EU verzichtet wegen Ungarn auf Sanktionen gegen Russlands Patriarchen

Sts. Cyrill and Methodius holiday marked in Moscow
Premier Orbán lenkte in dem Punkt offenbar doch nicht ein - obwohl sein Sprecher das am Donnerstag so angekündigt hatte.

Die EU verzichtet nun doch wegen des Widerstands Ungarns vorerst auf Sanktionen gegen das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt Patriarch Kyrill (Kirill). Das sechste EU-Sanktionspaket gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges, in dem auch ein weitgehendes Ölembargo enthalten ist, wurde am Donnerstag von Vertretern der EU-Staaten ohne die eigentlich gegen Kyrill geplante Strafmaßnahme gebilligt, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.

Kurz davor hatte es aus Ungarn noch geheißen, man werde sich an die Anfang der Woche beim EU-Sondergipfel zum Ukraine-Krieg unterzeichneten Abmachungen zu weiteren Sanktionen gegen Russland halten. So zitierte jedenfalls die staatliche Ungarische Nachrichtenagentur (MTI) am Donnerstag den Sprecher von Ministerpräsident Viktor Orbán, Bertalan Havasi, der sich wieder auf Orbán berief. Zuvor hatte das Onlineportal hvg.hu berichtet, Ungarn blockiere auf der Zielgeraden die Unterzeichnung des Ölembargos gegen Russland erneut. Kyrill war in den Gipfel-Abmachungen enthalten.

Plan der EU war es eigentlich, die Rechtstexte für die Strafmaßnahmen bereits am Mittwoch zu billigen. Zuvor war in der Nacht auf Dienstag nach wochenlangem Streit bei einem Gipfeltreffen eine Einigung im Streit über das vorgesehene Ölembargo erzielt worden. Ungarn blockierte lange und setzte dabei durch, dass Öllieferungen per Pipeline zunächst von dem Einfuhrstopp ausgenommen werden.

Orbán pokerte - und bekam seinen Willen

Am Mittwoch forderte Ungarn nach Angaben von Diplomaten dann überraschend weitere Änderungen. So verlangte das Land insbesondere, auf die geplanten Strafmaßnahmen gegen das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt, Patriarch Kyrill (Kirill), zu verzichten. Kyrill soll mit einem Einreiseverbot und dem Einfrieren von Vermögen belegt werden. Kyrill I. ist ein enger Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin.

EU leaders hold summit on Russian oil sanctions, in Brussels

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán setzte sich gegen 26 EU-Regierungschefs durch.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán, der wiederum gute Kontakte zu Putin hat, hatte bereits Anfang Mai im ungarischen Radio gesagt, dass seine Regierung "es nicht zulassen" werde, dass "führende Kirchenmitglieder auf eine Sanktionsliste gesetzt werden". Die Bedenken Ungarns gegen Sanktionen auch gegen Kyrill seien seit langem bekannt, bemerkte Orbáns Sprecher am Donnerstag, ohne klarzustellen, ob die Sanktionen gegen Kyrill nun ein Hindernis blieben oder ob Budapest sie nun doch akzeptieren würde.

Nach Angaben aus EU-Kreisen war denkbar, dass der Widerstand gegen die Sanktionen gegen Kyrill nur ein Druckmittel Ungarns sein könnten, um beim Ölembargo in Detailfragen weitere Zugeständnisse zu bekommen. Der Boykott gegen Öllieferungen aus Russland sieht vor, im kommenden Jahr auf dem Seeweg kein Öl mehr in die EU zu lassen. Lediglich Ungarn, die Slowakei und Tschechien sollen wegen ihrer großen Abhängigkeit noch bis auf Weiteres russisches Öl über die Druschba-Pipeline importieren dürfen.

Russland reagiert gelassen

Am Mittwoch reagierte der Kreml gelassen auf die Boykott-Drohungen aus Brüssel. Die frei werdenden Mengen würden in andere Richtungen umgeleitet, meinte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. "Diese Sanktionen wirken sich natürlich negativ auf den gesamten Kontinent aus - auf die Europäer und auf uns und auf den gesamten globalen Energiemarkt."

Russland werde die negativen Folgen durch systematische Handlungen minimieren, fuhr Peskow fort. Schon nach dem Ölembargo der USA hatte die russische Führung erklärt, dass die Mengen fast komplett auf andere Märkte umgeleitet worden seien. Die Einnahmen sprudelten, hieß es.

Auch die EU will durch einen Ölboykott verhindern, dass Moskau seinen Krieg gegen die Ukraine weiter finanzieren kann. Durch die hohen Ölpreise fließt zudem aktuell viel Geld in den russischen Staatshaushalt, der stark vom Energieexport abhängig ist. Mit den negativen Folgen - gemeint sind vor allem die hohen Energiepreise - müssten nun vor allem die Europäer leben, erklärte Peskow.

Kommentare