EU-Kommissar Hahn: "Niemand war ausreichend vorbereitet"

EU-Budgetkommissar Johannes Hahn
Der Budgetkommissar über die Folgen der Corona-Krise für die EU, Streit ums Geld und seine Sorgen über die Lage in Ungarn.

Eine Woche im Home-Office, die nächste dann wieder in seinem Büro im 12. Stock des riesigen Kommissionsgebäudes in Brüssel. So sieht der corona-bedingte Arbeitsrhythmus von Budget-Kommissar Johannes Hahn aus. Eine Videoschaltung jagt die nächste, nur die Verbindung zum KURIER-Büro in Brüssel will nicht funktionieren.

Und so muss das altmodische Telefon herhalten für das Interview mit dem Schatzmeister des europäischen Haushaltes. Als Solcher spielt der gebürtige Wiener eine Schlüsselrolle im Kampf der EU gegen die Folgen der Pandemie, denn der Großteil der Maßnahmen benötigt Finanzmittel aus dem EU-Budget für ihre Umsetzung.

KURIER: Teilen Sie die Einschätzung der deutschen Kanzlerin Merkel, wonach die Coronakrise für die EU die größte Herausforderung ihrer Geschichte ist?

Johannes Hahn: Für die Zeitspanne, die wir überblicken, hat sie sicher recht. 

Es gab viele Vorwürfe, die EU hätte angesichts der Pandemie zu spät und hilflos gehandelt. Hätte sie anders reagieren müssen?

Niemand kann von sich behaupten, er wäre ausreichend auf die Pandemie, ihre Dimesion und Komplexität vorbereitet gewesen. Manche dieser Vorwürfe basieren auf der Unwissenheit, dass Gesundheitsversorgung- und Katastrophenschutz national und manchmal sogar regional organisiert sind. Die direkte Gesundheitsversorgung obliegt ausschließlich nationaler Kompetenz.

Dennoch haben wir  sehr schnell reagiert, indem wir den Mitgliedstaaten im Bereich der staatlichen Beihilfen und der Budget-Defizitregeln größtmögliche Flexibilität zugestanden haben, damit sie ihre Unternehmen bestmöglich und unbürokratisch unterstützen können. Dort, wo wir direkte Zuständigkeit haben, wie etwa bei bei der Koordinierung von Maßnahmen, haben  wir sehr zügig  gehandelt.

Wegen der individuellen nationalen Maßnahmen haben sich anfangs an den Grenzen lange Staus gebildet. Da haben wir binnen weniger Tage durchgesetzt, dass der Warenverkehr im Binnenmarkt wieder funktioniert.

Die Euro-Finanzminister hätten am Dienstag Rettungspakete in Höhe von rund 540 Milliarden Euro verabschieden sollen. Statt dessen wurde heftigst gestritten – um Coronabonds, also die Vergemeinschaftung von Schulden.Der Süden Europas pocht darauf, Deutschland, die Niederlande und Österreich lehnen es kategorisch ab. Wie gefährlich ist dieser Streit für den Zusammenhalt in der EU?

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