Ein paar hundert Meter unter ihm liegt der umstrittene Frachtkahn Bibby Stockholm; ein längliches, kastenförmiges Schiff exakt an jener Stelle, an der bis 2006 das Gefängnis-Schiff Weare angedockt war. Von der Anhöhe kann man Männer in neongelben Westen am Steg vor dem Schiff ausmachen; sie dürften finale Checks durchführen; in den nächsten Tagen sollen die ersten von 500 männlichen Asylwerbern einziehen.
Insgesamt möchte die britische Regierung bis Herbst 3.000 Geflüchtete auf Booten und ehemaligen Militäranlagen unterbringen. Es ist der Versuch, eine kostengünstigere Unterbringung von Asylsuchenden zu realisieren. Derzeit leben rund 51.000 Geflüchtete in Hotels. Das kostet dem britischen Steuerzahler 6,9 Millionen Euro pro Tag.
Der Aufschrei in Portland war groß. Immer wieder wurden in den jüngsten Wochen Demonstrationen und Protestmärsche organisiert.
Besorgte Bewohner
„Wir sind nicht rassistisch“, möchte die Britin Sue beim KURIER-Lokalaugenschein klarstellen. „Aber was machen 500 junge Männer hier?“ Portland ist eine abgelegene Halbinsel; im Hafen gibt es eine Burg, ein Museum, eine Handvoll Pubs. Es gibt keine Shops, kaum hippe Cafés. „Es gibt nichts für sie zu tun hier“, ergänzt ihr Mann Nick.
Ein wenig haben sie Sorge, die Neuankommenden könnten das Gesundheitssystem überlasten. „Es gibt jetzt schon keine Möglichkeit, einen Termin beim Arzt zu bekommen.“ Denn für die rund 13.000 Bewohner gibt es zwei Arztpraxen. Und ein bisschen stößt ihnen auch der angekündigte Shuttleservice in den nahen Badeort Weymouth auf. „Es gibt viele junge Mütter, die sich so etwas wünschen würden.“
Andere Bewohner äußern ähnliche Sorgen; viele wollen ihre Namen nicht nennen. „Ich habe Sorge, dass es auf mich zurückfällt“, sagen sie immer wieder, schütteln den Kopf, aber glücklich seien sie nicht. Matthew Gorden sieht es ein wenig gelassener: „Wir können ja eh nichts machen, warten wir mal ab, wie es wird.
Auch Barry Lovejoy hat anfangs demonstriert. „Ein Schiff ist einfach kein Ort zum Leben. Das ist unmenschlich, es grenzt aus.“ Lovejoy ist Leiter der „Bridport Refugee Support Campaign“ und hat vor einem Jahr geholfen, ein Zuhause für eine Flüchtlingsfamilie zu finden. „Aber nachdem das Schiff nun da ist, haben wir unsere Kampagne geändert: Wir wollen die Geflüchteten willkommen heißen.“ Und so ist er nun auf der Suche nach Freiwilligen, die den Männern als erste Ansprechpartner zur Verfügung stehen könnten.Auch die Kunstorganisation B-Side will helfen. „Wir verstehen die Ängste der Bevölkerung und möchten gerne Brücke für Anrainer und Asylsuchenden sein.“ Im Oktober starten sie ein Kunst-Projekt mit dem Titel „Who do we think we are“ (dt. Für wen halten wir uns eigentlich), mit einem Fokus auf Zugehörigkeit und Migration. „Wir planen das seit Jahren“, sagt Galerie-Direktorin Rocca Holly-Nambi.
„Es ist fast surreal, wie gut es in die aktuelle Debatte passt.“
Journalist Geoff Moore wird am Donnerstag jedenfalls wieder den Gastgarten des Jailhouse Café aufsuchen. Dann könnten die ersten Geflüchteten ankommen.
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