Europa erwacht aus dem Lockdown: Wo Weihnachten einfach wird - und wo nicht
Das Bild aus Madrid ging um die Welt: eine Einkaufsstraße in der spanischen Hauptstadt, gefüllt mit tausenden Menschen (siehe oben)?
Was wirkte wie ein Relikt aus dem Vorjahr, stammt tatsächlich vom ersten Einkaufssamstag in der Calle Preciados. Die spanischen Hauptstädter nutzten die Gelegenheit, ihre ersten Weihnachtseinkäufe zu erledigen - bewacht von Sicherheitspersonal. Denn die Infektionen sind im Land noch lange nicht dort, wo sie sein sollten, um wieder zu einem einigermaßen normalen Leben zurückzukehren. Ein Überblick über die Lage – und die Aussichten bis Weihnachten.
Spanien: Ausgangssperre kommt zu Weihnachten
Spaniens zweiter Lockdown war anders als der erste: Zum einen ein Flickwerk aus Maßnahmen - jede Region entschied, sehr zum Unmut von Premier Pedro Sánchez, über eigene Vorgaben. Zum anderen waren die Vorgaben diesmal deutlich weniger streng, weshalb sich in Madrid bereits die Massen beim Einkaufen drängen dürfen.
Nichtsdestotrotz wirken die Einschränkungen, wie ein Blick auf die Daten der ECDC (European Center for Disease Control) zeigt: Die Sieben-Tages-Inzidenz liegt mittlerweile bei 152, vor einigen Wochen war sie noch bei 500 (zum Vergleich: Österreich liegt mit Stand Dienstagmittag bei 348). Auch die Betten der Kliniken leeren sich langsam.
Zu Weihnachten allerdings „wird dieses Jahr dennoch alles anders sein“, wie Premier Sánchez jetzt sagte. Partys wird es für die feierlustigen Spanier nämlich heuer keine geben - um ein Uhr früh wird zu Weihnachten zu sein. Auch zu Silvester, wo es normalerweise erst nach Mitternacht so richtig losgeht, wird die Ausgangssperre in Kraft sein. Feiern von Menschen, die nicht in einem Haushalt leben, sollen auf sechs Personen begrenzt werden.
Belgien: Nur ein „Knuffelcontact“ zu Weihnachten erlaubt
Belgien war eines jener Länder, die die erste und die zweite Welle massiv unterschätzten – erst mit einem harten Lockdown in den vergangenen vier Wochen gingen die exorbitant hohen Zahlen einigermaßen nach unten. Derzeit liegt das 12-Millionen-Einwohner-Land bei einem Inzidenzwert von 134.
Nach gut vierwöchiger Zwangspause durften die Geschäfte darum am Dienstag wieder öffnen – allerdings unter strikten Hygienevorgaben. Das ist aber auch die einzige Lockerung für die Belgier: Restaurants, Kneipen und Cafés bleiben nämlich geschlossen, ebenso Friseure und andere Geschäfte mit Körperkontakt – und das wird auch zur Weihnachtszeit so sein. Auch die harschen Kontaktbeschränkungen bleiben dann aufrecht: Bis Mitte Jänner dürfen Haushalte nur eine weitere Person einladen; einzig Alleinstehende dürfen an den Feiertagen zwei Freunde oder Verwandte gleichzeitig empfangen - die sogenannten "Knuffelcontacte".
Irland: Aufatmen nach sechs Wochen – und fast normale Feiertage
Irland war das erste EU-Land, das sich im Herbst einen harten Lockdown verordnete. Jetzt, nach sechs Wochen, konnte man erste, positive Ergebnisse sehen: Landesweit sank die Sieben-Tages-Inzidenz auf 43 – das ist Rekord unter jenen Ländern, die zuletzt noch mit hohen Werten zu kämpfen hatten.
Ab nächster Woche dürfen darum wieder alle Geschäfte, Restaurants und Fitnessstudios öffnen, ab dem 18. Dezember sollen auch Reisen zwischen den Grafschaften wieder erlaubt sein. Das erlaubt man im Hinblick auf Weihnachten: Es dürfen sich bis zu drei Haushalte wieder privat treffen. Pubs, die nur Getränke anbieten, bleiben allerdings weiterhin geschlossen.
Italien: Der Lockdown wird wohl über die Feiertage andauern
In Italien scheint die schlimmste Zeit auch vorüber – allerdings bewegt man sich nach wie vor auf hohem Niveau. Bei 339 liegt der Sieben-Tages-Wert, nur unwesentlich weniger als in Österreich.
Geöffnet wird dennoch, wenn auch nur langsam: Die Regierung in Rom hat nun die „roten Zonen“ Lombardei, Piemont und Kalabrien - Anfang November die am stärksten betroffenen Gebiete - „orange” gefärbt, weshalb Geschäfte wieder öffnen dürfen. Der Grund dafür ist simpel: Der Konsum im gebeutelten Italien soll angekurbelt werden.
Die nächtliche Ausgangssperre bleibt allerdings im ganzen Land aufrecht – und das, wie es aussieht, wohl bis Weihnachten. Auch Restaurants sollen über die Feiertage nicht öffnen dürfen.
