Giftanschlag in England, Explosion in Tschechien: Waren es dieselben Agenten aus Russland?

Giftanschlag in England, Explosion in Tschechien: Waren es dieselben Agenten aus Russland?
Eine Explosion in einer tschechischen Munitionsfabrik soll dieselben Hintermänner haben wie das Skripal-Attentat.

18 russische Diplomaten aus Prag ausgewiesen, 20 tschechische im Gegenzug aus Moskau: Politische Eskalation zwischen Tschechien und Russland. Im Mittelpunkt steht eine Explosion in einer Munitionsfabrik in Vrbetice im Osten Tschechiens im Jahr 2014, bei der zwei Menschen ums Leben kamen. Tschechiens Regierungschef Andrej Babis macht dafür den russischen Auslandsgeheimdienst GRU verantwortlich: Es gebe "eindeutige Beweise". "Tschechien ist ein souveräner Staat und muss auf diese nie dagewesenen Enthüllungen in entsprechender Form reagieren", sagte Babis. Der Präsident des Senats, Milos Vystrcil, sprach von "Staats-Terrorismus". Babis hat bereits angekündigt, die NATO-Partner zu informieren. Russland wiederum spricht von politischen Spielchen. 

Russland weist jede Verwicklung zurück

Doch was den Fall noch dramatischer macht, sind die Tatverdächtigen. Die tschechische Polizei veröffentlichte Fahndungsfotos. Die Bilder zeigen zwei Russen, die bereits in Zusammenhang mit einem Nervengift-Anschlag auf den früheren Doppelspion Sergej Skripal in Großbritannien 2018 gesucht werden. Russland weist jede Verwicklung in den Fall Skripal zurück.
Die beiden mutmaßlichen GRU-Spione waren nach Polizeiangaben Mitte Oktober 2014 sechs Tage lang in Tschechien. Dabei hätten sie sich - wie später in England - als Alexander Petrow und Ruslan Boschirow ausgegeben. Sie hätten auch die Region Zlin besucht, in der sich das Munitionslager befindet.
Das Munitionslager wurde von Rüstungsfirmen genutzt. Nach einem Bericht des tschechischen Magazins „Respekt“ war ein Teil der Güter für die Ukraine bestimmt, die im Osten gegen prorussische Separatisten kämpft. Es soll auch Spuren nach Syrien geben.

Auftritt im Staatsfernsehen

Nach dem Skripal-Anschlag traten die die zwei Männer im russischen Staatsfernsehen auf. Dort wiesen sie den Vorwurf zurück, den Giftanschlag verübt zu haben. Im Interview erklärten sie, nur als Touristen im britischen Salisbury unterwegs gewesen zu sein.Die internationale Recherchegruppe Bellingcat aber meinte kurz darauf, die wahre Identität von einem der Männer ermittelt haben.

Bei dem Verdächtigen, der im TV als "Ruslan Boschirow" auftrat, soll es sich um Oberst Anatoli Tschepiga handeln - einen früheren Geheimagenten des russischen Militärnachrichtendienstes GRU. Tschepiga soll mit der höchsten Ehrung des Landes ausgezeichnet worden sein - dem "Held der russischen Föderation". Kurz nach dieser Auszeichnung zogen die beiden Agenten um. Zwei Wohnungen in luxuriösen Wolkenkratzern in Moskau um jeweils mehr als 300.000 Euro wurden ihnen offiziell zugeteilt.

Politische Konsequenzen

 Die Enthüllungen kommen überraschend. Ursprünglich hatte Innenminister Jan Hamacek am Montag nach Moskau reisen wollen, um über Lieferungen des Corona-Impfstoffs Sputnik V zu verhandeln. Die Reise wurde kurzfristig abgesagt.

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