EU-Sondergipfel schickt Brexit wohl auf die Wartebank
Im Grunde wäre es ganz einfach: "Wenn das Vereinigte Königreich den Brexit stoppen will, können sie das tun und den Austrittsantrag zurückziehen“, sagte der EU-Brexit-Chefverhandler der Kommission, Michel Barnier, am Dienstag auf seine unvergleichlich trockene Art. Und: "Wenn sie einen No-Deal-Austritt vermeiden wollen, müssen sie für das Austrittsabkommen stimmen.“ So weit und simpel die Theorie.
Das praktische Problem aber ist: Die britische Premierministerin Theresa May will zwar einen harten Brexit (no-deal) vermeiden, bringt aber ihr Parlament nicht dazu, für den EU-Austrittsvertrag zu stimmen.
Mays Hoffnungen, einem drohenden harten Brexit am Freitag zu entgehen, ruhen deshalb auf der EU: Bei einem eilig einberufenen Sondergipfel wollen die 27 EU-Staats- und Regierungschefs am Mittwoch Abend über eine Verschiebung des Brexit beraten.
Die Gespräche könnten sich bis in die Nacht hineinziehen. Denn während als sicher gilt, dass alle 27 EU-Staaten keinen harten Breit wollen und daher einer Verlängerung zustimmen werden, ist noch strittig, um wie viele Monate der britische EU-Ausstieg verschoben werden soll.
Bei den Wahlen dabei
"Bis 30. Juni“, bittet Theresa May. "Bis 31. Dezember“, fordert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. "Bis Ende März 2020“, schlug EU-Ratspräsident Donald Tusk vor. Auch Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, die Dienstag Mittag noch von May besucht wurde, tendiert für eine relativ lange Verschiebung. Auf alle Fälle aber müsste Großbritannien an den EU-Wahlen im Mai teilnehmen.
Noch immer wartet man in Brüssel auf einen "echten Plan“ der Briten. Oder auf eine "substanzielle Begründung“, wie es EU-Minister Gernot Blümel formulierte, warum die Briten eine Verlängerung erhalten sollten.
Diese könnte darin liegen, dass Regierungschefin May seit einer Woche mit Oppositionschef Jeremy Corbyn verhandelt. Die Gespäche aber spießen sich – verlangt doch Labour, dass Großbritannien nach dem Ausstieg aus der EU in der Zollunion mit der EU bleibt. Das wiederum scheint für die Mehrheit der Tories eine unnehmbare Hürde.
Mays Hoffnung: Labour und Tories finden doch noch einen Kompromiss, winken das Austrittsabkommen durch und treten sofort aus der EU aus – all das idealerweise noch vor den Wahlen.
In Brüssel hingegen hofft der eine oder andere: Wird der Brexit um mehrere Monate verschoben, steigen die Chancen für ein zweites Referendum in Großbritannien. Mit der Option, doch in der EU zu bleiben.
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