EU-Bremsmanöver vor einem harten Brexit

EU-Bremsmanöver vor einem harten Brexit
Die EU bereitet sich für das schlimmste Szenario vor – und ist dabei zunehmend uneinig

59 Tage noch bis zum Brexit: Und noch immer steht nicht fest, auf welchem Weg Großbritannien die EU verlassen wird. Dass es zu einem harten Brexit kommen könnte, also zu einem Ausstieg ohne ein Abkommen mit Brüssel, sorgt nun auch innerhalb der 27 EU-Mitgliedsstaaten für wachsende Unruhe.

„Was immer das Parlament in London am Dienstag entscheidet, wird sicher nicht der große Durchbruch werden“, befürchtet ein EU-Diplomat. Und so treiben die EU-Staaten gemeinsam mit der Kommission ihre Notfallpläne für das Szenario eines harten Brexits weiter voran.

Und dabei steigen die EU-internen Spannungen. So etwa soll der Flugverkehr zwischen Großbritannien und dem Rest der EU zumindest bis Anfang 2020 reibungslos weiter verlaufen.

Schwierig aber wird es bei Flügen innerhalb der EU-27. British Airways etwa kann zwar von London nach Wien fliegen, aber von dort nur noch zurück – und nicht etwa weiter nach Paris oder Madrid. Ähnlich geht es allen anderen Fluglinien, die ab dem Brexit-Tag mehrheitlich nicht mehr in EU-Besitz sind.

Easyjet entging dem Problem, indem die Billigfluglinie ihren Sitz nach Wien verlegte.

EU-Bremsmanöver vor einem harten Brexit

Einige Staaten drängen deshalb auf ein besseres Angebot – was wiederum die Kommission in Brüssel ablehnt. Ähnlich ist die Lage bei der Luftfracht: Belgien und Luxemburg wollen britischen Gesellschaften den Transport von Luftfracht erlauben, Polen und Deutschland sind skeptisch. Morgen, Mittwoch wird darüber in Brüssel weiter verhandelt.

Die Schwierigkeit dabei: Unbedingt soll der Eindruck vermieden werden, dass die EU-Notfallspläne zu großzügig ausfallen. Denn dann, so jubelten britische Medien bereits in der Vorwoche, sei das mühsam ausverhandelte EU-Austrittsabkommen, ohnehin gar nicht mehr notwendig.

„Der Preis dafür, kein Abkommen zu haben, muss sehr hoch sein“, lautet die Meinung in Brüssel. Der eigene, europäische Schaden soll möglichst gering gehalten werden, den Briten will man aber dabei nicht zu sehr entgegenkommen. Überdies sollen alle Notfallmaßnahmen nur bis Anfang nächsten Jahres gelten.

Spezielle Interessen

Doch je näher das Austrittsdatum 29. März rückt, desto wichtiger werden die speziellen Interessen einzelner Staaten. Frankreich etwa pocht darauf, dass britische Lkw auch nach einem harten Brexit innerhalb der EU-Staaten Frachten transportieren dürfen.

Das Argument der Regierung in Paris: Würden britische Lkw nur zwischen Insel und Kontinent hin und retour fahren, würden die Transportwege über den Ärmelkanal noch mehr belastet. Polen und Rumänien sprechen sich auch für Lockerungen aus.

Dagegen aber verwahren sich andere EU-Staaten und warnen: Die Einheit und Disziplin der EU-27-Staaten müsse unbedingt gewahrt blieben. „Mini-Deals“ zwischen London und einzelnen Staaten dürften nicht möglich werden.

An einem Strang ziehen die 27-Staaten bei der Visafreiheit: Auch im Fall eines harten Brexit sollen Briten weiter ohne Visum in die EU einreisen dürfen. Dafür aber erwartet Brüssel, dass auch Großbritannien weiterhin Bürger aus allen EU-Staaten ohne Visum einreisen lässt.

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Das britische Parlament in Westminster

Erasmus-Studenten

Aufatmen können vorerst auch Erasmus-Studenten. Sollten sie sich derzeit in Großbritannien aufhalten, werden sie auch im Fall eines harten Brexit bis Semesterende weiter unterstützt. Diese Maßnahme soll morgen in Brüssel beschlossen werden. Bis zum britischen Referendum 2016 war Großbritannien das beliebteste Zielland innerhalb der EU für Erasmus-Studenten.

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