EU-Parlament: Ab 2035 gilt Verbot für Verbrennermotoren
Als Teil neuer Klimagesetze schicken die EU-Abgeordneten Benzin- und Dieselautos in absehbarer Zukunft ins Ausgedinge. Die Abstimmung über eine Reform des Emissionshandels im Chaos scheiterte hingegen.
Es war bis zur letzten Minute ein Kampf um jede der 705 Abgeordnetenstimmen im EU-Parlament. Doch mit überraschender Mehrheit kam es am Mittwochabend dann doch – das de facto Verbot für neue Benzin- und dieselbetriebene Motoren.
Auf Europas Straßen dürfen ab dem Jahr 2035 neu zugelassene Fahrzeuge (private Pkw und leichte Nutzfahrzeuge) kein CO2 mehr ausstoßen. Dieser Beschluss ist Teil eines großen Klimagesetzpaketes, das gestern im EU-Parlament zur Abstimmung stand. Nicht alle Vorhaben wurden angenommen – bei der Reform des Emissionshandels ging es schief.
Warum kommt das Aus für den Verbrennermotor?
Hinter dem Vorhaben, die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu machen, steht die Überlegung: Ein neues Auto hat eine durchschnittliche Lebensdauer von 15 Jahren. Die EU-Kommission schlug deshalb vor, dass neue Fahrzeuge ab 2035 keine Schadstoffe mehr ausstoßen dürfen. Das ist derzeit nur mit Elektroantrieben erreichbar.
Und weil auch keine Anrechnung von synthetischen Kraftstoffen geplant ist, kommt dies einem De-facto-Verbot für Verbrennermotoren gleich. Benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge, die bis 2034 angemeldet wurden, dürfen aber weiterhin genutzt werden.
Hätte es eine Alternative zum Verbot gegeben?
Christdemokraten, also auch die ÖVP-Abgeordneten, und ein Teil der Liberalen im EU-Parlament haben eine hundertprozentige Senkung des Schadstoffausstoßes bis 2035 abgelehnt. Sie schlugen eine Senkung um 90 Prozent vor, zudem sollten synthetische Kraftstoffe angerechnet werden können. Damit kamen sie nicht durch.
„ Es hat überhaupt keinen Sinn, den Verbrennungsmotor zu verbieten, wenn wir ihn über 2035 hinaus weiter sinnvoll und klimaneutral verwenden können“, meint die EU-ÖVP-Abgeordnete Barbara Thaler. „Dafür müssen wir nachhaltig hergestellte Bio-Treibstoffe und synthetische Treibstoffe richtigerweise als klimaneutral klassifizieren.“
Entscheidet das EU-Parlament allein über solch eine einschneidende Maßnahme?
Nein, die EU-Regierungen müssen so wie bei allen europäischen Regelungen mit dem EU-Parlament einen Kompromiss aushandeln. Anders als das Parlament haben die Regierungen in Bezug auf ein Verbrennerverbot noch keinen gemeinsamen Standpunkt gefunden: Etwa ein Drittel ist dafür, ein Drittel ist dagegen und ein Drittel weiß noch nicht so recht. In der österreichischen Regierung hat man – je nach Ministerium – auch noch unterschiedliche Sichtweisen.
Wie sieht es überhaupt mit den Ladestationen aus?
Die EU-Verkehrsminister haben sich bereits auf den Ausbau der Infrastruktur für E-Autos geeinigt: Künftig muss es auf stark befahrenen Straßen alle 60 km, auf weniger stark befahrenen Straßen alle 100 km Lademöglichkeiten geben.
Worum ging es bei der gescheiterten Abstimmung über das Emissionshandelssystem?Der Handel mit Verschmutzungsrechten ist das Herzstück der europäischen Klimapolitik. Dass die Abstimmung über eine Reform hier scheiterte, ist für das EU-Parlament peinlich: Grüne und Sozialdemokraten auf der einen Seite sowie Christdemokraten auf der anderen Seite, geben einander gegenseitig die Schuld.
Die Christdemokraten wollten die Streichung von Gratis-Zertifikaten für die Industrie verschieben. Damit hätte die Wirtschaft weniger schnell dekarbonisieren müssen bzw. wirtschaftliche Vorteile gehabt. Grüne und Sozialdemokraten hingegen standen auf dem Standpunkt: Besser keine als eine verwässerte Reform. Nun muss ein Kompromiss ausgehandelt werden.
Wird es also keinen Emissionshandel auf Heizen und privaten Verkehr geben?
Aus Sorge, dass Verschmutzungszertifikate auf Heizen und Fahren die Geldbörsel ärmerer Haushalte noch weiter belasten würden, hat das EU-Parlament dies von vornherein abgelehnt. Das ärgert wiederum die EU-Staaten: Ihnen wird vorgeschrieben, wie stark sie die Treibhausgase senken müssen.
Im Fall Österreichs sind das konkret minus 48 Prozent (seit 2005). Dafür müsste die CO2-Belastung durch den Verkehr unbedingt gesenkt werden. Weil dies aber nun mit EU-weiten Verschmutzungszertifikaten auf privates Fahren nicht möglich ist, befürchten die Staaten, anderswo entsprechende Verbote aussprechen zu müssen: Etwa autofreie Tage oder Ähnliches.
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