G7 drohen Putin bei Angriff auf Ukraine mit "massiven Konsequenzen"
Die führenden westlichen Industrienationen haben Russland eindringlich vor einem Angriff auf die Ukraine gewarnt und harte Konsequenzen angedroht. "Wir haben von diesem G7-Treffen aus eine klare Botschaft an Wladimir Putin gesendet", sagte die britische Außenministerin Liz Truss als Gastgeberin der Gespräche am Sonntag in Liverpool. "Wir sind sehr klar, dass jeglicher Angriff Russlands auf die Ukraine massive Konsequenzen hätte, die ernsthafte Kosten nach sich ziehen würden."
"Jegliche Anwendung von Gewalt zur Veränderung von Grenzen ist nach internationalem Recht streng verboten", hieß es Sonntagnachmittag in der offiziellen gemeinsamen Erklärung der Staatengruppe. "Wir bekräftigen unser unerschütterliches Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine sowie zum Recht eines jeden souveränen Staates, seine Zukunft selbst zu bestimmen", heißt es in der Erklärung der Außenminister und Außenministerinnen der führenden westlichen Wirtschaftsmächte (G7). Die Länder seien sich einig in der Verurteilung der militärischen Aufrüstung Russlands und seiner aggressiven Rhetorik gegenüber der Ukraine.
Truss bekräftigte zudem: "Wir erwägen alle Optionen." Es gehe darum, dass die Aggression gegen die Ukraine aufhören müsse. Sie verwies darauf, dass das Vereinigte Königreich in der Vergangenheit auch mit der Drohkulisse von wirtschaftlichen Sanktionen erfolgreich gewesen sei.
"Russland werde dämonisiert"
Die sich zuspitzende Lage an der russisch-ukrainischen Grenze war eines der zentralen Themen in der G7-Runde, zu der neben Großbritannien und Deutschland auch Frankreich, die USA, Italien, Japan und Kanada gehören. Bis 2014 galt der Staatenbund einschließlich Russland als G8 - Moskau wurde dann aber wegen der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim ausgeschlossen. Seitdem haben die Spannungen unter anderem wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine immer stärker zugenommen.
Der Kreml hat dem Westen unterdessen vorgeworfen, Russland international zu dämonisieren. Moskau bedrohe niemanden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in einem am Sonntag im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Interview. Auch Präsident Wladimir Putin hatte zuletzt Vorwürfe zurückgewiesen, dass Russland einen Überfall auf die Ukraine plane. "Das Anheizen der gespannten Nachrichtenlage und so weiter, das wird einmal mehr mit dem Ziel einer weiteren Dämonisierung Russlands gemacht", sagte Peskow. Russland solle so als "Aggressor" dargestellt werden.
Russland unterstützt Separatisten im Osten der Ukraine. Zuletzt hatten Angaben der NATO über eine Konzentration russischer Truppen in der Nähe der ukrainischen Grenze international Besorgnis ausgelöst. Demnach hat Russland dort derzeit zwischen 75.000 und 100.000 Soldaten zusammengezogen. Laut US-Geheimdienstinformationen könnten die Pläne auf einen Angriff Anfang kommenden Jahres hinauslaufen - mit bis zu 175.000 russischen Soldaten.
Die G7 unterstützen ausdrücklich die Bemühungen des sogenannten Normandie-Formats. Bestehend aus Russland, der Ukaine, Frankreich und Deutschland hatte dieses Format das Abkommen von Minsk erzielt, um den Konflikt im Osten der Ukraine beizulegen. Die G7 bekräftigen ihr Bekenntnis zur Unabhängigkeit der Ukraine und zu deren territorialer Integrität. Zudem habe die Ukraine das Recht, seine Zukunft selbst zu bestimmen.
Premiere für Baerbock
Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock betonte am Samstagabend nach Beratungen zugleich, die G7 agiere als Gruppe, die nicht "gegen jemanden arbeitet, sondern für etwas eintritt". Deshalb habe sie sich mit ihren Kolleginnen und Kollegen darauf verständigt, ein gemeinsames Signal für Freiheit und Demokratie gegenüber Russland, China und dem Iran zu senden. Deutschland übernimmt zum Jahreswechsel von Großbritannien den Vorsitz der G7. Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Lage an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland sagte Baerbock, die Runde sei sich einig, dass es in Europa zu keiner Grenzverschiebung kommen dürfe. Von Liverpool solle das Signal ausgehen, "dass wir klar zum Multilateralismus und vor allen Dingen zum Völkerrecht stehen".
US-Präsident Joe Biden wiederholte am Samstag dazu seine Drohung der vergangenen Tagen: Sollte Russland in Ukraine einmarschieren, würden die Konsequenzen für die russische Wirtschaft "verheerend".
In der Abschlusserklärung der G7-Staaten, die die Briten nach Abschluss des Treffens veröffentlichten, bekannten sich die Länder außerdem erneut zu dem Ziel, die Weltbevölkerung bis Ende 2022 gegen Corona impfen und dazu ihren Beitrag leisten zu wollen. Konkrete neue Zusagen oder Aussagen zur Freigabe von Patenten gab in diesem Kontext jedoch nicht.
Als Gastgeber hatte Großbritannien am Sonntag auch mehrere Vertreter asiatischer Staaten als Sondergäste eingeladen, die wegen der Verbreitung der Omikron-Variante allerdings teilweise nur virtuell teilnahmen. Die Einladung zeigt den starken Fokus, den die Briten nach dem Brexit auf ihre Beziehungen in die indo-pazifische Region legen.
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