Koalitionsstreit in Deutschland flackert wieder auf

Nach Vorstoß für ein Verbot des Familiennachzugs stützen Schäuble und Seehofer Position des Innenministers Thomas de Maiziere.

Mit seinem Vorstoß für ein Verbot des Familiennachzugs für Syrien-Flüchtlinge hat der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) Irritationen und neuen Streit in der Koalition ausgelöst. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) bestätigte am Sonntag, dass er von de Maiziere nicht über dessen Vorgehen informiert wurde.

"Nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben"

Während führende Unionspolitiker de Maiziere unterstützten, kritisierte SPD-Chef Sigmar Gabriel den neuen Vorschlag mit den Worten, es dürfe "nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf getrieben werden".

"Ich persönlich habe es nicht gewusst, das ist richtig", sagte Altmaier im Deutschlandfunk zum Vorgehen des Innenministers. Es werde vorerst dabei bleiben, Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien den Flüchtlingsstatus nach der UN-Flüchtlingskonvention zuzuerkennen - und damit auch das Recht auf Familiennachzug. Für die Zukunft legte sich Altmaier allerdings nicht fest.

Primär oder subsidiär

Flüchtlinge aus Syrien erhalten derzeit bisher in fast allen Fällen "primären Schutz" - zumeist eine Rechtsstellung als Flüchtling nach dem Asylverfahrensgesetz und damit das Recht auf einen Aufenthalt für zunächst drei Jahre sowie auf Familiennachzug. Am Donnerstag hatten sich die Spitzen der Großen Koalition darauf geeinigt, den Familiennachzug bei Flüchtlingen mit sogenanntem subsidiärem Schutz für zwei Jahre auszusetzen - dabei war aber davon ausgegangen worden, dass dies nur für eine relativ geringe Zahl von Flüchtlingen gelten würde, nicht jedoch für die meisten Menschen aus Syrien.

De Maiziere hatte seinen umstrittenen Vorstoß nach einem Dementi aus dem Kanzleramt am Freitag zunächst zurückgezogen - am Sonntag aber bekräftigte er erneut sein Ziel: "Die Zahl der Flüchtlinge ist so hoch, wir können nicht noch ein Vielfaches an Familienmitgliedern aufnehmen", sagte er dem Sender n-tv. CSU-Chef Horst Seehofer sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe): "Thomas de Maiziere hat recht. Wir müssen wieder nach dem Gesetz handeln und den Flüchtlingsstatus jedes Syrers genau prüfen."

Schäuble unterstützt de Maiziere

Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte sich an die Seite des Innenministers: "Wir müssen den Familiennachzug begrenzen, denn unsere Aufnahmekapazität ist ja nicht unbegrenzt", sagte Schäuble in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Dies sei eine "notwendige Maßnahme", in Syrien müsse klar sein, "es können nicht alle nach Deutschland kommen".

SPD-Chef Gabriel sagte in der ARD-Sendung, die Frage des subsidiären Schutzes für Syrer sei nie besprochen worden. "Im Gegenteil - es ist das Gegenteil besprochen worden. Und niemand kann von der SPD verlangen, dass wir im 24-Stunden-Takt zu irgendwelchen Vorschlägen ja oder nein sagen", sagte Gabriel. In der Öffentlichkeit entstehe der Eindruck: "Die Regierung - da weiß die linke Hand nicht mehr, was die rechte tut."

"Es reicht jetzt wirklich"

"Es reicht jetzt wirklich", sagte SPD-Vize Ralf Stegner im NDR zum Vorstoß des Innenministers. In der Bild am Sonntag verlangte er ein Eingreifen der Kanzlerin. Den Rücktritt de Maizieres forderte neben Oppositionspolitikern auch Juso-Chefin Johanna Uekermann.

Von einem "Putsch" in der Union gegen Merkel sprach in der Rheinischen Post (Montagsausgabe) der Grünen-Politiker und Vizeministerpräsident Schleswig-Holsteins, Robert Habeck. Grünen-Chefin Simone Peter rief die Kanzlerin auf, sich persönlich klar von dem Vorstoß de Maizieres zu distanzieren. Die Grünen wollen im Bundestag "Aufklärung über Alleingänge des Innenministers" verlangen.

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