Offiziell hat der 44-Jährige noch nicht angekündigt, ob er für eine zweite Amtszeit antritt. Doch seine Partei La République en Marche (LREM) bereitet sich längst darauf vor. Seine Wählerbasis von 24 Prozent, die Macron 2017 in der ersten Wahlrunde erreicht hat, konnte er seitdem relativ stabil halten und liegt damit klar vor allen anderen Kandidatinnen und Kandidaten. Ob er diesen Vorsprung halten kann, wird allerdings von der Dynamik der kommenden Monate abhängen.
Die bewährte Gegnerin
Lange gingen Meinungsforscher davon aus, dass es am wahrscheinlichsten zu einer Wiederholung des Duells von 2017 kommen dürfte, als Macron gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen antrat.
Zum ersten Mal verfehlten damals die beiden einstmals großen Volksparteien, die Bürgerlich-Rechten und die Sozialisten, die zweite Runde einer Präsidentschaftswahl. Analysten sahen schon das Ende der ideologischen Spaltungen in Frankreich voraus – die neue Trennung verlaufe zwischen Globalisierungsgewinnern- und Verlierern, hieß es. Ganz stimmt dies allerdings nicht: Obsolet ist die Aufteilung in rechts und links nicht geworden. Präsentierte sich Macron als Politiker, der "sowohl links als rechts" stehe, so wird er heute dem Mitte-Rechts-Lager zugeordnet.
Insgesamt erscheint das rechte Lager heute gestärkt. Das liegt nicht nur an Le Pen, die zum dritten Mal antritt. Seit sie den Front National 2011 von ihrem Vater, Parteigründer Jean-Marie Le Pen, übernommen hat, verfolgte sie eine Strategie der "Entdämonisierung": Allzu offen rassistische oder antisemitische Töne verbot sie, inzwischen sagte sie sogar, der Islam sei vereinbar mit der Republik. Nach der Wahl 2017 verpasste sie der Partei den Namen Rassemblement National („Nationaler Zusammenschluss“), um sich vom lästigen Erbe ihres Vater, des mehrfach verurteilten Holocaust-Verharmlosers, abzusetzen. An den Urnen ist sie seitdem erfolgreicher, als er es je war – doch zählen viele sie inzwischen zum politischen Establishment.
Journalist von rechts außen
Rechts entstand neuer Raum, den der Journalist und Bestsellerautor Éric Zemmour einnahm.
Zemmour, Sohn jüdischer Algerienfranzosen, beschwört die einstige Größe Frankreichs, das kurz vor dem Niedergang stehe – Schuld daran seien die Eliten, Ausländer und Muslime, welche er nur akzeptiere, wenn sie sich "assimilierten" und ihre Religion aufgäben. Der 63-Jährige, bereits zweimal wegen Anstachelung zum Rassenhass verurteilt, verbreitet die unter Rechtsextremen geläufige Theorie des "großen Bevölkerungsaustausches", der zufolge die politischen Eliten die weiße Mehrheit mit einer nicht-europäischen, muslimischen Minderheit ersetzen wollten. Seine – überwiegend männlichen – Anhänger sehen in Zemmour, der sich bewusst "politisch unkorrekt" gibt, eine neue Ikone.
Zwischen Thatcher und Merkel
Mit seinen Themen dominierte er bisher den Wahlkampf – und auch die Debatten in der Vorwahl der konservativen Republikaner. Zwar entschied die moderate Präsidentin der Hauptstadtregion, Valérie Pécresse, die interne Kandidatenkür für sich.
Doch nun gibt sie, die sich als Mischung aus der britischen Ex-Premierministerin Margaret Thatcher und der früheren deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet, als Eiserne Lady, die auf Autorität und eine restriktive Einwanderungspolitik setzt. Unmittelbar nach ihrer Ernennung stieg sie stark in den Umfragen an, die sie teils schon in der zweiten Runde sahen – mit der Chance, Macron zu schlagen. Zemmour und Le Pen hätten das Nachsehen, weil sie auf ähnliche Wählerschichten abzielen.
Und die Parteien im linken Spektrum? Nach jetzigem Stand dürfte keine von ihnen ganz vorne mitmischen, da sie sich jeweils im einstelligen Bereich befinden. Den Aufruf der sozialistischen Kandidatin und Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, kurzfristig noch eine Vorwahl der linken Parteien zu organisieren, um sich nicht gegenseitig Konkurrenz zu machen, lehnten alle anderen ab.
Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon will es noch einmal wissen. Doch eine Dynamik wie 2017, als er mit 19,6 Prozent knapp den vierten Platz erreichte, gelingt ihm bisher nicht. Er liegt nur knapp vor dem Grünen Yannick Jadot, der anders als vor fünf Jahren an einer eigenen Kandidatur der Öko-Partei festhält.
Kommentare