Pekings Eigensinn
Nach außen demonstriert man also die Freundschaft mit Moskau, was auch schon zu Wochenbeginn beim Besuch von Russlands Außenminister Lawrow in Peking zu sehen war. „Mit einer vereinten Stimme“ würden Russland und China in Zukunft „in globalen Fragen“ sprechen, ließ das russische Außenministerium mitteilen: „Beide Länder werden ihre strategische Partnerschaft stärken.“ Lawrow hat damit bei Amtskollegen Wang Yi die erhoffte politische Rückendeckung bekommen. Die Beziehungen, so betonte der Chinese, würden „internationalen Turbulenzen widerstehen.“ Die Sanktionen des Westens, darüber ist man sich – zumindest laut russischer Darstellung – einig geworden, seien „illegal, einseitig und kontraproduktiv“. Man werde auch multilateral enger zusammenarbeiten, im Klartext etwa im UNO-Sicherheitsrat, wo ja beide Vetomächte sind.
Der Krieg stört
Eigentlich kommt der Krieg in der Ukraine für China zu einer ungünstigen Zeit. Die sonst unaufhaltsam wachsende Wirtschaft ist gerade dabei merkbar zu schrumpfen. Im März zeichnete sich ein besonders hoher Rückgang bei neuen Exportaufträgen ab. Die befragten Unternehmen angaben, dass die steigende Infektionsrate in China, Störungen im Schifffahrtssektor und größere Marktunsicherheiten aufgrund der Ukraine-Krise Kunden dazu veranlassten, Aufträge zu stornieren oder auszusetzen. Außerdem hat die russische Aggression den Westen geeint wie schon lange nicht mehr. Das passt nicht in Chinas strategische Agenda, schließlich will man Europa und die USA auseinandertreiben. Trotzdem gibt es derzeit wenig Aussichten für die EU, China auf Distanz zu Russland zu bringen.
Persönliche Sympathie
Das liegt auch an den zumindest nach außen demonstrierten guten Beziehungen zwischen Putin und Xi, Die beiden sind fast gleich alt, Xi ist 68, Putin 69.
Beide haben Töchter ähnlichen Alters – und verehren ihre Väter, beides Weltkriegsveteranen. Auch hat die gleiche Phase politischer Unruhe die beiden tief geprägt: die Krise und der Putsch, die in Moskau 1991 zum Kollaps des Sowjetsystems führten und in Peking 1989 zu den Demokratieprotesten auf dem Tiananmen-Platz. Der Untergang der Sowjetunion ist für Chinas Kommunisten ein warnendes Beispiel. Außerdem fühlen sich beide zu Unrecht vom Westen missachtet und unter ihrem Wert geschlagen.
Wichtiger Markt für Europa
Die Lage bereitet der EU-Führung merklich Kopfschmerzen. Einerseits ist China ein Rivale, andererseits der größte Handelspartner der EU. Aus keinem anderen Land kommen so viele Produkte nach Europa, auch ist die Volksrepublik ein wichtiger Markt europäischer Unternehmen. Zudem liefert China viele Rohstoffe, die sich anderswo nur schwer beschaffen ließen. China jedenfalls hat weitgehend freie Hand, sich bei der Partnerwahl zwischen dem Westen und Russland nicht völlig festlegen zu müssen, sondern zu jonglieren. Immer eingedenk des traditionellen Mottos, an das sich das Reich der Mitte unter Xi Jinping wieder mehr denn je hält: China kennt keine Freunde, nur Vasallen.
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