Erdogan ist als Schattengast in Wien

Turkey's Prime Minister Tayyip Erdogan addresses members of parliament from his ruling AK Party (AKP) during a meeting at the Turkish parliament in Ankara June 18, 2013. REUTERS/Stringer (TURKEY - Tags: POLITICS)
Spindelegger lädt auch heuer wieder EU-Granden zum Kongress der Europäischen Volkspartei nach Wien ein.

Ein Großaufgebot christdemokratischer und konservativer Spitzenpolitiker kommt am Donnerstag auf Einladung von Vizekanzler Michael Spindelegger nach Wien.

Es ist der jährlich stattfindende Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) und für ÖVP-Chef Spindelegger eine Wahlkampfunterstützung. 13 EU-Regierungschefs, drei Vize-Premiers, etliche Minister und Parteiführer werden offiziell über die Krise und den Kampf gegen die Rekordarbeitslosigkeit reden, das ist das europäische Pflichtprogramm.

Die zentrale Botschaft: Europa ist noch nicht über dem Berg, es muss weitergespart und -konsolidiert werden. Kleine und mittlere Unternehmen gehören unterstützt, sie schaffen Jobs.

Viel spannender ist das inoffizielle Programm, die Auseinandersetzung mit dem Schattengast, dem türkischen Premier Recep Tayyip Erdoğan, und seiner Drohung, die Armee gegen friedliche Demonstranten einzusetzen. Die Regierungspartei AKP hat einen Beobachterstatus in der EVP.

Erdoğan ist eingeladen, kommt aber nicht. Eine Rolle spielt er allemal. Manche Teilnehmer schließen nicht aus, dass die Türkei zum Hauptthema beim EVP-Gipfel im Kursalon Hübner wird. Vom Suspendieren des Beobachterstatus bis zum definitiven Abbruch der Beitrittsverhandlungen reichen die Positionen innerhalb der EVP.

Spindelegger hat sich klar geäußert: Er ist „entsetzt“ über das Verhalten Erdoğans gegenüber der Zivilgesellschaft und verlangt von der EU, Klartext mit der Türkei zu reden. EVP-Vizepräsident, Regionalkommissar Johannes Hahn, will die EU-Beitrittsverhandlungen nicht kappen. „Gesprächsbrücken soll man nie abbrechen.“

Der Druck innerhalb der EVP ist enorm. Die von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (sie kommt erst um 15.00 Uhr an) vertretene Idee einer „privilegierten Partnerschaft“ anstatt der Vollmitgliedschaft bekommt angesichts der jüngsten Vorfälle in der Türkei wieder Auftrieb. Sie ist seit Jahren konsequent gegen einen Vollbeitritt der Türkei und hat das Erdoğan auch immer offen gesagt.

Auf eine Kopfwäsche muss sich auch Ungarn-Premier Viktor Orbán gefasst machen. Seine Regierung liegt ja im Dauerclinch mit der EU-Kommission. Zum vierten Mal musste seine Regierung nach EU-Intervention die Verfassung ändern.

Die EVP wird die Gelegenheit nicht verschlafen, auch die sozialdemokratisch dominierte bulgarische Regierung von Plamen Orescharski zu kritisieren, die den umstrittenen Medienmogul Deljan Peewski zum Geheimdienstchef machte. Die Berufung wurde nach Protesten gestern zurückgezogen.

In den vielen vertraulichen Gesprächen in Wien werden auch die Weichen für die EU-Wahl 2014 gestellt. Ein Spitzenkandidat wird noch nicht gekürt, doch es gibt eine bemerkenswerte Entwicklung. Kommissionspräsident José Manuel Barroso – er ist auch beim EVP-Treffen – hat Interesse angemeldet, für eine dritte Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Dafür muss er Spitzenkandidat der Konservativen in Portugal werden. Einen Vorteil hat Barroso: Sein Gesicht kennt man in der EU. Neben Barroso rittern Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier und Kommissarin Viviane Reding um den Top-Job.

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