Finnland im Eilmarsch auf dem Weg in die NATO - und Österreich?

Finnland im Eilmarsch auf dem Weg in die NATO - und Österreich?
Mit Finnland macht heute der erste von Europas Neutralen den NATO-Kurs klar, Schweden wird folgen, Österreich denkt nicht daran

Es ist beschlossene Sache. Heute Vormittag hat Finnlands Staats- und Regierungsspitze offiziell den ersten Schritt in das westliche Verteidigungsbündnis NATO gesetzt. Der finnische Präsident Sauli Niinistö hat es zuerst verkündet, dann folgte Regierungschefin Sanna Marin. Der Weg in die NATO ist damit eigentlich nicht mehr zu stoppen. Innerhalb weniger Wochen hat der Angriff Russlands auf die Ukraine das gesamte Verteidigungskonzept des nordischen Landes auf den Kopf gestellt.

Russland wütend

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg versprach dem Land eine rasche und reibungslose Aufnahme in die Allianz. Merkbar wütend fiel dagegen die Reaktion aus Moskau aus. Eine NATO-Mitgliedschaft Finnlands sieht das Nachbarland Russland als Bedrohung. „Eine abermalige Ausweitung der Nato macht unseren Kontinent nicht stabiler und sicherer“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Man werde die Auswirkungen auf Russlands Sicherheit analysieren und dann entsprechend reagieren.

Mehrheit für NATO

Die Bevölkerung, die über Jahrzehnte klar für die finnische Neutralität und gegen einen NATO-Beitritt war, ist jetzt zu fast 70 Prozent laut Umfragen dafür. Die Staats- und Regierungsspitze ist entschlossen, keine Zeit zu verlieren. Erst am Mittwoch hat man quasi im Vorfeld der NATO-Mitgliedschaft ein Verteidigungsbündnis mit Großbritannien geschlossen.

Finnland im Eilmarsch auf dem Weg in die NATO - und Österreich?

Regierungschefin Sanna Marin

 

Schweden unter Zugzwang

Entscheidet sich das Land dafür, dürfte das weiteren Druck auf das benachbarte Schweden ausüben, sich ebenfalls zeitnah in der Nato-Frage zu entscheiden. In Stockholm wird am Freitag eine eigene sicherheitspolitische Analyse veröffentlicht. Am Wochenende wollen dann die Regierungsparteien ihre aktuelle Nato-Position preisgeben - sind sie für einen Beitritt, wären das entscheidende Bausteine auf dem Weg hin zu einem NATO-Beitritt. Schwedens Außenministerin Ann Linde und Finnlands Außenminister Pekka Haavisto sind am Samstag zudem auf einem Nato-Treffen in Berlin. 

Unterstützung aus USA

 Die USA, Deutschland und weitere Nato-Mitglieder haben ausdrücklich beteuert, Beitrittsanträge aus Finnland und Schweden unterstützen zu wollen, sofern sich die beiden nordischen Staaten dazu entschließen.
Finnland und Schweden sind bislang enge Partner der Nato, allerdings keine offiziellen Mitglieder. Russlands Einmarsch  hat in den beiden EU-Ländern jedoch intensive Debatten über einen Nato-Beitritt ausgelöst. Finnland hat eine über 1300 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit Russland, Schweden ist ebenso Ostsee-Anrainer wie das Riesenreich. Die drei anderen nordischen Länder Dänemark, Norwegen und Island zählen bereits seit der Nato-Gründung 1949 zu dem Bündnis.

Österreich felsenfest neutral

In Österreich ist von keiner poitischen Partei ein Zug in Richtung NATO zu bemerken. Auch Bundespräsident Alexander van der Bellen betonte erst am Mittwoch, beim Besuch von UN-Generalsekretär Guterres, die Bedeutung von Österreichs Neutralität. In der regierenden ÖVP betonen wichtige Entscheidungsträger wie Bundeskanzler Nehammer, aber auch Außenminister Schallenberg, dass man keine NATO-Debatte lostreten werde. Auch von der Opposition kommt nicht ein Ton diesbezüglich. Die Neutralität scheint unantastbar, auch wenn man mit der NATO in der "Partnerschaft für den Frieden" kooperiert und auch bei einem EU-Verteidigungsbündnis zumindest zum Teil dabei wäre. Interesse an einer NATO-Mitgliedschaft zu äußern, wäre sogar in Zeiten eines Krieges in Europa ein riskanter Zug. Hierzulande gibt es laut Umfragen eine klare Mehrheit gegen eine NATO-Mitgliedschaft. Die Neutralität gilt weiterhin als hohes Gut. 

Schweiz denkt nicht daran

Auch in der Schweiz gibt es keine ernsthafte Debatte, die Neutralität aufzugeben. Die Schweiz habe kein Interesse an einem NATO-Beitritt, betonen Sicherheitsexperten. Man sei gut gerüstet und habe es schlicht nicht nötig.  Ein Beitritt wäre sogar nachteilig: Man würden unsere Neutralität verlieren. Die Schweiz würde nicht mehr als neutraler Boden gelten, auf dem man sich für internationale Verhandlungen treffen kann.

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