Jetzt, in Luxemburg, geht es darum, in Aktion zu treten, „wenn EU-Gelder nicht richtig verwendet werden“, schilder sie dem KURIER. „Darunter fällt Betrug zum Nachteil von EU-Mitteln, missbräuchliche Verwendung und auch die grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerkarussellfälle, sobald der Gesamtschaden über 10 Millionen Euro liegt.“
Allein der Schaden, der Europa durch jährlichen Mehrwertsteuerbetrug erwächst, beläuft sich auf geschätzte 50 Milliarden Euro.
„Wir werden Gelder, die betrügerisch erlangt wurden, zurückholen“, ist Maschl-Clausen überzeugt – und „wir werden viel mehr Geld einbringen als wir als Behörde kosten.“
Schon seit Monaten laufen die Vorbereitungsarbeiten für den Start der Europäischen Staatsanwaltschaft, die österreichischen Spitzenjuristin ist bereits im Winter nach Luxemburg gezogen. Ihren ersten konkreten Fall aber wird sie erst ab 1. Juni bearbeiten.
Und dann „kommt ein Tsunami von Fällen aus uns zu“, sagt sie. Denn zu den neuen Ermittlungen kommen auch schon laufende dazu, die zunächst von den jeweiligen Staaten übernommen wurden. Es könnten jährlich bis zu 3.000 Fälle werden.
22 der 27 EU-Staaten machen bei der neuen EU-Behörde mit – nicht aber Schweden, Dänemark, Irland, Polen und Ungarn.
Ein schwerer Schönheitsfehler, zumal besonders in Ungarn schon Betrugsfälle zulasten des EU-Budgets aufgedeckt wurden? „Wer mitmacht und wer nicht, das ist eine politische Entscheidung“, sagt Ingrid Maschl-Clausen, „aber klar ist auch, dass wir als Europäische Staatsanwaltschaft mit Ungarn und Polen zusammenarbeiten werden können.“
Eine Antikorruptionsbehörde in der EU gibt es bereits – OLAF. Diese hat den schwerwiegenden Nachteil, dass sie keine Strafverfahren führen kann. Das führte etwa dazu, dass dem Schwiegersohn von Ungarns Premier Viktor Orban der Missbrauch von EU-Geldern nachgewiesen wurde. Der Akt wurde den ungarischen Behörden übergeben – führte aber dort zu keiner Anklage.
Dagegen haben die nun 22 nach Luxemburg entsandten Europäische Staatsanwälte mehr Biss: „Wir sind eine richtige Staatsanwaltschaft und werden vom Einlangen der Anzeige weg Strafverfahren führen.“
Ingrid Maschl-Clausen wird alle Verfahren begleiten, die in Österreich aufkommen. Etwa wenn EU-Gelder für den Breitbandausbau nicht sachgemäß verwendet werden. Dann kommt der Vorschlag, Anklage zu erheben, nach Luxemburg, wo eine der Kammern der EU-Staatsanwaltschaft darüber entscheidet. Geführt wird das Verfahren allerdings in Österreich nach der österreichischen Strafprozessordnung.
Drei Jahre lang wird die erste Europäische Staatsanwältin aus Österreich in Luxemburg arbeiten. Ein Job, der sie schon vor dem Start der Behörde begeistert: „Eine Behörde mitaufbauen zu dürfen, diese Chance bekommt man nur einmal im Leben. Das ist ein ganz neues Projekt – ungemein aufregend.“
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