EU-Kommission will Flüchtlinge wieder nach Griechenland abschieben

Flüchtlinge im Hafen von Piräus.
Ab dem 15. März soll jeder Flüchtling, der zuerst in Griechenland angekommen ist, auch wieder dorthin zurückgebracht werden dürfen.

Sechs Jahre lang wurde kein Flüchtling, der in Griechenland erstmals EU-Boden betrat und dann in ein anderes EU-Land weiterreiste, wieder nach Griechenland zurückgeschickt. Zu schlimm sei die Lage für Asylsuchende dort, hatte der Straßburger Menschengerichtshof befunden.

Ab Mitte März 2017 soll alles anders werden. Dann soll nach einer am Donnerstag präsentierten Empfehlung der EU-Kommission jeder in Griechenland ankommende Flüchtling ausschließlich dort um Asyl ansuchen dürfen. Wer sich dennoch auf die Weiterreise nach Norden aufmache, werde zurückgeschickt.

Signal und Abschreckung

Ausgenommen von dieser Empfehlung, über die der EU Rat nächste Woche entscheiden soll, sind nur unbegleitete Jugendliche und besondere Härtefälle. Rückwirkend ist diese Maßnahme nicht, sie betrifft nur Flüchtlinge, die ab Mitte März neu in Griechenland stranden. Und sie soll, wie es die Kommisson hofft, vor allem Signal und zugleich Abschreckung sein: Flüchtlinge sollen sich ihr Zielland in der EU nicht selbst aussuchen dürfen.

An die 65.000 Flüchtlinge sitzen schon jetzt in Griechenland fest. Es gäbe ja Quoten unter den EU-Ländern, Flüchtlinge aufzunehmen, beklagt der österreichische EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer (SPÖ), "aber der Mechanismus funktioniert nicht." Und das nicht nur, weil sich Länder wie Ungarn kategorisch dagegen querlegen." Portugal hat angeboten, bis zu 10.000 Flüchtlinge aufzunehmen, aber es geht nicht", schildert er. Die Gründe sind in äußerst schwerfälliger Bürokratie zu suchen.

Keine neue Route

Und auch die Rückführungen von Griechenland in die Türkei, wie sie im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens ausgehandelt wurden, kommen kaum voran: 748 Menschen wurden seit März zurückgebracht.

Für Brüssel allerdings kein Grund, an der Wirksamkeit des Flüchtlingsdeals zu zweifeln. Auf Drohungen des türkischen Präsidenten Erdogan, den Deal über Bord zu werfen und für Flüchtlinge die Grenzen nach Europa zu öffnen, kontert etwa EU-Kommissar Johannes Hahn nur trocken: "Ich fürchte mich nicht vor türkischer Rhetorik." Stattdessen weist er auf die Tatsache hin, dass die Türkei sehr gut mit der EU zusammenarbeite, mit dem Ziel, die rund zwei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu versorgen.700 zweckgebundene Millionen Euro hat Ankara dafür bereits erhalten, bis Ende kommenden Jahres sollen es insgesamt drei Milliarden sein.

Bedenken, dass sich der Flüchtlingsstrom nach dem Schließen der Balkanroute und dem Wirksamwerden des Türkei-Abkommens von der Ägäis nach Italien verlagern würde, hätten sich nicht bewahrheitet, führt indessen Migrations-Experte Rainer Münz aus. Der österreichische wissenschaftliche Berater im Team von Kommissionspräsident Juncker bestätigt die Ankunft von heuer rund 170.000 Bootsflüchtlingen in Italien - unter ihnen, wie er sagt, "so gut wie keine Syrer".

"Illegale Immigranten"

Münz richtet die Aufmerksamkeit auf eine rechtliche Frage mit möglicherweise erheblichen Auswirkungen.Von den 170.000 Angekommenen hätten nur 4000 "aus eigener Kraft mit den Schlauchbooten den Weg von der libyschen Küste bis nach Italien geschafft." Diese gälten ganz klar als "illegale Immigranten". Bei allen anderen aber, die von der italienischen Marine, freiwilligen Helfern oder anderen Schiffen aus Seenot gerettet und nach Italien gebracht wurden, sei die Lage nicht klar. Eine derzeit laufende gerichtliche Prüfung könnte ergeben, dass diese 166.000 Geretteten Italien auf " legalem" Weg, nach Italien gelangten.

EU-Kommission will Flüchtlinge wieder nach Griechenland abschieben
TOPSHOT - Children wrapped in covers stand in a harbour as migrants and refugees arrive on the Greek island of Lesbos while crossing the Aegean Sea from Turkey on March 2, 2016, in Mytilene. The EU on March 2 proposed 700 million euros in emergency aid for Greece and other states as it began to tackle the migrant crisis within its borders like humanitarian disasters in developing countries. So far, more than 131,000 migrants have crossed the Mediterranean to reach Europe this year, UN figures show -- more than the total number for the first five months of 2015. Last year, a million landed on Europe's shores. / AFP / ARIS MESSINIS

Hinweis: Der Artikel wurde um 15.50 Uhr aktualisiert

Das Dubliner Übereinkommen ist seit 1997 in Kraft. Seit Jänner 2014 gilt die Dublin III-Verordnung. Grundsätzlich wird darin geregelt, dass jener Staat, in den der Asylbewerber nachweislich zuerst eingereist ist, das Asylverfahren durchführen muss.

Das heißt in der Praxis, dass ein Staat bei einem Asylantrag zunächst prüfen muss, ob die Person nicht bereits in einem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt bzw. anderso registriert wurde. Diese Prozedur heißt "Übernahmeersuchen" - und ist mitunter äußerst langwierig. Wenn Asylsuchende bereits in einem anderen Land registriert sind, müssen sie dorthin "überstellt" (abgeschoben) werden.

Das führt in der Konsequenz dazu, dass Länder an den EU-Außengrenzen überproportional belastet werden.

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