn sie glaube, dass Griechenland unverzichtbar für die Währungsunion sei, schreiben Lars Feld, Christoph Schmidt, Isabel Schnabel und Volker Wieland sowie Generalsekretär Benjamin Weigert laut Frankfurter Allgemeine. Einzig der noch am ehesten links orientierte Ökonom Peter Bofinger fehlt als Unterzeichner.

Ein "Grexit" würde die Eurozone nicht zwingend schwächen, sondern könne - letztlich unbeabsichtigt - sogar das Gegenteil bewirken. So würde die Glaubwürdigkeit des institutionellen Rahmenwerks gestärkt und die Integrität des Euroraums gefestigt. Vom erwartbaren Finanzchaos ist hier keine Rede.

Auch das hängt mittelbar mit dem Thema zusammen. Laut griechischen Medien startet am 25. Februar der Prozess gegen den früheren griechischen Finanzminister Giorgos Papaconstantinou.

Er soll die Namen von drei Verwandten bzw. Bekannten aus jener Liste mutmaßlicher Steuersünder gestrichen haben, die ihm Frankreichs damalige Finanzministerin Christine Lagarde ausgehändigt hatte. Er wies die Vorwürfe bis dato stets zurück.

Wo stehen wir jetzt? EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici sieht eine Annäherung: „Wenn Du 20 Meilen voneinander entfernt bist, macht vielleicht jeder 10 Meilen auf den anderen zu“. Das war als Antwort zur Aussage von Finanzminister Varoufakis gedacht, wonach er nicht eine, sondern zehn Extra-Meilen gegangen sei.

Vielleicht sollten sich alle besser am Proclaimers-Song orientieren: "But I would walk 500 miles. And I would walk 500 more"

Es wird immer absurder. Market News hat einen Bericht, wonach Griechenland irrtümlich den falschen Brief nach Brüssel geschickt habe. In Wahrheit sei man eh bereit, die Konditionen zu akzeptieren. Die Information stamme von der Bild-Zeitung, die sich auf Regierungsquellen beruft. Was ist schiefgelaufen - war der Antrag auf Altgriechisch verfasst?

Na, wenn das keine guten Neuigkeiten sind. Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna ist der Meinung, es könne noch ein weiteres Eurogruppen-Krisentreffen geben. Es seien ja noch einige Tage Zeit.

Bewegung (und Hoffnung) an den Märkten: Der Eurokurs schießt vom Tagestief bei 1,1279 Dollar binnen kurzer Zeit auf ein Tageshoch von 1,1375 Dollar.

"Heute ist nicht Freitag, der 13. Also hoffe ich, wir erreichen eine Vereinbarung." Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir beweist Humor. Jedenfalls sei „mehr Klarheit über gewisse Punkte notwendig.“

Auf speziellen Wunsch der Fashion-Victims in der Redaktion - das Varoufakis-Outfit zum Tage: Dunkler Mantel, weißes Hemd, weißer Schal. Natürlich keine Krawatte (von der steht nicht einmal was im Memorandum).

Der Burberry-Schal, der für ätzende Kommentare gesorgt hat, bleibt also im Schrank.

EU-Ratspräsident Donald Tusk ist auch mittendrin statt nur dabei.

Alles sehr kompliziert. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hat gesprochen, aber wenig gesagt. "Das Treffen wird in Kürze starten, sie können sich vorstellen, dass es recht kompliziert ist. Es wird einige Zeit dauern, aber es gibt Anlass zu etwas Optimismus. Hoffentlich kann ich in einigen Stunden mehr sagen."

US-Nobelpreisträger Paul Krugman ist ein Europa-Fan. Kaum ein Tag ohne Kommentar zur Griechenland-Krise.

Statement von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem vor dem Treffen wird für 16.15 Uhr erwartet. Beste Freunde werden der Niederländer und sein griechischer Amtskollege in diesem Leben wohl nicht mehr. Bei den bisherigen Aufeinandertreffen haben die Funken gesprüht.

Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling ist vorgefahren und stellt sich den Mikrofonen. Der Brief der Griechen sei ein Fortschritt, könne aber nicht 1:1 übernommen werden. Es gelte noch die "Interpretationsspielräume auszuräumen und ein klares Verständnis zu finden, zu welchen Bedingungen diese Verlängerung erfolgt".

