EU-Energieministertreffen: Rufe nach Markteingriffen aus Österreich

EU-Energieministertreffen: Rufe nach Markteingriffen aus Österreich
SPÖ, ÖVP, AK und WKÖ fordern Reformen zur Regulierung von Strom- und Gaspreisen.

Schon im Vorfeld des heutigen Treffens der EU-Energieminister mehrten sich in Österreich Forderungen, in den Energiemarkt einzugreifen. Entsprechende Rufe kamen aus den Reihen von SPÖ und ÖVP sowie von Arbeiterkammer (AK) und Wirtschaftskammer (WKÖ). Der Umweltschutzorganisation Greenpeace sowie dem Fachverband der chemischen Industrie (FCIO) gehen die seitens der EU diskutierten Lösungen indes nicht weit genug.

Die SPÖ pocht auf einen Eingriff in die Marktmechanismen. "Europa muss handeln, sonst lösen die weiter steigenden Energiepreise einen sozial- und wirtschaftspolitischen Tsunami aus", so SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried. Es brauche vorübergehend europaweite Höchstpreise für Strom und Gas, die politisch festgelegt werden. Von Energieministerin Leonore Gewesser (Grüne) vermisse er "einen konkreten Plan", wie die Preise sinken können.

Auch für die Arbeiterkammer (AK) sind "Markteingriffe alternativlos", wie Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung mitteilte. Bereits jetzt seien die enormen Energiepreise eine Belastung für Konsumenten, Gewerbe und Industrie. "Wenn hier nicht rasch gegengesteuert wird, wird sich die Situation aber noch verschlimmern." Auf rasche und konkrete Lösungen drängt der Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), Harald Mahrer. Er fordert "eine gezielte, befristete Anpassung der Preisbildung an den Strommärkten, also eine Entkoppelung von Strom- und Gaspreis." Nur ein Eingriff, der direkt die Preise senkt, entlaste Unternehmen und Haushalte gleichermaßen.

Auch der Generalsekretär der ÖVP-Teilorganisation Wirtschaftsbund, Kurt Egger, forderte "endlich ein neues Marktdesign das den Strompreis wieder vernünftig definiert". Der Gaspreis dürfe nicht länger den Strompreis festlegen. Bis aber auf EU-Ebene Maßnahmen greifen, müssten heimische Betriebe auf nationaler Ebene "rasch und effizient unterstützt werden". Sonst seien viele Betriebe in ihrer Existenz gefährdet.

Greenpeace Österreich schreibt von der "toxischen Abhängigkeit von Öl und Gas". Um nicht nur die Symptome der aktuellen Energiekrise zu behandeln, fordert Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich einen vollständigen Ausstieg aus fossilen Energien, massive Investitionen in die Gebäudesanierung und die Reduktion des exzessiven Energieverbrauchs. Der Fachverband der chemischen Industrie (FCIO) schreibt in einer Aussendung, die bisherigen Vorschläge der EU-Kommission zum Eindämmen des Strompreises seien nicht ausreichend. Insbesondere die angedachte Abschöpfung von Zufallsgewinnen "behandelt maximal halbherzig die Symptome", so Fachverbandsobmann Hubert Culik.

Lagarde: Regierungen und nicht EZB sollten Energiefirmen unterstützen

Die Regierungen und nicht die Zentralbanken sollten aus Sicht von EZB-Präsidentin Christine Lagarde angesichts der Turbulenzen auf den Energiemärkten strauchelnden Versorger-Unternehmen unter die Arme greifen. "In diesem gegenwärtigen sehr volatilen Umfeld ist es wichtig, dass fiskalische Maßnahmen umgesetzt werden, um solvente Energiemarkt-Teilnehmer mit Liquidität zu versorgen, vor allem Versorger-Unternehmen", sagte Lagarde in Prag nach einem Treffen der Eurogruppe.

Solche Schritte seien etwa von Schweden und Finnland eingeleitet worden. Die Europäische Zentralbank (EZB) und die nationalen Notenbanken der Euroländer stünden natürlich bereit, um Liquidität bereitzustellen. "Für Banken und nicht für Energieversorger-Firmen", fügte sie hinzu.

Zuletzt hatte es Überlegungen gegeben, neben den Regierungen könnten möglicherweise auch die Notenbanken eine Aufgabe übernehmen, um in Liquiditätsengpässe geratene Versorger-Unternehmen zu stützen. Solche Wünsche hatte es Zeitungsberichten zufolge beispielsweise aus den Reihen der European Federation of Energy Traders (EFET), einem Handelsverband von Energiefirmen, gegeben. In Deutschland war am Freitag bekannt geworden, dass der ostdeutsche Gaskonzern VNG wegen der explodierenden Gaspreise Hilfe vom Staat benötigt.

Lagarde merkte zudem an, dass eine Verwässerung der aufsichtlichen Anforderungen für Clearing-Häuser und Derivate-Gegenparteien auf den Energiemärkten vermieden werden sollte. Solche Häuser sind zwischengeschaltete Instanzen bei Transaktionen, mit denen das Risiko eines Ausfalls von Käufer oder Verkäufer minimiert werden soll. Diese Finanzmarktakteure haben daher eine Schlüsselfunktion inne für das reibungslose Funktionieren der Märkte.
 

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