Er vertritt den konservativen Flügel der CDU und hat letztes Jahr für den Parteivorsitz kandidiert, aber gegen Annegret Kramp-Karrenbauer verloren. Doch aus dem politischen Rennen ist Friedrich Merz, der ehemalige CDU/CSU-Fraktionsführer im Bundestag, noch nicht. Er sei „bereit, eine Rolle zu spielen“, sagte der Anwalt und Politiker im Rahmen des „Europafrühstück“ beim Forum Alpbach auf Einladung der NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).
„Wir sind Zeitzeuge einer grundlegenden Veränderung des Machtgefüges in der Welt“, meinte er. Für Europa bedeute es das Ende der „Pax Americana“, in der die USA die schützende Hand über uns gehalten hätten. Europa müsse sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, wobei sich die Frage stelle, ob der Kontinent überhaupt „weltpolitikfähig“ sei. Derzeit falle er jedenfalls „hinter seine Möglichkeiten zurück“.
Von der nächsten österreichischen Regierung erwartet sich Merz die Rolle des Brückenbauers zu den osteuropäischen Staaten, denn jetzt gehe es um die nächste Phase der EU-Integration. In der zweiten Hälfte 2020 wird Deutschland den EU-Ratsvorsitz haben, da müsse es dann um die „großen Themen und nicht immer nur um die kleinen“ gehen.
Schwarz-Grün-Gelb?
Bis dahin wünscht sich Friedrich Merz aber auch eine Klärung, wie es in Deutschland politisch weitergeht, also aus seiner Sicht Neuwahlen. Offiziell endet die Wahlperiode ja erst 2021. Weder in der CDU noch in der SPD sind die Führungsfrage und die künftige Koalition ja ernsthaft geklärt.
Die FDP, nicht aber die in Umfragen deutlich höher als jetzt liegenden Grünen seien zu einem fliegenden Wechsel zu einer „Jamaica-Koalition“ mit der CDU bereit, glaubt Merz. Zerbräche die schwächelnde Große Koalition, wäre auch eine Minderheitsregierung ohne Neuwahl möglich.
Doch das würde die Grünen dann in die Arme der SPD treiben, mutmaßt Merz. „Der kurze Hype der Grünen geht schon wieder zurück“, behauptete er. Die deutschen Grünen hätten momentan zudem das Wählerklientel mit dem höchsten durchschnittlichen Einkommen.
Wertekonservative
Und die AfD? Deren Wachsen sei eine Folge der Tabuisierung von Themen gewesen und eine Folge der Diskreditierung der Politik insgesamt. Die AfD habe außerdem die sozialen Medien viel geschickter als alle anderen genutzt und dort auch geschlossene Benutzergruppen geschaffen, in denen man sich „die Welt selbst zurechtlegt“.
Bei der letzten Bundestagswahl seien eine Million CDU-Wähler und 500.000 SPD-Anhänger in Richtung AfD abgewandert. Man habe die Menschen im Osten und ihre Angst vor Arbeitsplatzverlusten (etwa durch den Ausstieg aus Kohlekraftwerken) nicht ernst genug genommen. Die CDU habe außerdem die Wertekonservativen und Wirtschaftsliberalen vernachlässigt. In allen wichtigen Fragen habe sich die SPD in der Koalition durchsetzen können.
Sollte es zu einer CDU-Grünen-Koalition kommen, so müsse man Ökologie und Ökonomie verbinden. Und da ist Merz wieder bei den großen europäischen Themen. Es brauche große gemeinsame Industrieprojekte. Das letzte sei Airbus vor 50 Jahren gewesen.
Auch die Banken seien nicht allein überlebensfähig. Und natürlich sei auch die Steuerlast in Deutschland viel zu groß, zumindest die Unternehmensbesteuerung sei in Österreich niedriger.
Erst der Anfang?
In Sachen Migrationspolitik meinte Merz: „Machen wir uns nichts vor, das war erst der Anfang der Flüchtlingsströme.“ Europa, speziell Deutschland, sei attraktiv. Sozialtransfers müssten sich daher an den Herkunftsländern und nicht nach deutschen Standards richten. Ziel müsse es sein, dass sich Migranten hier selbst erhalten. Und natürlich brauche es eine eigene Afrika- und auch eine China-Strategie.
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