Klimabericht für Dummies (und Politiker)

IPCC erarbeitet wissenschaftliche Empfehlungen zu Klimawandel für Politik
Auch der neueste Bericht des Weltklimarates mahnt zu unverzüglichem Handeln im Kampf gegen die Erderwärmung. Österreichs Politik reagierte kaum. Der KURIER erklärt, worum es geht

Wegen des fürchterlichen Ukrainekriegs und der nicht enden wollenden Pandemie ist die Klimakrise einmal mehr in den Hintergrund gerückt. Doch sie bleibt eine große Gefahr für zukünftige Generationen.

Der neueste Bericht des Weltklimarates IPCC legt auf 2.913 Seiten nicht nur die Dringlichkeit dar, sondern auch alle möglichen Lösungsoptionen. Er ist eine Zusammenschau Zehntausender wissenschaftlicher Arbeiten, er bildet somit den aktuellen Stand der Klimaforschung ab, damit der Politik alle Grundlagen für wissenschaftsbasierte Entscheidungen vorliegen. Doch offenbar lesen nur die wenigsten Entscheidungsträger nicht einmal die 64-seitige Zusammenfassung, ein großes Thema ist der Klimabericht nicht. Der KURIER fasst deshalb die wichtigsten Aussagen in verständlicher Sprache zusammen.

Klimabericht für Dummies (und Politiker)

Was steht im Bericht?

Wir müssen so schnell wie möglich aufhören, Öl, Gas und Kohle anzuzünden. Das wissen wir zwar seit 1990, dennoch wurden von 2009 bis 2019 so viele Treibhausgase ausgestoßen, wie in keinem anderen Jahrzehnt davor. Die Treibhausgas-Emissionen verlangsamen sich zwar, was gut ist. Ab 2025 müssen sie aber sinken, damit Klimaziele noch eingehalten werden können. Bis 2030 müssen sie halbiert werden, was in der EU schon beschlossen ist. Bis 2050/2060 müssen die Emissionen gegen null gehen. Auf der anderen Seite sind im Bericht Lösungen für den Ausstieg aus den Fossilen in fast allen Sektoren vorhanden. Eine kohlenstoffarme Wirtschaft schafft viele neue, nachhaltige Jobs. Und es wird auch billiger, da die benötigte Technik (Windkraftwerke, PV-Paneele oder Batterien) seit 2010 um bis zu 85 % billiger wurde.

Warum gibt es zwei Klimaziele zur maximalen Erwärmung, das 1,5°C-Ziel und das „deutlich unter 2°C“-Ziel?

Die Finanzwirtschaft hat berechnet, dass volkswirtschaftlich die Schäden durch den Klimawandel nur bis zu einer Erwärmung um 1,5°C ohne Wohlstandsverlust machbar sind, zudem dürften Inselstaaten bei einer globalen Erwärmung über 1,5°C untergehen. Der Klimabericht sagt, dass nur durch radikale Maßnahmen das 1,5°C-Ziel noch erreicht werden kann, was unwahrscheinlich ist. Deshalb wird eine maximale Erderwärmung „deutlich unter 2°C“ angestrebt. Und es brauche Maßnahmen, um das in der Atmosphäre vorhandene Kohlendioxid dann wieder in den Böden zu binden.

In welchen Bereichen fehlen Lösungen?

Bei der Schifffahrt und dem Flugverkehr könnten Wasserstoff und (mit grüner Energie erzeugte) E-Fuels zur Anwendung kommen, dafür gibt es aber noch keine Infrastruktur. Die Kraftstoffe werden so jedenfalls teurer werden. Bei der Industrie, die teils nicht auf Kohle oder Erdgas verzichten kann, könnte irgendwann Wasserstoff ebenfalls eingesetzt werden. Als Übergangslösung könnte aus Fabrikschloten das Kohlendioxid abgefiltert werden und dann im Boden verpresst (in Österreich verboten) oder zu (Bau-)Materialien (Karbonate) umgewandelt werden.

Mir ist eh so oft kalt und ich wünsche mir ein wärmeres Klima. Was ist das Problem einer Zunahme der Erderwärmung von 2-3 Grad?

Ein Mittelwert wie die globale Erwärmung sagt sehr wenig aus über regionale Änderungen. Bei drei bis vier Grad Erwärmung, auf die wir derzeit zusteuern, wird der Meeresspiegel bis Ende des Jahrhunderts um bis zu zwei Metern steigen. Große Gebiete in Küstennähe wie Teile von Bangladesch werden überflutet, andere, etwa in den Niederlanden, sind nur mit hohem technischen Aufwand zu halten. Etwa eine Milliarde Menschen dürften direkt betroffen sein. Globale Wetterphänomene dürften sich grundlegend ändern, etwa Verteilung und Stärke von Monsunwinden, das El-Niño-Phänomen im Pazifik und auch der Nordatlantikstrom, der bereits nachweislich schwächer wird. Viele Tier- und Pflanzenarten dürften den Klimastress nicht verkraften und aussterben. Teile der Erde könnten unbewohnbar werden, weil Maximaltemperaturen samt Luftfeuchtigkeit dann höher sind, als es der menschliche Körper verkraftet. Die Eisschilde beginnen zu verschwinden.

Woher will die Forschung wissen, was wir tun müssen, um die Erderwärmung zu begrenzen?

Die Forscher haben ein Maximum berechnet, wie viele Treibhausgase noch emittiert werden dürfen, damit das Klima auf Erden halbwegs stabil bleibt. Wie bei einer Badewanne, wo Wasser hineinläuft, ist oberstes Ziel, die Wasserzufuhr zu beenden (=keine fossilen Brennstoffe mehr anzünden).

Wie war die Reaktion auf diesen Klimabericht?

UN-Generalsekretär Antonio Guterres, ein unermüdlicher Mahner der Klimakrise, ist in seiner Reaktion hart mit Politik und Wirtschaft ins Gericht gegangen. „Der Bericht ist ein Dokument der Schande, ein Katalog der leeren Versprechen, die die Weichen klar in Richtung einer unbewohnbaren Erde stellen.“

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