Dmitrij Medwedew: Früher Putins Biedermann, jetzt sein Brandstifter
Die Ukraine eine „Missgeburt“, die von allen Landkarten getilgt werde. Die EU-Spitze eine „Ansammlung Verrückter“. US-Präsident Joe Biden ein „dementer Opa“.
Wenn man dem Dmitrij Medwedew von heute zuhört, kann man sich kaum mehr vorstellen, dass dies derselbe Mann ist, der 2010 gemeinsam mit Barack Obama Burger aß und sich von Steve Jobs das iPhone 4 erklären ließ. Damals blickte der Westen voller Hoffnung auf den angeblichen Reformer, das neue Gesicht Russlands.
Heute hört man dem russischen Ex-Präsidenten (2008 – 2012) und jetzigen Vize-Chef des Sicherheitsrats mit Schaudern zu, wenn er der Ukraine – mittlerweile inflationär – mit Atomschlägen droht. Denn während Staatschef Wladimir Putin derartige Angriffe meist nur verklausuliert ins Spiel bringt, wenn er etwa vom Einsatz „aller verfügbaren Waffensysteme“ spricht, nennt Medwedew sie beim Namen. Und wird damit verlässlich von Medien im In- und Ausland zitiert.
Ein großer Opportunist
Warum macht er das? „Medwedew ist gänzlich von der Kooperation mit Putin abhängig. Er sagt nichts, was Putin nicht erlaubt hat“, sagt Russlandexperte Gerhard Mangott, „Medwedew dient Putin, um scharfe Meldungen abzusetzen“. Er fungiere als Kriegshetzer, damit der Kremlchef sich nicht selbst exponieren müsse, und „er steckt die Schelte für ihn ein“.
Die beiden verbindet auch eine lange gemeinsame Geschichte. Schon in St. Petersburg, wo Putin als Vizebürgermeister ein Netzwerk aus KGB-Veteranen und Günstlingen aufbaute, war der damals gerade 30-Jährige sein Rechtsberater; er stammt im Gegensatz zum Arbeiterkind Putin aber aus einem Akademiker-Haushalt. Anders als Putin, der sich oberkörperfrei beim Reiten ablichten ließ, sprach Medwedew darum zu Beginn seiner Karriere lieber über seine Herzenslektüre – Dissidentenliteratur.
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