Dazu sei es "dringend erforderlich, dass es eine Einigung gibt, die auch nach dem Treffen hält". Ein Problem sei weiterhin die Kommunikation: "Hier in Brüssel wurde etwas zugesagt, das am nächsten Tag durch Maßnahmen in Athen konterkariert wurde. Das fördert nicht das Vertrauen."

Es blieben nur noch ein paar Tage Zeit. Schelling sieht die Position der Eurozone gegenüber Griechenland als geschlossen: Es stehe 18 zu 1.

Die Sorgen um Griechenland reichen bis über den Großen Teich und belasten die US-Börsen: Der Dow Jones Index eröffnete den Handel ebenso wie der S&P-500 um 0,2 Prozent tiefer. Der Technologiebörse Nasdaq war es egal - kaum verändert bei 4925 Punkten.

Die Ratingagentur Standard & Poor's hat nachgerechnet: Österreich hat in Griechenland 8,8 Mrd. Euro oder 2,7 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) an Forderungen offen.

Und zwar: 4,96 Milliarden über den Rettungsschirm EFSF, 1,56 Milliarden über bilaterale Kredite. Über das EZB-Zahlsystem Target2 ist Österreich mit 1,4 Milliarden Euro verpflichtet. Von Griechen-Anleihen bei den Zentralbanken entfallen 571 Millionen, über die Europäische Investitionsbank 152 Millionen und aus sonstigen Posten 211 Millionen Euro auf Österreich.

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble wird von Journalisten bestürmt, bleibt aber wortkarg und beim Grundsätzlichen: "Es ist eigentlich alles gesagt, mehr kann man erst nach dem Treffen sagen. Es geht nicht um einzelne Länder, sondern um Europa; darum, in allen Ländern das Vertrauen der Menschen in den Fortgang des europäischen Einigungswerks zu stärken."

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis ist eingetroffen: "Ich hoffe und bin mir sicher, dass wir uns einigen werden. Die griechische Regierung ist nicht nur eine, sondern zehn Extra-Meilen entgegen gekommen. Und nun hoffen wir, dass unsere Partner uns nicht in der Mitte, sondern auf einem Fünftel des Weges treffen. Ich erwarte weißen Rauch."

Reuters zitiert Bundeskanzler Werner Faymann: "Die Absage des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble an Griechenland war übertrieben. Man muss hart in der Sache sein, aber einen Weg zueinander finden." Er sei "ganz sicher" auf der Seite jener, die heute ein Ergebnis im Schuldenstreit wollen.

Merkel, mythologisch nicht ganz sattelfest: „Ich hab' jetzt keine Absicht, mich mit der griechischen Mythologie zu befassen. Meine Kenntnisse sind hier auch begrenzt.“ Der Anlass: Deutsche Beamte hatten den Brief aus Athen als Täuschung, als „trojanisches Pferd“, bezeichnet.

Frankreichs Präsident Francois Hollande, bei derselben Gelegenheit in Paris: "Griechenland soll in der Eurozone bleiben. Dafür muss alles getan werden, ich beschäftige mich nicht mit dem Grexit."

EZB-Chef Mario Draghi ist soeben in Brüssel eingetroffen. Sein Kommentar: "Buon giorno."

Bundeskanzlerin Angela Merkel in Paris: "Die deutsche Politik ist darauf ausgerichtet, Griechenland im Euro zu halten." Es bedürfe aber noch "erheblicher Vebesserungen in der Substanz", bevor darüber im deutschen Bundestag abgestimmt werden könnte. "Wir müssen bei einer Verlängerung des Programms wissen: Was bedeutet das?"

Die zur Schulden-Grafik gehörende Analyse von WSJ-Kommentator Stephen Fidler: Die Frage sei nicht, ob Griechenland seine Schulden zurückzahlen kann, sondern ob es will und ob die Bevölkerung mitspielt. Rumäniens Diktator Nicolae Ceauscescu habe die Bevölkerung ohne Strom frieren und Fabriken zusperren lassen, nur um 9 Milliarden Dollar an ausländische Banken zurückzuzahlen. Nicht gerade ein Beispiel, dem man unbedingt folgen sollte.

