Einstige EU-Kritikerin Meloni reiste als Erstes nach Brüssel

Einstige EU-Kritikerin Meloni reiste als Erstes nach Brüssel
Italiens Regierungschefin bei den EU-Spitzen: Meloni hofft auf den baldigen Fluss der versprochenen EU-Milliarden nach Italien

Von neuen österreichischen Regierungschefs ist man das gewohnt – ihre erste Auslandsreise führt stets nach Brüssel, ins Herz der Europäischen Union. Doch dass auch Giorgia Meloni, Chefin der rechts-nationalischen Fratelli d’Italia, am Donnerstag diesen Weg einschlug, überraschte in der europäischen Hauptstadt so manchen. Galt doch die neue italienische Regierungschefin bis vor Kurzem als lautstarke Kritikerin der EU.

Doch kaum im Amt, vollzieht die erste Premierministerin in der Geschichte Italiens offenbar einen pragmatischen Richtungswechsel. Die EU soll kein Gegner mehr sein, sondern ein Verbündeter

: „Italien ist voll und ganz Teil des Westens, seines Bündnissystems, Gründungsstadt der Europäischen Union, der Eurozone und der Atlantischen Allianz“, versicherte Meloni in ihrer ersten programmatischen Rede im römischen Parlament. Italien wolle die europäische Integration nicht sabotieren, sondern dazu beitragen, dass die EU wirksamer auf Krisen reagiere.

EU-Geldtöpfe

Einstige EU-Kritikerin Meloni reiste als Erstes nach Brüssel

Meloni beim Treffen mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (r.)

Haben also EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola Donnerstagnachmittag eine geläuterte, plötzlich europafreundliche Giorgia Meloni getroffen? Die freundlichen Töne der rechten Regierungschefin, deren Partei eine Nachfolgerin der italienischen Postfaschisten ist, dürften eher der Gewissheit geschuldet sein, dass Italien von Brüssel Geld braucht. Sehr viel Geld. Insgesamt 170 Milliarden Euro aus dem EU-Corona-Wiederaufbaufonds liegen für das schwer verschuldete Italien parat.

Diese Auszahlung darf aus Sicht der 44-jährigen gebürtigen Römerin auf keinen Fall gefährdet werden. Konfrontation und EU-Kritik von der rechtsnationalen Regierungschefin sind daher vorerst abgesagt.

Im Gegenteil: Die diplomatische EU-Vertretung Italiens in Brüssel soll ausgebaut werden. Und auch in Richtung Südtirol, wo sich schon Sorgen wegen der Autonomie geregt hatten, schickte Meloni sofort beruhigende Töne.

Keine Hafeneinfahrt

Doch Meloni hat auch klare Erwartungen an Brüssel. Die Migrationspolitik müsse endlich neu geordnet werden, fordert die Regierungschefin. Das bedeutet aus ihrer Sicht eine noch eine viel engere europäische Zusammenarbeit beim Außenschutz der EU-Grenzen. Heuer sind nach Angaben des italienischen Innenministeriums bereits rund 85.000 Migranten in Süditalien nach Seefahrten über das Mittelmeer eingetroffen. Im Vergleichszeitraum 2021 waren es rund 54.000.

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Gestrandete Migranten in Italien

Derzeit warten fast 1000 gerettete Bootsmigranten auf drei ausländischen Schiffen vor der Küste Italiens auf einen sicheren Hafen, wo sie an Land gehen können. Doch der neue Innenminister, der parteilose Matteo Piantedosi, verweigert den Schiffen die Einfahrt in italienische Häfen.

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