Fidel Castro ist tot

Fidel Castro im Juli 2010.
Der kubanische Revolutionsführer und frühere Präsident Kubas, Fidel Castro, ist im Alter von 90 Jahren gestorben. Das teilte sein Bruder mit. Castro hatte das sozialistische Land fast 50 Jahre lang regiert.

Kubas Ex-Präsident Fidel Castro ist am Freitagabend im Alter von 90 Jahren gestorben. Das sagte sein Bruder und Staatspräsident Raul Castro im staatlichen Fernsehen. Die Leiche des Revolutionsführers solle verbrannt werden. Das sei der Wunsch seines Bruders gewesen. Fidel Castro regierte Kuba 47 Jahre lang. Er trotzte in der Zeit zehn US-Präsidenten.

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AP
Fidel Castro
August 2016. Fidel Castro bei einer Gala zu seinem 90. Geburtstag in Havana.
Das Leben des Revolutionsführers

Geboren wurde Castro laut offizieller Biografie am 26. Juli 1926 in Biran im Osten Kubas. Schon als Kind empfand er die sozialen Verhältnisse auf der Insel als zutiefst ungerecht. Als junger Rechtsanwalt nahm er den Kampf gegen den Diktator Fulgencio Batista auf. Nach dem gescheiterten Überfall auf die Moncada-Kaserne 1953 und einigen Jahren im Exil landete er Ende 1956 mit rund 80 Mitkämpfern auf Kuba und begann in den Bergen den Guerillakampf. Im Jänner 1959 zogen seine Truppen siegreich in Havanna ein.

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1960. Fidel Castro mit "Che" Guevara und Osvalso Dorticos. - AP
1960. Fidel Castro mit "Che" Guevara und Osvalso Dorticos.
FILE - In this 1960 file photo, Cuba's revolutionary hero Ernesto "Che" Guevara, center, Cuba's leader Fidel Castro, left, and Cuba's President Osvaldo Dorticos, right, attend a reception in an unknown location in Cuba. Castro has died at age 90. President Raul Castro said on state television that his older brother died at 10:29 p.m. Friday, Nov. 25, 2016. (AP Photo/Prensa Latina via AP Images, File)

Mit einer Landreform und der Verstaatlichung von Unternehmen machte sich Castro schnell die USA zum Feind, die die Insel mit einem Handelsembargo belegten. Hilfe fand Kuba bei der Sowjetunion, von der die Insel immer abhängiger wurde. Der Zusammenbruch des Ostblocks stürzte Kuba nach 1990 in eine schwere Wirtschaftskrise, die das kommunistischen System aber allen Unkenrufen zum Trotz überlebte. Der Not gehorchend rangen sich Fidel und sein Bruder Raul zu begrenzten marktwirtschaftlichen Reformen durch.

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1998. Fidel Castro und Papst Johannes Paul II. - APA/AFP
1998. Fidel Castro und Papst Johannes Paul II.
(FILES) This file photo taken on January 20, 1998 shows Cuban President Fidel Castro (R) listen to Pope John Paul II as they walk on the tarmac of the Jose Marti International Airport in Havana moments after the Pope arrived for a five-day four city tour of Cuba. Cuban revolutionary icon Fidel Castro died late on November 25, 2016 in Havana, his brother, President Raul Castro, announced on national television. / AFP PHOTO / MICHEL GANGNE
Krankheitsbedingter Rückzug

Mit seiner Unbeugsamkeit gegenüber Washington fand Castro aber in Lateinamerika auch über das linke Lager hinaus Anerkennung. Als sich der greise Revolutionsführer kurz vor seinem 80. Geburtstag einer schweren Operation unterziehen musste, gab er am 31. Juli 2006 seine Ämter zunächst provisorisch an seinen fünf Jahre jüngeren Bruder Raul ab. Mit der Neukonstituierung des Staatsrat 2008 übernahm dieser dauerhaft die Führung des Landes.

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2000. Fidel Castro und der (auch schon verstorbene) Hugo Chavez. - REUTERS/ANDREW WINNING
2000. Fidel Castro und der (auch schon verstorbene) Hugo Chavez.
Then Cuban President Fidel Castro (L) and Venezuelan President Hugo Chavez joke during a batting session where Chavez pitched to Castro after taking part in a friendly baseball game between their two countries at the Barquisimeto baseball stadium in this October 29, 2000 file photo. REUTERS/Andrew Winning/File Photo

Auch nach seinem krankheitsbedingten Rückzug bestimmte Castro als graue Eminenz im Hintergrund die Geschicke der sozialistischen Karibikinsel mit. Die historische Aussöhnung zwischen Kuba und den USA, die in der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen 2015 und dem Besuch von Präsident Barack Obama in Havanna im März 2016 gipfelte, verfolgte er mit unüberhörbarer Skepsis.