2015 ist heftig, danach wird es leichter: Die Kollegen vom Wall Street Journal haben eine sensationelle Grafik gebastelt, die zeigt, welchen Teil seiner Schulden Griechenland wann und an wen zurückzahlen muss. Die detaillierte Ansicht finden Sie hier.

"Es liegt ganz an den Griechen und der griechischen Regierung, ob sie eine Verlängerung des Programms wollen. Wir werden beim Treffen hören, ob sie die Bedingungen dafür akzeptieren oder nicht." Sagt der niederländische Finanzstaatssekretär Eric Wiebes vor dem Ratsgebäude zu Journalisten. Kein Wort zu einem möglichen Entgegenkommen.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, ist beim EU-Ratsgebäude in Brüssel eingetroffen und huscht hinein. Kein Kommentar von ihr.

Einer der es ausspricht: Griechenland wird kaum um ein drittes Hilfsprogramm herumkommen. Es sei nun klar, dass Athen ein weiteres Paket mit Finanzhilfen benötige, sagte Portugals Regierungschef Pedro Passos Coelho am Freitag kurz vor wohl entscheidenden Verhandlungen über die griechische Schuldenkrise.

Die Wiener Börse weitet ihre Gewinne ein wenig aus: Plus +0,62 Prozent stehen beim ATX kurz vor 14 Uhr zu Buche. Der DAX in Frankfurt ist jetzt auch mit knapp 0,2 Prozent im positiven Bereich.

Der griechische Premier Alexis Tsipras ist optimistisch: "Griechenland hat alles dafür getan, um eine für beide Seiten vorteilhafte Lösung zu kommen, die auf dem Prinzip des gegenseitigen Respekts fußt: Respekt sowohl für die Regeln der EU als auch für das Wahlergebnis von Mitgliedsstaaten", sagte er zur Nachrichtenagentur Reuters.

“Ich bin sicher dass der griechische Antrag für eine sechsmonatige Verlängerung der Kreditvereinbarung mit den Auflagen, die damit verbunden sind, akzeptiert werden wird. Das ist der Zeitpunkt für eine historische politische Entscheidung über die Zukunft Europas."

Nicht das größte Euroland, aber interessante Einschätzung: "Ich glaube, der Punkt ist erreicht, wo sie Griechenland sagen werden, 'Wenn ihr wirklich gehen wollt, dann geht'", wird der maltesische Finanzminister Edward Scicluna von MaltaToday zitiert. "Und ich denke, sie meinen es ernst. Deutschland, die Niederlande und andere werden hart bleiben und darauf bestehen, dass Griechenland die Solidaritätsleistungen der anderen Mitgliedstaaten zurückzahlt und die Bedingungen akzeptiert."

Bei der Europäischen Zentralbank führen Mitarbeiter interne Planspiele durch, wie die Eurozone mit einem "Grexit" umgehen könnte, berichtet Spiegel Online unter der Schlagzeile "EZB bereitet sich auf griechischen Euro-Austritt vor". Klingt spektakulärer, als es ist. Es wäre sehr seltsam, würden keine Szenarien durchgespielt. Kein Kommentar dazu aus Frankfurt.

Angeblich drängen die Währungshüter die Griechen auch dazu, Kapitalverkehrskontrollen einzuführen, um den Geldabfluss von den Banken und ins Ausland zu stoppen. Das hat die EZB bisher dementiert.

Kein gutes Zeichen: Krisentreffen nach hinten verlegt, neue Startzeit ist 16.30 Uhr.

Ein Kommentar seitens der EU-Kommission hat noch gefehlt. Da ist er: Ein Sprecher ist „zuversichtlich“ über eine „mögliche Vereinbarung in absehbarer Zeit“, aber gleichzeitig würden weitere Arbeiten erwartet. Jeder Teilnehmer sollte vernünftig agieren. Die Aussage von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger, wonach das von Griechenland vorgelegte Papier nicht ausreichend sei, war übrigens eine „private Meinung“ und weder mit den anderen Kommissaren noch mit Kommissionschef Jean-Claude Juncker abgesprochen.

