Hans-Peter Martin kehrt zu seinen Wurzeln zurück

Hans-Peter Martin kehrt zu seinen Wurzeln zurück
Der EU-Parlamentarier nimmt den Hut - er ortet in Österreich eine Sehnsucht nach einem neuen "Heil-Hitler".

"Europa im Kopf. Österreich im Herzen": Mit Slogans wie diesem will die SPÖ bei den Wahlen zum EU-Parlament im Mai Platz eins, den sie zuletzt 1999 mit einem Quereinsteiger als Spitzenkandidat erreicht hatte, von der ÖVP zurückgewinnen. Am Mittwoch wurden die Wahlplakate mit dem neuen roten Spitzenkandidaten präsentiert: Eugen Freund, der Quereinsteiger, der 40 Jahre als ORF-Journalist gearbeitet hat.

Und der Quereinsteiger von 1999? Der verkündete am Mittwoch seinen Abschied von der EU-Politik. Auf den ersten Blick wenig überraschend war, dass Hans-Peter Martin seinen Abschied in der Krone verkündet hat. Aber Martin sagte freilich nicht in der Kronenzeitung Adieu, sondern im Hotel Krone in Dornbirn. Im Wiener Boulevardblatt hat der Liebling von Hans Dichand schon länger keinen Fixplatz mehr.

Martins Absage kam unerwartet. Denn bei den EU-Wahlen 1999 erreichte Martin mit der SPÖ immerhin 31 Prozent. 2004, nach dem Rauswurf aus der SPÖ, schaffte er allein 14 Prozent, und 2009 sensationelle 17,7 Prozent oder drei Mandate.

Gleich blieb in allen Wahlgängen, dass es immer nur kurz dauerte, bis sich Martin mit seinen politischen Mitstreitern völlig zerkrachte. Zuletzt, mit seinem ehemaligen Assistenten Martin Ehrenhauser, besonders heftig: Die Auseinandersetzung der einst so engen Freunde lief nicht nur medial, sondern hat auch noch ein juristisches Nachspiel. Ehrenhauser hatte Martin vorgeworfen, 1,5 Millionen Euro aus dem EU-Parlament zweckwidrig verwendet zu haben. Gegenüber den Medien schwieg Martin dazu, und verwies auf die Behörden. Die Justiz ermittelt seit Jahren ohne Ergebnis.

"Habe einiges erreicht"

Martin verabschiedete sich mit Wehmut: Er habe "gekämpft und einiges erreicht", nun freue er sich "leidenschaftlich darauf, wieder als Journalist zu arbeiten". Sorge bereitete ihm das Erstarken des rechten Lagers, für die EU-Wahl rechnete er "mit dramatischen Zugewinnen für die FPÖ".

Seinen Kollegen im EU-Parlament wird er wohl nicht wirklich fehlen. SPÖ-Mandatar Jörg Leichtfried urteilt mild: "Immerhin hat er, anders als Mölzer oder Stadler, zumindest versucht, am politischen Prozess teilzuhaben. Als Einzelkämpfer musste er aber einsehen, dass er im EU-Parlament letztlich nichts zu melden hatte."

In Amerika werden mit Gesichtern wie meinem Autobusse plakatiert", sagte Eugen Freund "in aller Bescheidenheit" in einem profil-Interview. Nun ziert sein Konterfei zwar keine öffentlichen Verkehrsmittel, doch immerhin die Plakate der SPÖ zur EU-Wahl. Diese wurden am Mittwoch präsentiert: Mit den Slogans "Europa im Kopf. Österreich im Herzen" und "Soziale Werte aus Österreich. Für Europa" soll der rote Spitzenkandidat nun das Rennen bestreiten. Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos sprach in der Pressekonferenz von einem Kopf-an-Kopf-Rennen um Platz Eins in Österreich.

"Er ist ein exzellenter Erklärer und auch ein exzellenter Aufklärer", sieht Darabos in Freund den idealen Spitzenkandidaten für den EU-Wahlkampf. Auch in "Beliebtheits- und Kompetenzwerten" würde der einstige ORF-Moderator über den Kandidaten der anderen Parteien liegen. Den anfangs etwas holprigen Start in die Politkarriere sieht Freud selbst zumindest vergessen: "Ich schaue nach vorn." Auch sein persönliches Ziel sei es, mit der SPÖ Nummer Eins zu werden, bekräftigte er.

Inhaltlich setzt die SPÖ einen grundsätzlich europafreundlichen Kurs - mit dem üblich kritischen Blick auf die Union. "Europa ist wichtig, aber es gibt auch Einiges zu verbessern", betonte Darabos. Und auch laut Freund soll sich die EU "nicht überall einmischen", etwa beim sozialen Wohnbau. Stattdessen will man - so die Linie der Kampagne - "Erfolgsrezepte" aus Österreich über die Grenzen exportieren, etwa für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.

Kritik an Mölzer

Hans-Peter Martin kehrt zu seinen Wurzeln zurück
APA17643280 - 26032014 - WIEN - ÖSTERREICH: Eugen Freund (l.), SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, und Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos am Mittwoch, 26. März 2014, anl. der SPÖ- Plakatpräsentation zur EU-Wahl in Wien. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Als Gegner haben die Sozialdemokraten dementsprechend neoliberale und konservative Kräfte in Europa ausgemacht. Aber auch an FPÖ-Spitzenkandidat Andreas Mölzer hagelte es Kritik. DessenVergleich der EU mit dem Dritten Reichsowie dessen "rassistischen Ausrutscher" könne man nicht hinnehmen. "Wir lassen sicher kein Gras über die Sache wachsen", kündigte Darabos an und forderte Mölzers sofortigen Rücktritt. "Wir jedenfalls werden einen positiven Wahlkampf führen", ergänzte er.

Für die Plakatkampagne verantwortlich zeichnet die Agentur Demner, Merlicek und Bergmann. Insgesamt 4.500 Stück in mehreren Formaten sollen bis zum Wahltag in Österreich affichiert werden. Darabos wies bei der Kampagnenpräsentation auch energisch Gerüchte zurück, wonach er als Wahlkampfleiter von Doris Bures ersetzt werden sollte: "Wie kommen Sie auf diesen Schwachsinn?" Generelle Überlegungen zu einer erneuten Umstrukturierung in der SPÖ-Zentrale "bis Mitte des Jahres" gebe es aber, bestätigte er.

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