EU-Parlament will Swift-Abkommen aussetzen
Es ist die bisher deutlichste Reaktion aus Europa auf die Spionage-Affäre rund um den US-Geheimdienst NSA: Mit knapper Mehrheit (280 zu 254 Stimmen) hat das EU-Parlament am Mittwoch für die Aussetzung des sogenannten Swift-Abkommens gestimmt, das den Austausch von Bankdaten mit den USA regelt.
Sozialdemokraten, Liberale und Grüne hatten diesen Schritt seit Wochen gefordert, nachdem bekannt geworden war, dass die NSA auch beim in Belgien ansässigen Finanzdienstleister Swift, über den europäische Banken ihren internationalen Zahlungsverkehr abwickeln, spioniert haben soll.
„Dieser Beschluss des Parlaments ist ein großer Sieg gegen den Datenmissbrauch“, sagt Hannes Swoboda, Fraktionsführer der Sozialdemokraten im Parlament. „Die Vereinigten Staaten und die NSA müssen verstehen, dass wir es ernst meinen.“
Terror-Bekämpfung
Das Swift-Abkommen wurde 2010 zum Zweck der gemeinsamen Terrorismus-Bekämpfung geschlossen: Die USA erhalten die Daten zu Auslandsüberweisungen von EU-Bürgern und -Unternehmen mit Dritten außerhalb der EU, um sie auf Terror-Verdacht zu prüfen. „Das Abkommen soll Geldtransfers zur Finanzierung des Terrorismus aufspüren und beruht auf gegenseitigem Vertrauen. Welchen Sinn hat ein solches Abkommen, wenn der US-Geheimdienst es umgeht?“, sagt der deutsche Grün-Mandatar Jan Philipp Albrecht. Er fordert vom EU-Gipfel Ende der Woche eine klare Position.
Entscheidung im Rat
Die Mitgliedsstaaten haben auch das letzte Wort in der Frage, ob das Swift-Abkommen tatsächlich ausgesetzt wird. Die Forderung des Parlaments liegt seit gestern auf dem Tisch – in Kraft treten kann sie aber nur mit Zustimmung der Minister im Rat.
ÖVP-Mandatar Hubert Pirker hofft, dass es dort keine Mehrheit dafür geben wird: „Das Abkommen rein auf Verdacht aufzukündigen, ist nicht nur außenpolitisch dumm, sondern auch populistisch.“ Die Europäische Volkspartei ist gegen das Einfrieren und forderte am Mittwoch (vergeblich), die Abstimmung zu verschieben, bis man mehr Fakten habe.
Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus erlaubt die Europäische Union US-Fahndern den Zugriff auf die Bankdaten von Verdächtigen in Europa. So dürfen amerikanische Geheimdienste deren Kontobewegungen gezielt durchleuchten - allerdings in engen Grenzen. Die genauen Modalitäten legt seit August 2010 ein internationales Abkommen zwischen der EU und den USA fest. Es enthält strenge Auflagen für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre.
Das Abkommen trägt den Namen "Programm zur Verfolgung terroristischer Finanzströme" (TFTP). EU-intern wird es auch kurz "Swift"-Abkommen nach dem belgischen Unternehmen Swift genannt, um dessen Daten es geht. Dieser Finanzdienstleister wickelt fast alle grenzüberschreitenden Bankgeschäfte in Europa ab und meldet täglich mehr als 15 Millionen Transaktionen.
Mithilfe der Daten wollen die US-Geheimdienste die Finanzströme des internationalen Terrorismus aufdecken. Bei den Angaben geht es etwa um Name, Betrag und Empfänger. Betroffen sind nur Überweisungen ins nicht-europäische Ausland, nicht aber Transaktionen innerhalb der EU. Seit der Ausspähaffäre um den US-Geheimdienst NSA droht die EU-Kommission damit, das Swift-Abkommen auszusetzen.
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