Ohne Merkel geht gar nichts mehr
François Hollande gratulierte Angela Merkel in einem Telefongespräch, David Cameron per Twitter. Die deutsche Bundeskanzlerin wird mit Glückwünschen von ihren Amtskollegen innerhalb- und außerhalb Europas eingedeckt – und alle wollen eine „enge Zusammenarbeit“.
Was das politisch heißt, darüber ist man sich in Brüssel einig: Merkel wird noch stärker als bisher Entscheidungen bestimmen, manche sagen „diktieren“. Das muss nicht negativ sein. Sie kann ihre Macht für eine Stärkung des europäischen Projekts nach innen und nach außen einsetzen. Zum Beispiel einen Konvent zur Reform des EU-Vertrages einberufen und an einer Politische Union bauen.
Bankenunion
Zuvor gilt es die EU mittels Bankenunion krisenfest zu machen. Doch Berlin bremst. Es geht um die Abwicklung von Banken, um die gemeinsame Einlagensicherung und die Bankenaufsicht durch die EZB. Will Merkel mehr Kontrolle, wird sie einlenken, wenn nicht, arbeiten Finanzinstitute weiter wie bisher – bis zur nächsten Krise und Bankenpleite.
Die Kanzlerin wird Schuldenstaaten noch stärker an die Kandare nehmen. Die EU-Kommission will die Defizitberechnung zugunsten der Schuldenländer ändern – fraglich, ob Merkel mitspielt. Ein neuerlicher Schuldenschnitt für Griechenland wird diskutiert. Neuerliche Kredittranchen an Athen werden mit strikten Reformauflagen verbunden sein.
Druck gibt es auf Merkel für die Einführung der Finanztransaktionssteuer, das Vorhaben stockt wegen Einwänden deutscher Lobbyisten.
Erwartet wird von Merkel ein größerer Einsatz im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit und eine Strategie für mehr Wachstum. Letzteres trifft auf deutsche Interessen, sie will die Re-Industrialisierung der EU forcieren. Merkel ist unternehmerfreundlich, Wachstum und Wettbewerb sind ihr heilig.
Die Erweiterung ist Merkel kein Anliegen. Serbien wartet auf den Start der Beitrittsverhandlungen Anfang 2014. Rumänien und Bulgarien drängen seit Jahren auf einen Schengen-Beitritt. Eine Lösung braucht es auch für die Türkei. Hier könnte Merkel gezielt daran arbeiten, die auf Eis liegenden Verhandlungen einseitig zu stoppen. Selbst in Ankara denkt man schon an ein Aufgeben.
Top-Jobs
2014 werden EU-Spitzenjobs in Berlin entschieden. Die Posten des Rats- und Kommissionspräsidenten sowie des EU-Chefdiplomaten werden nach der Europa-Wahl im Mai neu besetzt. Hebt sie den Daumen, ist der Kandidat akzeptiert, senkt sie ihn, haben ihre EU-Kollegen keine Chance, ihren Bewerber durchzubringen. Kommissionspräsident José Manuel Barroso verdankt seinen Job ausschließlich Merkel.
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