Golan-Vorstoß: Trump provoziert neue Konflikte im Nahen Osten

Seit 1974 überwacht die UNO ein Pufferzone zwischen Israel und Syrien
US-Präsident will den von Israel annektierten Landstrich als Teil Israels anerkennen. Nicht nur die Araber sind empört.

Ein schöneres Wahlkampfgeschenk hätte Donald Trump dem bedrängten israelischen Premier Benjamin Netanjahu, dessen politisches Schicksal sich beim Urnengang am 9. April entscheidet, nicht machen können: Knapp bevor der US-Präsident den israelischen Premier am Montag im Weißen Haus empfängt, twitterte er, dass die USA die Souveränität Israels über die Golanhöhen anerkennen werden.

Golan-Vorstoß: Trump provoziert neue Konflikte im Nahen Osten

Abermals ein Alleingang des „Diplomators“ der besonderen Art, der schon mit der Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem für Entrüstung sorgte. Doch diesmal setzt er sich auch über Beschlüsse der UNO hinweg, die die Anerkennung der Annexion zurückgewiesen hat.

Rückblende

Im Sechstage-Krieg 1967 (als die Nachbarn Israel angreifen) kämpfen sich israelische Einheiten Stück für Stück vor und besetzen die Golanhöhen, rund 1700 . Eine Pufferzone zu Syrien wird seit 1974 von der UNO gesichert, von Anfang an dabei waren bis 2013 auch österreichische Blauhelme. 1981 annektiert Israel das Gebiet. Aus Protest dagegen kündigt der damalige US-Präsident Ronald Reagan ein strategisches Kooperationsabkommen mit Israel.

Putins klammheimliche Freude

Mit seiner Entscheidung bricht Trump mit der geübten Praxis nach dem Zweiten Weltkrieg, mit Gewalt annektierte Territorien nicht anzuerkennen. Kreml-Chef Wladimir Putin, der ebenso wie die anderen Schlüsselstaaten im Syrien-Krieg, also die Türkei und der Iran, den Schritt Washingtons verurteilt, darf sich klammheimlich freuen: Bei Kritik an seiner Einverleibung der ukrainischen Krim kann er jetzt stets auf die USA verweisen. Und Israel könnte sich ermutigt sehen, nun auch das gesamte Westjordanland zu annektieren.

„Blutbad“

Mit seinem Golan-Vorstoß bringt der Poltergeist im Weißen wieder einmal ohne Not eine potenziell gefährliche Lawine ins Rollen. Das palästinensische Polit-Urgestein Saeb Erekat warnt vor „Destabilisierung“ und einem „Blutbad in der gesamten Region“, die Arabische Liga von einer Verletzung „internationalen Rechts“. Es ist schwer vorstellbar, dass sie nach dieser Breitseite einem von den USA ausgearbeiteten Nahost-Deal zur Beilegung des palästinensisch-israelischen Konfliktes zustimmen wird. Es wird erwartet, dass Jared Kushner, der Schwiegersohn Trumps, nach der Wahl in Israel die US-Vorstellungen zur Beilegung der Jahrzehnte währenden Krise präsentieren wird.

Wieder also ein paar unnötige Twitterzeilen, aber mit weit reichenden Folgen.

In der Sache selbst wird sich auf absehbare Zeit gar nichts ändern: Weder stehen Verhandlungen über die Zukunft des Golan auf der Agenda, noch gibt es irgendwelche Anzeichen, Israel könnte sich von dort zurückziehen.

Gewiss, im syrischen Bürgerkriegsland sind die schiitische Hisbollah-Miliz und iranische Einheiten aktiv, die es mit Israel gar nicht gut meinen. Doch mit diesen Feinden kommen die kampferprobten Israelis, die ohnehin regelmäßig Luftangriffe auf Stellungen der Gegner fliegen, selbst zurande.

Also doch (pure) Wahlkampfhilfe? Im Interview mit Fox sagte Trump sinngemäß: Wahlen? Davon weiß ich nichts.

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