EU-Wahl 2019: Das Prinzip "Spitzenkandidat" wackelt
Donnerstagmittag ist es soweit: Dann wird beim Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) in Helsinki offiziell verkündet, wer der Spitzenkandidat der EVP für die Europa-Wahl 2019 sein wird. Zwei sehr unterschiedliche Bewerber rittern um den Posten: der CSU-Politiker Manfred Weber und der liberale Konservative Alexander Stubb aus Finnland.
Weber werden die besten Chancen eingeräumt, er hat prominente Regierungschefs hinter sich - allen voran Angela Merkel und Sebastian Kurz - aber auch ist in Skandinavien und in den baltischen Republiken beliebt.
Die Wahl ist geheim, insofern weiß man vorab nicht genau, wie sich die insgesamt 758 stimmberechtigten Delegierten aus 67 Mitgliederparteien der EVP entscheiden. Österreich stellt 16 stimmberechtigte Delegierte (Kanzler Kurz, EVP-Vizepräsident Johannes Hahn, die fünf EU-Abgeordneten der ÖVP und neun weitere nationale Delegierte).
ÖVP-Chef Kurz hat sich bereits vor Wochen für Manfred Weber ausgesprochen und findet ihn als „überzeugenden Kämpfer für ein besseres Europa“ und „wie kein anderer für eine starke Europäische Volkspartei als größte Partei in Europa“ geeignet.
Auch für den Fall, dass Manfred Weber, EVP-Fraktionschef im EU-Parlament, das Rennen für sich entscheidet und Spitzenkandidat wird, ist noch nicht gesagt, dass er automatisch auch EU-Kommissionspräsident wird. Bei der EU-Wahl 2014 wurde der so genannte Spitzenkandidat eingeführt. Konkret heißt das, dass jene Partei, die die EU-Wahl gewinnt, ihren Spitzenkandidaten für das Amt des Komissionspräsidenten nominiert. Bei der EU-Wahl Ende Mai 2019 könnte es auch anders kommen: Erstens sind manche EU-Regierungschefs gegen das Spitzenkandidaten-System. Zweitens ist der Wahlausgang 2019 schwer prognostizierbar. Auch wenn die EVP Nummer 1 bleibt, dürften nach Prognosen aller Experten nationalistische und rechtspopulistische Parteien zulegen. Fraktionen weit rechts der Mitte werden stärker - eine rechte Allianz könnte den Anspruch erheben, den Kommissionspräsidenten zu stellen. Italiens Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini hat diesen Anspruch bereits erhoben. In Frankreich etwa liegt die Partei von Le Pen derzeit in den Umfragen vor allen anderen Parteien.
Erst im Februar bekräftigten die Staats- und Regierungschefs ihr alleiniges Vorschlagsrecht für den Kommissionspräsidenten, wie es auch im EU-Vertrag vorgesehen ist. Zudem benötigt der Kommissionspräsident die Unterstützung von mindestens der Hälfte der Abgeordneten im EU-Parlament - und damit wohl Stimmen aus mehreren Fraktionen.
Die EVP ist jedenfalls die erste europäische Partei, die morgen ihren Spitzenkandidaten küren wird. Europas Sozialdemokraten haben ihren Parteikongress am 7. und 8. Dezember in Lissabon. Ihr Kandidat steht bereits fest: EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans. Die anderen Parteien - Grüne, Liberale und rechte Bewegungen - haben sich noch nicht entschieden. Eine rechte, länderübergreifende Allianz, wurde bereits angekündigt.
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