EU-Granden nehmen Putin in die Pflicht

Rufen Putin zur Räson: Angela Merkel und Petro Poroschenko
Bundeskanzler Faymann sieht im Ukraine-Konflikt Vermittlungschancen für Österreich.

Die zwei barbusigen Femen-Aktivistinnen vor dem Mailänder Dom, die am Donnerstag gegen Wladimir Putin und die Kämpfe in der Ostukraine demonstrierten, hat der russische Präsident nicht gesehen. Carabinieri waren rasch zur Stelle, die mit Rotwein übergossenen Frauen mussten sich wieder anziehen.

Putin ist beim asiatisch-europäischen Gipfel in der oberitalienischen Metropole die zentrale Figur, um ihn und seine Strategie zur Beruhigung des Konflikts in der Ostukraine dreht sich alles. Die Krise, das Klima, globale Bedrohungsszenarien, Ebola und der Terrorismus – darüber wollten die mehr als 50 Staats- und Regierungschefs ursprünglich reden.

Gesprächsreigen

Doch Putin änderte die Agenda. Die EU-Granden reißen sich um ein Tête-à-Tête mit ihm und seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko. Ein Treffen Donnerstagabend zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Putin musste kurzfristig abgesagt werden, weil Putin verspätet in Mailand eintraf. Freitagmorgen gibt es ein Frühstück mit Putin, Poroschenko, Merkel, Gastgeber Matteo Renzi, François Hollande und David Cameron, um die Ukraine-Krise zu beraten. „Es wird wichtig sein, hier auch den Dialog zu suchen“, sagt Merkel.

Werner Faymann ist der einzige Regierungschef eines kleineren Landes, der Poroschenko und Putin am Freitag trifft. Am Donnerstag hatte er mit dem OSZE-Vorsitzenden und Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter eine Unterredung. Faymanns Mission ist die eines neutralen Vermittlers. „Ich knüpfe an bisherige Kontakte mit Putin und Poroschenko an, es geht jetzt darum, den Waffenstillstand in der Ostukraine zu sichern. Dabei soll die OSZE eine wichtige Rolle spielen“, sagte der Bundeskanzler zum KURIER.

Österreich ist mit neun Offizieren in der Ostukraine im Einsatz, 500 OSZE-Beobachter sollen demnächst in Österreich ausgebildet werden. Unbewaffnete Drohnen kontrollieren die Grenze.

Die EU-Politiker betonen einhellig, dass es an Moskau liege, die Lage in der Ostukraine zu beruhigen. Vor Gipfelbeginn richtete Putin ein Signal an Kiew: „Es hat sich eine echte Gelegenheit aufgetan, die militärische Konfrontation, im Grunde ein Bürgerkrieg, zu stoppen.“ Er warnte den Westen vor weiteren Sanktionen, für den Konflikt in der Ukraine machte er die USA verantwortlich. Die Einstellung der USA könne nur als „feindselig“ bewertet werden.

Doch ohne Drohungen geht es bei ihm nicht: Wenn die Ukraine die Pipelines anzapfen sollte, wolle Russland die Gaslieferungen nach Europa drosseln. Moskau liefert seit Monaten kein Gas mehr an die Ukraine, weil Milliarden Schulden noch nicht bezahlt worden sind.

Doch Russland zieht seine Truppen von der Grenze zur Ukraine anscheinend nicht zurück– eine der Hauptforderungen an Russland: „Bisher haben wir keine größeren und bedeutenden Bewegungen gesehen“, so ein NATO-Vertreter. Es gebe immer noch große und schlagkräftige Verbände an der Grenze zur Ukraine.

Indes hat Petro Poroschenko ein umstrittenes Gesetz über den Sonderstatus für die Ostukraine unterzeichnet.

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