Ermittlungen gegen Chef der prokurdischen Partei HDP

Selahattin Demirtas
Laut Staatsanwaltschaft werde geprüft, ob der Oppositionspolitiker Selahattin Demirtas in einer Rede am Donnerstag Staatschef Erdogan beleidigt habe.

Die türkische Staatsanwaltschaft hat neue Ermittlungen gegen den Vorsitzenden der prokurdischen Partei HDP, Selahattin Demirtas, eingeleitet. Es werde geprüft, ob der Oppositionspolitiker in einer Rede am Donnerstag Staatschef Recep Tayyip Erdogan beleidigt habe, teilte die Staatsanwaltschaft in Diyarbakir mit.

Demirtas hatte in der Rede die am Dienstag erfolgte Festnahme der beiden Bürgermeister der Kurdenmetropole im Südosten der Türkei öffentlich verurteilt.

Verbindungen zu "Terroristen"

Ankara wirft den Bürgermeistern Gültan Kisanak und Firat Anli vor, Verbindungen zu "Terroristen" zu haben, womit Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gemeint sind. Sie sollen zudem zu Gewalt aufgerufen und Forderungen nach mehr Autonomie für die Kurden unterstützt haben. Außerdem sollen sie städtische Fahrzeuge für Begräbnisse von getöteten PKK-Mitgliedern zur Verfügung gestellt haben.

Im Oktober 2014 waren österreichische Abgeordnete (SPÖ-Klubobmann Peter Schieder, die Grün-Abgeordnete Berivan Aslan, ÖVP-Menschenrechtssprecherin Elisabeth Pfurtscheller und Nikolaus Kunrath von den Wiener Grünen) anlässlich einer Reise ins türkische Kurdengebiet in Diyarbakir mit Bürgermeisterin Gültan Kisanak zusammengetroffen.

Die PKK wird von der türkischen Regierung als Terrororganisation eingestuft. Diyarbakir wird immer wieder von Kämpfen zwischen türkischen Sicherheitskräften und PKK-Anhängern erschüttert. Die Festnahme der beiden Bürgermeister löste in Diyarbakir am Mittwoch heftige Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei aus.

Demirtas forderte Beweis

Demirtas forderte am Donnerstag in einer Rede vor dem Rathaus einen Beweis für die angeblichen Verbindungen der beiden zu "Terroristen". Die Staatsanwaltschaft müsse beweisen, dass auch nur "ein Cent" an die PKK gegangen sei. Niemand könne den kurdischen Stadtverwaltungen vorwerfen, "Waffen, Terror und Gewalt" zu unterstützen. "Das sind alles Lügen", sagte der HDP-Vorsitzende.

Bei ihren Ermittlungen will die Staatsanwaltschaft nun prüfen, ob Demirtas in der Rede zum "Verstoß gegen Gesetze" aufgerufen, Kriminelle unterstützt, den türkischen Staat und seine Justizbehörden verunglimpft sowie den Präsidenten beleidigt habe.

Ermittlungen laufen gegen Abgeordnete

Die türkische Regierung wirft der linksliberalen HDP vor, der politische Arm der PKK zu sein, was die HDP zurückweist. Gegen etliche HDP-Abgeordneten, darunter auch Demirtas und die HDP-Ko-Vorsitzende Figen Yüksedag, laufen bereits Ermittlungsverfahren. Um gegen sie ermitteln zu können, hatte das türkische Parlament im Mai auf Wunsch der Regierung die Immunität vieler Oppositionsabgeordneter aufgehoben.

Die türkische Regierung hatte im September auch 28 gewählte Bürgermeister abgesetzt. 24 von ihnen wurden wegen mutmaßlicher Kontakte zur PKK aus dem Amt entfernt, die vier übrigen wegen Verbindungen zur Gülen-Bewegung. Die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen wird von Erdogan für den gescheiterten Militärputsch Mitte Juli verantwortlich gemacht.

Die türkische Armee meldete unterdessen Erfolge im Kampf gegen die PKK. In den Provinzen Hakkari, Sirnak, Diyarbakir, Siirt, Bitlis, Bingöl und Batman seien zwischen dem 20. und 26. Oktober "105 Terroristen neutralisiert" worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag unter Berufung auf die Streitkräfte. Mit "neutralisiert" meinen die türkischen Behörden "kampfunfähig machen", was meist töten bedeutet, aber auch verletzen oder gefangen nehmen heißen kann.

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