Interessantes Detail: Noch nie wurde während der gesamten Schuldenkrise so oft im Internet nach dem Wort "Grexit" gesucht, wie jetzt, ergibt eine Auswertung von Google Trends. Die meisten Suchanfragen kamen dabei - wenig überraschend - aus Griechenland, gefolgt von Deutschland und den Niederlanden.

Was gerne übersehen wird: Es geht in den Verhandlungen vorerst nur um das Schicksal des bestehenden Hilfspakets mit den Euro-Partnerländern, das plangemäß Ende 2014 ausgelaufen wäre und wegen der Wahl in Griechenland bis Ende Februar 2015 verlängert wurde. Daraus stehen noch 7,2 Milliarden Euro an Zahlungen aus. Wie heftig wird die Konfrontation erst ausfallen, wenn es um ein Nachfolgeprogramm geht?

Anstehen vor dem Bankomat: Die Griechen räumen unverändert die Bankkonten leer. Binnen zwei Tagen seien mehr als eine Milliarde Euro abgehoben worden, verlautete am Freitag aus Bankenkreisen. Die Abflüsse von jeweils mehr als 500 Millionen Euro am Mittwoch und Donnerstag seien einem langen Wochenende vorausgegangen: Am Montag ist in Griechenland ein Feiertag.

Ein "Ausgangspunkt" und "gutes Signal", um weiter zu verhandeln - so bewertet eine deutsche Regierungssprecherin das griechische Schreiben. Varoufakis habe damit deutlich gemacht, „dass Griechenland weiter an Hilfen aus Europa interessiert ist.“ Die Bundesregierung sei sich aber einig, dass der Brief zu wenig Substanz habe.

Was wird Varoufakis tun? KURIER-Karikaturist Michael Pammesberger hat sich schon festgelegt.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hat gestern mit Premier Alexis Tsipras telefoniert - und mit dem italienischen Regierungschef Matteo Renzi. Bestätigt eine Regierungssprecherin in Berlin. Angeblich soll der Anruf 50 Minuten gedauert haben, war gestern durchgesickert.

Update von der Börse: Der ATX in Wien liegt jetzt minimal kurz vor Mittag mit 0,25 Prozent im Plus. Der DAX in Frankfurt ist immer noch unter Wasser - mit rund -0,4 Prozent.

Es gibt kein Entkommen. Nein, nicht vor Vizekanzler Mitterlehner, vor dem Griechenland-Thema natürlich.

Berlin demonstriert Geschlossenheit. "Die Bundesregierung ist sich einig, dass der Brief aus Athen nicht für eine Verlängerung der Euro-Hilfen reicht." An der deutschen Haltung habe sich seit gestern nichts geändert, betont eine Sprecherin des deutschen Finanzministeriums.

"Wir haben vier Fünftel des Weges im Schuldenstreit zurückgelegt. Jetzt müssen wir uns noch bei einem Fünftel einig werden." Sagt ein griechischer Regierungsvertreter laut Reuters vor dem Eurogruppen-Treffen.

Stichwort Absurdes Theater: Finanzminister Varoufakis war laut eigenem Twitter-Bekunden vor zwei Abenden in einer Samuel-Beckett-Aufführung. "Tolle Aufführung(en). So eine Abwechslung zu 'Ihr wisst schon was' "...

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) glaubt an eine Einigung. „Die Fronten sind nicht ganz so verhärtet“, kommentierte DIW-Forschungsdirektor Alexander Kritikos im WDR 5 „Morgenecho“. Athen sei von einigen Maximalforderungen abgerückt und habe ein „Skelett“ für ein erfolgreiches Verhandlungsergebnis geliefert. Allerdings fehle ein klares Bekenntnis zum vereinbarten Sparprogramm.

Neue Freunde gesucht? Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras hat am Donnerstag chinesische Offizielle zu mehr Investitionen aufgerufen und seine Unterstützung zugesichert - und das symbolträchtig im Hafen von Piräus. Daran ist nämlich das chinesische Konzernkonglomerat Cosco schon beteiligt, die Übernahme der restlichen Anteile hat die griechische Regierung aber auf Eis gelegt, was in Peking für Aufregung gesorgt hat. Jetzt nannte Tsipras Griechenland "das wichtigste Einfallstor" für chinesische Waren über den Seeweg.

