Fünf Sterne meutern gegen Capitano Salvini

Die links-populistische Bewegung bricht mit dem Lega-Chef – und umgarnt die Sozialdemokraten.

Läuft alles nach Plan, könnte in Italien noch diese Woche eine neue Regierung angelobt werden. Spätestens bis Mittwoch möchte Staatspräsident Sergio Mattarella Personalfragen und den Namen des künftigen Premiers geklärt wissen.

Die ehemalige Feindschaft der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung mit den Sozialdemokraten (Partito Democratico, PD) scheint vorbei zu sein. Trotz eines zähen Machtpokers nähern sie sich einander an.

Die größte Hürde dabei ist das Regierungsamt. Die Grillo-Bewegung besteht darauf , dass der zurückgetretene Regierungschef Giuseppe Conte auch im neuen Kabinett an der Spitze steht. Laut Umfragen zählt der 55- jährige Jurist derzeit zu den beliebtesten Politikern in Italien.

Auch im Ausland genießt Conte nach 14-monatiger Amtszeit einen guten Ruf, wie sich zuletzt beim G7-Gipfel im französischen Biarritz bestätigte. Mit diplomatischem Geschick zieht er auch mitten in der politischen Krise weiterhin die Fäden. Alle Versuche des bisherigen Innenministers Matteo Salvini, zerschlagenes Porzellan zu kitten, weist Conte zurück. „Meine Zeit mit der Lega ist für immer vorbei, die kann sich nie wiederholen.“

Lex Salvini kippen

Conte möchte auch das umstrittene Sicherheitsdekret von Lega-Chef Salvini rasch kippen. „Dadurch sichert er sich die Sympathien der PD und weitet seine Anhängerschaft aus“, analysiert ein politischer Beobachter. „Ich bin überzeugt, dass Italien eine politische Wende braucht“, sagte PD-Chef Nicola Zingaretti.

Die von internen Reibereien geschwächte PD versuchte, neue Gesichter durchzusetzen. Doch das ursprüngliche Veto gegen Conte könnte fallen. Etwa durch eine Einigung, dass im Gegenzug Schlüsselministerien wie die Ressorts Wirtschaft, Justiz, Innen oder Außen in PD-Hand kommen.

Währenddessen umwirbt die ultra-rechte Lega nach wie vor die Fünf Sterne als stärkste Einzelpartei im Parlament. Sein Handy sei immer an, ließ Salvini noch vor dem Regierungssturz dem ehemaligen Vize-Premier Luigi Di Maio ausrichten.

Am Wochenende erneuerte die Lega ihr Angebot, die von Capitano Salvini zu Ferragosto (also mitten in der Urlaubszeit der Italiener) gesprengte Regierungsallianz wiederzubeleben.

Denn Salvinis Selfie-Fans an den Stränden und auf der Piazza finden keinen Widerhall in der Statistik: Die Lega stürzt nach dem sommerlichen Pokerspiel in der Wählergunst ab. Und so stehen alle Zeichen auf einer möglichen Koalition aus Fünf-Sternen und Sozialdemokraten. Damit würden sich für Salvini seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten.

Hoffnung auf Zehn-Punkte-Plan

Die „Grillini“ hoffen mit der PD ihren Zehn-Punkte-Plan umzusetzen, den die Lega sabotierte. Dazu zählen die Verkleinerung des Parlaments, Kampf gegen Politiker-Privilegien und gegen Steuerhinterziehung, ein gesetzlicher Mindestlohn sowie mehr Einsatz für Umweltschutz.

Staatspräsident Mattarella drängt jedenfalls auf eine rasche Entscheidung. Der erfahrene Krisenmanager startet weitere Sondierungsrunden und trifft am Mittwoch die Vertreter der großen Parteien. Neuwahlen sieht Mattarella als letzten Ausweg.

Den Zeitdruck rechtfertigt er damit, dass sich das wirtschaftlich stark angeschlagene Italien keine weitere Instabilität leisten könne. Da wichtige Entscheidungen in Brüssel ( Nominierungen von EU-Kommissaren) und in Rom (Budget 2020) anstehen, seien dringend klare Verhältnisse notwendig.

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