EU-Gipfel tagt zu Nahost und Ukraine: Debatte über "humanitäre" Feuerpause

Drei EU-Flaggen wehen
Die Krisen im Nahen Osten und in der Ukraine werden das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel dominieren.

Das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel wird von den Kriegen im Nahen Osten und in der Ukraine dominiert werden. Für Diskussionen dürfte ein Passus in der Gipfelerklärung sorgen, in dem laut zirkulierenden Entwürfen eine "humanitäre Feuerpause" in Nahost gefordert wird.

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Zur von der EU-Kommission vorgeschlagenen und von einigen Ländern - darunter Österreich - kritisierten Aufstockung des mehrjährigen EU-Budgets ist eine Positionierung geplant.

Nehammer: "Der Terror der Hamas muss enden"

Österreich wird von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) vertreten, der am Mittwoch gemeinsam mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Petr Fiala nach Israel fliegt. "Der Terror der Hamas muss enden und dafür braucht es einen Schulterschluss aller Kräfte, um einen möglichen Flächenbrand zu verhindern", sagte Nehammer. "Dafür werden wir alle unseren Beitrag leisten."

Österreich und Tschechien zählen zu jenen Ländern in der EU, die den derzeitigen Gegenschlag der israelischen Armee grundsätzlich als legitime Selbstverteidigung ansehen. Auf der anderen Seite gibt es Länder wie Spanien, Irland und Belgien, die Israels Vorgehen im Gazastreifen kritisch sehen und angesichts der vielen zivilen Opfer eine humanitäre Waffenruhe fordern.

Eine "humanitäre Feuerpause" sorgt für Unstimmigkeiten in der EU

"Der Europäische Rat unterstützt den Ruf von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres nach einer humanitären Pause, um Hilfsgüter sicher liefern zu können, und dass diese Hilfe die Bedürftigen erreicht", heißt es in einem an die Medien geleakten Entwurf der Gipfelschlussfolgerungen. Der Zugang zu Wasser, Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung, Treibstoff und Unterkunft müsse erleichtert werden. Die EU fordert zudem die bedingungslose Freilassung aller Geiseln.

Die geforderte "humanitäre Feuerpause" sorgte bereits beim Rat der EU-Außenministerinnen und -minister am Montag in Luxemburg für Unstimmigkeiten. Während EU-Außenbeauftragter Josep Borrell klar für eine Feuerpause warb, wollte sich der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) dem nicht direkt anschließen. Man müsse sich in die Lage Israels hineinversetzen, betonte er. Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach sich nicht für eine humanitäre Waffenruhe aus. Man könne die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen nicht eindämmen, solange der Terrorismus der Hamas weitergehe.

Nicht vergessen werden soll auch die Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird zu dem Gipfel zugeschaltet sein.

EU hat der Ukraine "viel Geld versprochen"

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei Manfred Weber forderte am Montag "ein Signal des Europäischen Rates" bei den Verhandlungen über die von der EU-Kommission geforderte Aufstockung des mehrjährigen EU-Finanzrahmens. Im Gespräch sind 66 Milliarden Euro, um das langjährige EU-Budget 2021-2027 fit für die aktuellen Herausforderungen zu machen. Dabei geht es unter anderem um mehr Geld für den Wiederaufbau der Ukraine. "Wir haben der Ukraine viel Geld versprochen", so der EU-Parlamentarier.

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Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will jedenfalls bis Jahresende eine dauerhafte Finanzzusage für die Ukraine erreichen. "Schon beim Europäischen Rat Ende dieser Woche werden wir unseren gemeinsamen Willen zur finanziellen Unterstützung der Ukraine bekräftigen", sagte Scholz am Dienstag in Berlin. "Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir bis Ende des Jahres die konkreten Lösungen auf den Weg bringen", ergänzte er vermutlich mit Blick auf den EU-Gipfel im Dezember.

Diskussionen über die Asyl- und Migrationspolitik in der EU

Auch laut Beobachtern ist davon auszugehen, dass erst dann eine Aufstockung festgezurrt wird. Für diesen Gipfel ist eine politische Ausrichtung zu erwarten. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte zu den Aufstockungsplänen erklärt, die Verwendung bzw. Umschichtung schon vorhandener Mittel zu priorisieren. Auch Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) vertrat diese Ansicht am Dienstag bei einem Ratstreffen in Luxemburg. Bevor es nicht zu Umschichtungen kommt, werde man auch nicht über zusätzliche Gelder diskutieren.

Für Diskussionen wird auch die Asyl- und Migrationspolitik sorgen. Voraussichtlich wird diesmal aber kein Passus dazu in der Gipfelerklärung enthalten sein, da dieser wegen des Widerstands Ungarns und Polens bei den letzten beiden Europäischen Räten wieder gestrichen werden musste. Das Asyl- und Migrationspaket wird derzeit in Rat und Parlament verhandelt. Erklärtes Ziel ist, es noch vor den Europawahlen im Juni 2024 abzuschließen - aufgrund der sich zuspitzenden geopolitischen Lage wird eine gemeinsame EU-Asylpolitik mit einem gemeinsamen, funktionierenden Außengrenzschutz als immer wichtiger angesehen.

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Ein zum Abschluss tagender Euro-Gipfel befasst sich mit der Zukunft der Kapitalmärkte und der Vorbereitung für die Einführung eines digitalen Euros.

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