Auch schon egal: Der laufende Konflikt ändert wenig an den hohen Anleihenzinsen für Griechenland. Die Werte für Athen pendeln um die 10-Prozent-Marke. Die Renditen auf 10-Jahres-Anleihen notierten am Freitagvormittag im Sekundärmarkthandel bei 10,073 Prozent.

Bei den anderen Euro-Ländern ist die Lage stabil mit leicht fallenden Werten. Auffällig: Finnland hatte bisher die zweitniedrigsten Renditen im Euroraum hinter Deutschland, ist jetzt aber auf Rang vier zurückgerutscht und liegt hinter Österreich. Marktführer Deutschland notierte bei 0,372 Prozent, dann folgen die Niederlande (0,449 Prozent), Österreich (0,471 Prozent), Finnland (0,513 Prozent)

Der finnische Finanzminister Antti Rinne ist vorsichtig zuversichtlich. „Vergangene Nacht ist ein Funke der Hoffnung aufgeglüht, dass eine Verständigung erzielt werden kann“, sagte er am Freitag zur Zeitung Helsingin Sanomat. „Griechenland könnte das vorliegende Hilfsprogramm fortsetzen, um seine Wirtschaft zu stärken.“

Finnland ist neben Deutschland einer der schärfsten Widersacher der Griechen. Kein Wunder: Im April finden Parlamentswahlen statt, die Angst vor Stimmenzuwächsen für die rechtspopulistischen, eurokritischen "Wahren Finnen" ist groß.

Die Einigkeit innerhalb der deutschen Regierung erhält Risse. SPD-Finanzexperte Carsten Schneider kritisiert Schäubles umgehendes Nein im ZDF-„Morgenmagazin“ als „nicht diplomatisch“ und „Überreaktion“. Der Antrag der Griechen sei ein erster Schritt in die richtige Richtung: „Darauf sollte man zugehen und nicht brüsk zurückweisen.“ Finanzminister Varoufakis habe lange taktiert und sei "sehr oberlehrerhaft aufgetreten. Dennoch gelte es, "in der Sache hart" zu bleiben und "im Ton vielleicht ein bisschen moderater".

Naturgemäß völlig anders die Einschätzung der griechischen Presse. Dort schießt sich der Boulevard auf Schäuble ein. Von der „Mutter aller Kämpfe“ schreibt Ethnos. Schäubles „Mauern“ sei in Deutschland selbst und anderen EU-Staaten auf Kritik gestoßen. Die Syriza-Parteizeitung I Avgi titelt mit der Schlagzeile „Schäuble spaltet Europa“.

Die konservative Zeitung Eleftheros Typos kommentiert: „Athen hat eine Kehrtwende um 180 Grad gemacht. Nun muss Berlin zustimmen.“ Die voreilige Ablehnung des griechischen Vorschlags seitens Schäubles sei eine Provokation.

Und die ebenfalls konservative Traditionszeitung Kathimerini sieht eine „Kraftprobe Athen-Berlin". „Dramatische Verhandlungen in Brüssel nach dem Nein Schäubles.“ Das Land könne am 28. Februar „in der Luft stehen“ wenn es bis dahin keine Lösung gibt.

Deutschlands Boulevard schürt wie gewohnt das Feuer: "Danke, Wolfgang Schäuble. Endlich sagt mal einer NEIN zu den Pleite-Griechen", titelt Bild Online in Riesenlettern.

Reuters zitiert Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling: Die Griechen müssten sich in ihrem Antrag auf Verlängerung des Hilfvertrags "zu den Bedingungen bekennen". Zuerst müsse das alte Programm abgearbeitet werden, erst dann könne mit Athen über ein neues Programm mit neuen Bedingungen verhandelt werden. Seine Aussagen stammen allerdings aus einem Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten, das geführt wurde, BEVOR die Griechen ihren am Donnerstag abgeschickt hatten.

Die Märkte sind leicht skeptisch: Der deutsche Börsenindex DAX eröffnet um 0,2 Prozent tiefer bei 10.981 Punkten. In Wien ist der Leitindex ATX kurz nach 9 ebenfalls mit -0,13 Prozent leicht im negativen Terrain. Und auch der Euro schwächelt etwas: Er steht am Morgen bei 1,1355 Dollar. Marktbeobachter sprechen von abwartender Zurückhaltung der Anleger.

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