US-Politologe Fukuyama warnt vor FPÖ und Trump

Es gab eine Zeit, da hofften alle, dass Francis Fukuyama recht hat. „Ist das das Ende der Geschichte?“ fragte der Stanford-Politologe nach dem Ende des Kalten Krieges, seine These ging um die Welt. Er prognostizierte den Sieg des Liberalismus, des Kapitalismus, der Demokratie – und das lang erhoffte Ende des blutigen Kampfs der Systeme.
Heute klingt das illusorisch, und das weiß der 72-Jährige auch. Russland hat die Ukraine überfallen, und viele westliche Länder flirten mit autokratischen Ideen. Seine These aus dem Jahr 1992 hat er darum mehrfach neu vermessen, zuletzt kurz nach Putins Invasion auf sein Nachbarland. Sein Befund heute ist deshalb deutlich pessimistischer: Der Populismus gewinne überall an Land, und gerade in seiner Heimat seien die politischen Verschiebungen mehr als bedenklich. „Die USA sind die größte Bedrohung für die Demokratie weltweit“, sagt Fukuyama jetzt bei einem Pressegespräch des Netzwerks „Action for Democracy”.
"Vance wäre verheerend für Europas Sicherheit"
Trump werde in seiner zweiten Amtszeit viel mehr von seiner Agenda umsetzen können als in seiner ersten Amtsperiode. „2016 hatte er keinen Apparat, musste auf Kandidaten der Republikaner zurückgreifen – das waren nicht seine Leute.“ Daraus habe er gelernt, diesmal würde er alle einflussreichen Posten nicht mit Experten, sondern mit Loyalisten besetzen.
Als besonders problematisch für Europa sieht Fukuyama Trumps Vize-Kandidaten J.D. Vance. „Er ist auf der Seite Russlands, verbreitet russische Propaganda“, sagt er – das sei „verheerend für Europas Sicherheit.“ Auch in puncto Taiwan sieht Fukuyama dunkle Wolken aufziehen: „Russland wird China bei einer Attacke auf Taiwan helfen.“ Ob die USA Taiwan in Falle eines Angriffs unterstützen, so wie es eigentlich seit Jahrzehnten politische Maxime ist, daran hat der Politologe „große Zweifel.“
Den Demokraten rät Fukuyama darum, Joe Biden auszutauschen. „Es gibt ein Dutzend junge Demokraten, die bessere Chancen haben Trump zu schlagen“, sagt er. „Biden ist der einzige, der mit Sicherheit verliert.“
"Österreich muss man gut beobachten"
Der Blick auf Europa bereitet Fukuyama weniger Sorge angesichts der Wahlerfolge moderater Parteien in Polen, Frankreich und Großbritannien. Einzig in Ungarns Premier Viktor Orbán sieht er eine ähnlich große Bedrohung wie in Trump.
Österreich, sagt Fukuyama auf KURIER-Nachfrage, müsse man angesichts des prognostizierten Erfolgs der FPÖ und Herbert Kickls bei der anstehenden Nationalratswahl „gut beobachten“, die Geheimdienst-Skandale und Putin-Connections seien durchaus bedenklich. „Man muss aufpassen, dass Österreich nicht wie Ungarn auf die andere Seite wechselt.“
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