Erdogan fordert Griechenland auf, Migranten durchzuwinken
Auf Social Media kursiert ein Video, das insinuiert, dass Migranten Unterstützung vom türkischen Militär bekommen, um die griechische Grenze zu überwinden. Aufnahmen sollen etwa zeigen, wie ein Überwachungsfahrzeug versucht, den NATO-Stacheldraht-Zaun einzureißen.
Sollte der NATO-Staat Türkei tatsächlich mithilfe militärischen Geräts versuchen, den griechischen Grenzzaun zu überwinden, könnte das ein völkerrechtlicher Verstoß sein. Die Authentizität des Videos konnte bisher allerdings nicht bestätigt werden, beziehungsweise sind die Aufnahmen zu unklar, um endgültige Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan fordert Griechenland indes auf, Migranten an der gemeinsamen Grenze in Richtung anderer EU-Länder durchzulassen.
"Hey Griechenland, diese Menschen kommen nicht zu dir und bleiben, sie kommen zu dir und gehen in andere Länder Europas. Warum stößt du dich daran?", sagte Erdogan am Sonntag auf einer Veranstaltung anlässlich des Weltfrauentags in Istanbul.
Propagandaschlacht
"Mach du doch auch die Tore auf!", sagte Erdogan weiter an Griechenland gerichtet. Zugleich kritisierte Erdogan das Nachbarland scharf und warf Griechenland vor, Migranten, die es in die EU geschafft haben, unrechtmäßig in die Türkei zurückzuschicken, zu "schlagen", zu "töten" und zu "foltern". Niemand erhebe die Stimme gegen solch unmenschliche Aktionen, kritisierte Erdogan. Das Gegenteil sei der Fall, Griechenland werde sogar noch unterstützt.
Nach türkischen Angaben war am vergangenen Mittwoch ein Migrant von griechischen Sicherheitskräften erschossen worden. Auch vergangenen Montag soll ein Migrant an der türkisch-griechischen Grenze getötet worden sein. Griechenland wies das entschieden zurück.
Erdogan hatte vor rund einer Woche erklärt, die Grenzen in die EU seien für Flüchtlinge und andere Migranten geöffnet. Daraufhin machten sich Tausende Menschen auf den Weg zur griechischen Grenze, wo noch immer viele von ihnen ausharren. Griechenland drängt die Migranten immer wieder auch mit dem Einsatz von Tränengas zurück.
Brüssel-Reise
Zur Entschärfung des Migrationsstreits mit der EU reist Erdogan am Montag zu Gesprächen nach Brüssel. Dort werde er um 18 Uhr EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel treffen, teilte dessen Sprecher am Sonntag auf Twitter mit und bestätigte damit Medienberichte.
Bei den Gesprächen werde es unter anderem um den Flüchtlingspakt von 2016 und die Situation im Bürgerkriegsland Syrien gehen, sagte Erdogan. Er hoffe, dass sein Land mehr Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft erhalte, fügte er hinzu. Der staatliche türkische Sender TRT und die deutsche Zeitung Die Welt hatten bereits am Samstag berichtet, Erdogan wolle am Montag nach Brüssel reisen.
Die EU sei prinzipiell zu "weiteren Finanzhilfen zur Unterstützung der Flüchtlinge in der Türkei" bereit, sagte EU-Budgetkommissar Johannes Hahn. Diese würden jedoch "deutlich geringer" ausfallen als im bisherigen EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei.
Waffenruhe in Idlib hält nicht
Die von Russland und der Türkei ausgehandelte Waffenruhe für das letzte große Rebellengebiet in Syrien um die Stadt Idlib ist nach Angaben von Aktivisten brüchig. Truppen der syrischen Regierung von Präsident Bashar al-Assad hätten mehrere Dörfer in der Provinz angegriffen.
Nach schwerem Beschuss durch Rebellen am Sonntag habe die Armee sich wieder zurückgezogen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Allgemein herrsche "angespannte Ruhe" in der Region.
Lesbos: "Müssen sofort handeln"
Nach einem Besuch in dem völlig überfüllten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat die stellvertretende Klubobfrau der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, ein "sofortiges Handeln" gefordert. Die Zustände, vor allem für Kinder, seien "verheerend", sagte Ernst-Dziedzic am Sonntag gegenüber der APA.
"Wir müssen unbedingt handeln, wie das dann konkret aussehen wird, ist eine Frage des demokratischen Konkurses." Es gehe nicht nur um Evakuierungen, vor allem brauche es finanzielle Mittel - und die müssten "gut investiert" werden, betonte die Grüne Nationalratsabgeordnete.
Bisher sind laut offiziellen Angaben mehr als sechs Millionen Euro in das Flüchtlingslager geflossen. Man müsse hinterfragen, wohin dieses Geld fließe, so Ernst-Dziedzic. Sie befürworte zwar Grenzschutz, doch wenn die Mittel nicht auch der humanitären Unterstützung zu Gute kommen, "dann sollten wir aufschreien".
Moria besteht seit 2015 und beherbergt derzeit laut Schätzungen 23.000 Menschen, obwohl es nur für wenige Tausend ausgerichtet ist. Hilfsorganisationen machen seit langem auf die prekären Zustände aufmerksam.
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