Frankreich: Wer nicht zum Arzttermin kommt, soll fünf Euro Strafe zahlen

Frankreich: Wer nicht zum Arzttermin kommt, soll fünf Euro Strafe zahlen
Die französische Regierung will vor dem Hintergrund des Mangels an medizinischen Fachkräften die Unzuverlässigkeit von Patientinnen und Patienten eindämmen – doch ihre jüngste Idee ist nicht unumstritten.

Aus Paris von Simone Weiler

Im französischen Volksmund heißt sie bereits „Hasen-Steuer“. Und sie soll, in Höhe von fünf Euro, nun kommen, wie Frankreichs Premierminister Gabriel Attal angekündigt hat. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine finanzielle Abgabe für alle Kaninchen-Halter im Land - der Begriff bezieht sich auf den französischen Ausdruck „poser un lapin“ für „jemanden versetzen“, wörtlich: ihm „einen Hasen stellen“.

Laut der französischen Ärztekammer fallen durch das Nichterscheinen von Patienten ohne vorherige Absage pro Jahr schätzungsweise 27 Millionen Termine aus, ohne neu zugeteilt zu werden – bei gleichzeitigem Mangel an medizinischen Fachkräften und kurzfristigen Terminen. Die Notaufnahmen sind auch überfüllt, weil es an Allgemeinmedizinern fehlt.

Deshalb schlug Attal einen Mechanismus vor, um bei den Menschen mehr Verantwortungsbewusstsein zu wecken, wie er in einem Interview sagte: „Das Prinzip ist einfach: Wer einen Arzttermin hat und unentschuldigt nicht kommt, bezahlt.“ Das Parlament soll noch in diesem Jahr über einen entsprechenden Gesetzesentwurf abstimmen, damit die Regel im Jänner 2025 in Kraft tritt.

Frankreich: Wer nicht zum Arzttermin kommt, soll fünf Euro Strafe zahlen

Frankreichs Premierminister Gabriel Attal will noch in diesem Jahr über die Strafen für verpasste Arzttermine im Parlament abstimmen lassen.

Doch wie lässt sich die Maßnahme umsetzen? Der Arzt kann nach Wunsch die fünf Euro mit auf die nächste Rechnung setzen – vorausgesetzt, der Patient erscheint jemals bei ihm. Eine Hilfe könnte sein, dass Termine in Frankreich oft mithilfe von Plattformen organisiert werden, vor allem über den Marktführer Doctolib

Das 2013 gegründete Unternehmen ist das erfolgreichste französische Einhorn, allein in Frankreich nutzen es 40 Millionen Patientinnen und Patienten. So könnten die Plattformen bei der Terminvergabe die Angabe der Kreditkartennummer verlangen, die im Falle des Nichterscheinens belastet würde. 

Ärzte und Patientenverbände kritisieren

Was aber passiert, wenn die Vereinbarung telefonisch getroffen wurde? „In zwei von drei Fällen läuft das über mein Sekretariat und das wird nicht die Kreditkartennummer meiner Patienten verlangen“, sagt der Gastroenterologe Franck Devulder, Präsident der Vereinigung der medizinischen Gewerkschaften. Er begrüße zwar, dass sich die Regierung dem Problem der „Termin-Hasen“ stelle, ist aber skeptisch hinsichtlich der Umsetzung. Die Unzuverlässigen zur Kasse zu bitten, sollte in seinen Augen „der letzte Ausweg“ sein.

Während Patientenverbände über eine „anachronistische“ Regel schimpfen, befürchtet der Wirtschaftswissenschaftler Nicolas Jacquement, dass die „Hasen-Abgabe“ allein nicht dazu führe, dass sich die Patienten des Problems bewusst werden, das Nichterscheinen für die Ärzte darstellt, sondern dass sie die fünf Euro „einfach als den Preis für eine Dienstleistung ansehen“. Was die hohe Zahl an Absagen kaum verringern würde.

In Frankreich müssen die Menschen beim Arzt nämlich grundsätzlich in Vorleistung gehen und bekommen im Anschluss einen Teil der Ausgaben von der Sozialkasse und, falls vorhanden, ihrer Zusatzversicherung zurück. Ganz kostenlos ist der Besuch einer Praxis oder eines Krankenhauses nicht. Die Terminvereinbarung hingegen schon – zumindest noch.

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