In puncto Skifahren ist Italien auch sehr strikt: Die eigenen Skigebiete bleiben zu, und wer ins Ausland – sprich nach Österreich oder in die Schweiz reist, um zu wedeln, der muss in Quarantäne.
Frankreich: Ausgangssperren werden zu Weihnachten ausgesetzt
Vom harten in den weichen Lockdown: Da Frankreich die Infektionszahlen nach unten drücken konnte (derzeit liegt die Sieben-Tages-Inzidenz bei 136), sind seit dem vergangenen Wochenende erste Lockerungen in Kraft. Nicht-lebensnotwendige Geschäfte haben wieder offen, auch Messen können mit maximal 30 Gläubigen wieder abgehalten werden.
Freilich, der weiche Lockdown in Frankreich ist dennoch etwas härter als der harte bei uns: Zwar darf man jetzt wieder länger für Spaziergänge und Sport außer Haus sein, allerdings muss man immer eine Bescheinigung mitführen.
Ab Mitte Dezember will man diese harten Auflagen dann durch nächtliche Ausgangssperren ersetzen. Zu Weihnachten, versprach Präsident Emmanuel Macron, würden diese dann aber ausgesetzt. Ein Besuch der Familie werde möglich sein, sagte er kürzlich. Lediglich Bars und Restaurants sollen vorerst geschlossen bleiben, ihre Öffnung ist erst für den 20. Januar vorgesehen.
Deutschland: Vor Weihnachten kommen noch kleine Einschnitte
Deutschland ist mit seinem soften Lockdown bisher deutlich besser durch die zweite Welle gekommen als die meisten mitteleuropäischen Staaten: Der Inzidenzwert liegt dort bei 163, Tendenz weiter sinkend.
Dennoch verordnet man sich vor Weihnachten ein neues Maßnahmenbündel, um dem Virus über die Feiertage nicht freien Lauf zu lassen. Schulen und Kindergärten bleiben zwar weiterhin geöffnet, ebenso Groß- und Einzelhandel, allerdings wird die Maskenpflicht ausgedehnt. Lokale, Restaurants, Kultur- und Freizeiteinrichtungen müssen bis mindestens 20. Dezember geschlossen bleiben.
Weihnachten wird auch mit Einschränkungen gefeiert werden: Private Zusammenkünfte dürfen nur zwischen zwei Haushalten stattfinden – und sind auf fünf Personen beschränkt.
Großbritannien: Nach Teil-Lockdown kommt ein Stufenplan
Vier Wochen harten Lockdown hat Premier Boris Johnson seinem Land verordnet gehabt. Jetzt, nach Ende dieser Periode, sind die Zahlen zwar nach unten gegangen, aber nicht genug: Bei 185 liegt die Sieben-Tages-Inzidenz derzeit.
Für Millionen Menschen im Land bleiben deshalb die strikten Beschränkungen aufrecht – denn die Regierung setzt jetzt auf einen Drei-Stufen-Plan: Dort, wo das Infektionsgeschehen offenbar nicht unter Kontrolle ist – etwa in Birmingham, Leeds, Manchester oder Sheffield - bleiben Gastronomie und Freizeiteinrichtungen geschlossen. In anderen Landesteilen durften Geschäfte und Restaurants am Dienstag wieder öffnen.
Weihnachten soll es dann Ausnahmeregelungen fürs ganze Land geben – mitsamt Treffen mit den Angehörigen mehrerer Haushalte. Den Freifahrtschein dafür erhofft sich Johnson über Massentests, wie sie auch in Österreich kommen werden: In allen Gebieten, die in die dritte und damit höchste Stufe fallen, sollen solche durchgeführt werden. Auch bei der Quarantäne soll es Erleichterungen geben: Statt 24-tägiger Isolation sollen Kontaktpersonen eine Woche lang täglich getestet werden und sich frei bewegen können, solange diese Tests negativ ausfallen.
Tschechien: Vom Höchststand zur kontrollierten Öffnung
Seit Montag ist in Tschechien die Welt eine andere: Nach wochenlangen Sperren hat das Land mit den einst höchsten europäischen Werten wieder geöffnet – Schulen machten den Anfang, am Mittwoch folgen Geschäfte, Restaurants und auch Betriebe, die körpernah arbeiten – etwa Friseure und Physiotherapeuten.
Freilich, rosig ist die Lage in Tschechien allerdings noch lange nicht - die Sieben-Tages-Inzidenzwerte lagen zuletzt bei 272. Darum wird streng kontrolliert: Restaurants und Cafés müssen um spätestens 22 Uhr dichtmachen, konsumieren darf man nur im Sitzen und an einem Tisch sind maximal vier Besucher erlaubt. Einkaufszentren haben stark beschränkte Besucherzahlen, kontrolliert wird das per Überwachungskamera.
Wie das an den Einkaufssamstagen – siehe Madrid – funktioniert, ist fraglich: Denn auch die Weihnachtsmärkte in vielen Städten wollen aufsperren; und Alkoholausschank wird voraussichtlich nicht verboten.
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