Ihnen zufolge gab es keinerlei Abreiß- oder Baugenehmigung. Paul Alauzy, Mitarbeiter bei der Hilfsorganisation „Ärzte der Welt“ und Sprecher des Zusammenschlusses „Le revers de la médaille“ („Die Rückseite der Medaille“), ist überzeugt, den wahren Grund zu kennen. „Wir erleben eine soziale Säuberung vor den Olympischen Spielen“, sagt er. „Die Idee ist, alle Menschen in Schwierigkeit außer Sichtweite, weit weg von der Hauptstadt und den Spielen zu bringen.“
Im Vorfeld der sportlichen Großveranstaltung von 26. Juli bis 11. August haben sich mehr als 80 Vereine aus dem sozialen Bereich zusammengetan, um auf die drohenden negativen Auswirkungen auf die Schwächeren der Gesellschaft hinzuweisen. Ihnen zufolge gab es seit einem Jahr wiederholt Räumungen von Flüchtlingsunterkünften in Paris und dem Großraum, in deren Folge die bisherigen Bewohner in andere französische Regionen gebracht wurden. Das Ziel: Paris für jene Wochen, in denen die ganze Welt auf die Metropole blinkt, ein möglichst glamouröses Image zu verleihen. Befreit von der Armut, die zu ihr gehört wie die Nobel-Viertel.
Viel mehr Räumungen als im Vorjahr
Während die Präfektur im Fall der Hausräumung in Vitry-sur-Seine erklärte, man habe jede Situation individuell behandelt, beklagte Alauzy, es handle sich nur um Übergangslösungen. „Man entreißt diese Menschen ihrem Lebensmittelpunkt und viele von ihnen werden bald ohne Dach über dem Kopf dastehen.“ Die meisten arbeiteten, die Kinder gingen in die Schule, etliche hätten laufende Anträge auf Aufenthaltserlaubnis oder eine Wohnung, die sie an einem neuen Ort wieder stellen müssten.
Während die Behörden eine Verbindung zwischen den Evakuierungsaktionen und den Olympischen Spielen zurückweisen, hat die „Beobachtungsstelle von Zwangsräumungen informeller Lebensräume“ eine Zunahme festgestellt: Gab es 33 Aktionen zwischen April 2023 und Mitte März 2024, so waren es im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor 19.
Die Vereinigungen hegen darüber hinaus den Verdacht, dass Hotelzimmer, die als Notunterkünfte für Obdachlose und Flüchtlinge dienen, freigemacht würden, um während der Spiele Feuerwehrleute, Polizisten und Gendarmen unterzubringen. Auch rund 3000 Studenten müssen ihre Zimmer in Wohnheimen räumen, gegen 100 Euro und zwei Plätze bei Olympischen Wettbewerben. Die 25-jährige Lina gehört zu ihnen und sagt, sie verstehe immer noch nicht, warum ausgerechnet die „armen Studenten“ umziehen müssen. „Es sind immer die Schwächsten, denen es an den Kragen geht.“
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