Fidel Castro soll nach neuntägiger Trauerfeier in Santiago de Cuba beigesetzt werden. Der kubanische Staatsrat ordnete die Staatstrauer bis zum 4. Dezember an, wie die Zeitung "Juventud Rebelde" am Samstag online berichtete. Castros Leichnam soll am Montag und Dienstag zuerst zum monumentalen Denkmal für den Nationalhelden Jose Marti in Havanna gebracht werden. Dort sollen die Kubaner Abschied vom "Maximo Lider" nehmen können, dessen Leichnam eingeäschert wird. Anschließend soll die Urne mit der Asche in einem viertägigen Trauerzug über verschiedene Ortschaften bis zur 900 Kilometer von Havanna entfernten Stadt Santiago de Cuba gebracht werden.

In Havanna soll am Dienstag zum Abschied von Fidel Castro eine Massenkundgebung auf dem Revolutionsplatz stattfinden. Eine weitere große Trauerzeremonie ist am kommenden Samstag nach Ankunft der Urne in Santiago de Cuba geplant. Am Sonntag soll dann die Beisetzung im Friedhof Santa Ifigenia stattfinden. Während der Trauerperiode sollen die Fahnen auf halbmast gesetzt werden, Rundfunk und Fernsehen auf eine "informative, patriotische und historische" Programmgestaltung achten und alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt werden. Am Samstag sollte der spanische Tenor Placido Domingo erstmals ein Konzert in Kuba geben.

Kuba: Zwischen "Tigerstaat" und Wandel "ohne Eile"

Wunsch und Realität klaffen noch auseinander auf der kommunistischen Karibikinsel Kuba. Trotz des Reformkurses, den Präsident Raul Castro nach der Machtübernahme von seinem Bruder - dem am Freitagabend verstorbenen Revolutionsführer Fidel - seit 2008 einleitete. Das wurden auch bei einem Besuch deutlich, den der damalige Bundespräsident Heinz Fischer Anfang März der Zuckerinsel Kuba abstattete. "Kuba hat das Potenzial, ein Tigerstaat zu werden", zeigte sich WKÖ-Vizepräsident Christoph Matznetter damals bei einem bilateralen Wirtschaftsforum in Havanna optimistisch. Es gehe aber alles noch sehr langsam, klagten zeitgleich Vertreter aus Diplomatie und Wirtschaft.

Das Motto "sin prisa y sin pausa", also "ohne Eile, aber auch ohne Pause", werde vor allem den ersten Teil betreffend ernst genommen, umriss der für Kuba zuständige Handelsdelegierte Friedrich Steinecker die Lage. Zwar habe die Streichung Kubas von der Liste der Terror unterstützenden Staaten neue Wege geöffnet, doch leide das Land vor allem unter den abgestürzten Rohstoffpreisen, etwa für Nickel. Zumal auch der Zuckerpreis im Keller ist. 2016 betrug das Wirtschaftswachstum nicht mehr als zwei Prozent. Längerfristig könnte es freilich bei mehr als fünf liegen. "Denn hier wird alles gebraucht", so der Handelsdelegierte, der in einem von großer Bürokratie gekennzeichneten Land wenigstens ein Erfolgserlebnis vermelden konnte: "90 Prozent der Stempel kommen von der österreichischen Firma Trodat."

Der Wendepunkt

Österreichs Botschafterin Gerlinde Paschinger sah die Regierung beim Versuch, die Öffnung weiter unter Staatskontrolle zu halten, "überfordert", die Privatisierung sei bisher nicht wirklich geglückt. "Es wurden kleine Betriebe zugelassen, eine Liste mit 200 Berufen, aber das hat nicht zu einer gesunden Basis für Klein- und Mittelbetriebe geführt." Die sozialistische Regierung lasse keinen individuellen Reichtum zu. "Kleine Betriebe mit höheren Gewinnen werden höher besteuert. Das bietet auch keinen Anreiz." Die Menschen hätten noch nicht profitiert, der Lebensstandard ist bisher nicht gestiegen, so die Diplomatin. Die Annäherung zu den USA und die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern stellt der österreichischen Wirtschaftskammer zufolge allen Problemen zum Trotz "zweifellos einen Wendepunkt dar, der sich mittel- und langfristig zusammen mit den bereits eingeleiteten Reform- und Liberalisierungsmaßnahmen positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung Kubas auswirken wird."

