Was will der "heilige Elon" in der Ukraine?

Was will der "heilige Elon" in der Ukraine?
Er postet Friedenspläne, telefoniert mit dem Kreml und will der Ukraine "sein" Internet abdrehen: Der reichste Mann der Welt hat mehr Einfluss auf den Krieg als vielen lieb ist. Warum eigentlich?

Eigentlich galt Elon Musk in der Ukraine  als Held. „Heiliger Elon“ nannten sie ihn im ukrainischen Militär halb im Spaß; warum, ist leicht zu verstehen: Seinetwegen können  Soldaten  und Bevölkerung nämlich nach wie vor miteinander kommunizieren. Nur zwei Tage  nach der russischen Invasion stellte der Tech-Milliardär dem Land sein Starlink-System zur Verfügung –  ein Satellitensystem, das auch Gebiete mit Internet und Mobilfunknetz versorgt, deren Infrastruktur von den Russen zerstört wurde.

Diese Liebe  ist nun allerdings Geschichte. Nicht nur, dass Musk seit Kurzem öffentlich die Idee gewälzt hat, das System wieder abzudrehen, da es ihn, den reichsten Mann der Welt,   enorm viel koste. Er postete auf Twitter auch einen Friedensplan für die Ukraine, der in Moskau wohl für  höchst zufriedene Gesichter gesorgt haben dürfte. Darin schlug er vor, dass die Krim doch besser bei Russland bleiben solle („das war Chruschtschows Fehler“, so sein Argument) und dass die Menschen im Donbass doch abstimmen sollten, ob sie lieber zu Russland oder zur Ukraine gehören wollten. 

Putins Laufjunge

Warum macht Musk das? Nur, weil er gern polarisiert und verstört?

Freilich, an sich ist es  nicht ungewöhnlich, dass Prominente sich politisch äußern. Viele machen das, manche sattelfester, manche erratischer. Nur: Musk ist nicht irgendwer. Er hat 109 Millionen Follower auf Twitter, und was der 51-Jährige macht, hat mittlerweile nachhaltige Wirkung – auf die Politik der USA und den Krieg selbst. 

Eine Vermutung lautet: Musk, ein Mann mit großem Ego, lässt sich schlicht benutzen. So gab es kürzlich Berichte, dass er vor dem umstrittenen Tweet mit Kremlchef Putin persönlich telefoniert habe, sich quasi von ihm einlullen habe lassen. Das dementierte Musk lange gar nicht, später nur halbherzig. Fiona Hill, ehemalige Sicherheitsberaterin von Donald Trump und ein der ausgewiesensten Russland-Expertinnen, glaubt durchaus an eine Interaktion mit dem Kreml:  „Putin spielt mit den Egos großer Männer, gibt ihnen das Gefühl, dass sie eine Rolle spielen können“, sagt sie in Politico. „Aber in Wahrheit sind sie nur die Überbringer von Putins Botschaften."

Musk, ein nützlicher Idiot Putins also? Experten wie Laura Thornton vom German Marshall Fund können damit durchaus etwas anfangen. Musks Einmischungen hätten „die Kreml-Perspektive zurück in der US-Politik gebracht“,  schreibt sie. Das verfange vor allem bei jenen Republikanern, die Joe Bidens milliardenschwere Waffen ja ohnehin kritisieren.  

Eine andere Vermutung: Musk gehe es wohl nur ums eigene Geld und wirtschaftlichen Einfluss gehe. Denn dass  Milliardäre und selbst ernannte Philantropen aus Tech-Szene  in der Politik mitmischen, ist nicht neu – siehe Peter Thiel, Sebastian Kurz’ Arbeitgeber, der rechte Hardliner finanziert.  Bisher fand das aber hauptsächlich in der US-Innenpolitik statt; an der Außenpolitik zeigte der  Silicon Valley bisher kaum Interesse.#

Eine Frage des Geldes

Dass das so sein könnte, legt auch ein Blick in die Starlink-Finanzierung nahe. Musk hat nämlich nicht das ganze System finanziert, sondern Kiew nur die Grundgebühr erlassen. Die 25.000 Empfangsgeräte, die in der Ukraine verwendet werden, haben zum Gros die USA, Polen und Frankreich bezahlt; und viele Ukrainer, die das Service nutzen, zahlen selbst dafür. Das flog Musk zuletzt auf Twitter auch um die Ohren – ebenso wie die Tatsache, dass Starlink jüngst massenhaft Ausfälle verzeichnete.

Musk jedenfalls dürfte das Verwirrspiel an sich gefallen. Nachdem die  EU nun verunsichert berät,  ob man die  Kosten nicht übernehmen könnte, hat er die Pläne, Starlink abzudrehen, wieder revidiert – zumindest für die nächsten Tage.

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