Neue Möglichkeiten

Kurzfristig seien aber "noch keine großen Sprünge" zu erwarten. Dazu fehlt unter anderem die Währungsvereinheitlichung (noch gibt es separate Pesos für In- und Ausländer), "um Auslandsinvestitionen zum Sprudeln zu bringen". Außerdem ist das seit 1962 bestehende Handelsembargo grundsätzlich noch aufrecht, auch wenn es in manchen Bereichen bereits gelockert wurde. Da die Zustimmung des von den Republikanern dominierten US-Kongresses zur völligen Aufhebung notwendig ist, ist eine Änderung des Status quo derzeit nicht absehbar. Und der designierte US-Präsident Donald Trump stellt für Kuba wohl eher eine Herausforderung denn einen Hoffnungsschimmer dar. Für die Kubaner selbst brachte vor allem erste Öffnungen des Privatsektors gewisse neue Möglichkeiten, so können Restaurants, Kioske oder kleinere Geschäfte sowie Fremdenzimmer mittlerweile privat angeboten werden. Für ausländische Interessenten ist insbesondere das neue Investitionsgesetz von Vorteil, das seit 2014 in Kraft ist. Es bietet im Vergleich zu vorher größere Rechtssicherheit für Investoren, Steuervergünstigungen und deutlich weniger bürokratische Hürden.

Joint Ventures sind nicht mehr verpflichtend, es werden auch Unternehmen mit rein ausländischem Kapital zugelassen. Zudem öffnete das neue Gesetz erstmals fast alle Sektoren der kubanischen Wirtschaft für Auslandsinvestoren, ausgenommen bleiben vorerst die Bereiche Bildung, Gesundheit und Militär. Kapital wird laut WKÖ vor allem in der Landwirtschaft, der Industrie und zur Erneuerung der Infrastruktur gesucht.

Menschenschlangen bilden sich in Havanna nicht dort, wo es Nahrungsmittel oder sonstige Alltagsgüter zu kaufen gibt. Die Massen drängen sich vor den Internet-Hotspots. Mit dem Kauf einer Wertkarte kann dort im Web gesurft werden, allerdings ist immer nur eine bestimmte Anzahl an Personen zugelassen. Über das Smartphone einfach ins Internet einzusteigen, ist für den Durchschnittskubaner meist illusorisch. Das bleibt der politischen Nomenklatura vorbehalten, wie ausländische Gästen beobachten konnten. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch. Nicht wenige Kubaner, die Gästebetten anbieten, verfügen auch über eine eigene Homepage. Diese lassen sie aber von Verwandten oder Freunden warten, die im Ausland wohnen.

Pressefreiheit und Zensur

Kritik kommt auch von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International (ai) oder der NGO "Reporter ohne Grenzen" (ROG). In der Rangliste der Pressfreiheit wird Kuba dort nur Platz 169 von 180 eingeräumt. Begründung: "Kubas Gesetze verpflichten Journalisten auf die Ziele des Sozialismus und stellen etwa die Verbreitung 'unerlaubter' Nachrichten sowie die Zusammenarbeit mit 'Feindmedien' unter Strafe." Zudem werde das Internet drastisch zensiert. Die Staatsmedien haben laut "ROG" eine Quasi-Monopolstellung und dienen als Propagandainstrumente der Regierung. Private Radio- und Fernsehsender sind verboten, Visa an ausländische Reporter werden selektiv vergeben. Unabhängige Journalisten und Blogger werden systematisch eingeschüchtert, verfolgt und als "Söldner feindlicher Mächte" diffamiert, heißt es auf der "ROG"-Homepage. Die offizielle Sichtweise ist eine andere. "Auf Kuba kann jeder frei seine Meinung äußern, auf der Straße, in einer Bar, beim Friseur, wo auch immer", sagte der kubanische Botschafter in Wien, Juan Antonio Fernandez Palacios, anlässlich des Fischer-Besuchs im APA-Interview.

Fischer thematisierte Anfang März bei einem Gespräch mit Präsident Raul Castro auch das Thema Menschenrechte. "Wir sitzen im Menschenrechtskomitee der UNO, da machen wir Vorschläge zu den Menschenrechten in Kuba, Kuba macht seinerseits Vorschläge zur Menschenrechtssituation in Österreich." Etwa, dass Flüchtlinge nach den geltenden Konventionen behandelt werden müssen.

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