Eine Million Katalanen protestierten für ihre Unabhängigkeit

Mega-Demo in Barcelona am 11. September 2017.
Separatisten erhöhen mit Massenprotest den Druck auf spanische Regierung, das für den 1. Oktober geplante Unabhängigkeitsreferendum zuzulassen.

Am Montag protestierten Hunderttausende Katalanen in Barcelona für ihr Recht auf Selbstbestimmung. Nach einer bewegenden Schweigeminute für die Opfer der islamistischen Terroranschläge von Barcelona und Cambrils am 17. August riefen die Menschen "Votarem" (Wir werden wählen) und "Independencia" (Unabhängigkeit).

Protest am Nationalfeiertag

Mit dem festlichen Massenprotest wollten Kataloniens Separatisten am katalanischen Nationalfeiertag (Diada) den Druck auf die spanische Zentralregierung erhöhen, das von der katalanischen Regionalregierung für den 1. Oktober geplante Unabhängigkeitsreferendum doch noch zuzulassen.

Eine Million Katalanen protestierten für ihre Unabhängigkeit
This handout picture released on September 11, 2017 by the Assemblea Nacional Catalana (Catalan National Assembly) shows an aerial view of people carrying a giant banner depicting a ballot box (top centre) and other ones reading in Catalan "Yes" and "Peace" (bottom) during a pro-independence demonstration, on September 11, 2017 in Barcelona during the National Day of Catalonia, the "Diada." Hundreds of thousands of Catalans were expected to rally to demand their region break away from Spain, in a show of strength three weeks ahead of a secession referendum banned by Madrid. The protest coincides with Catalonia's national day, the "Diada," which commemorates the fall of Barcelona in the War of the Spanish Succession in 1714 and the region's subsequent loss of institutions and freedoms. / AFP PHOTO / ASSEMBLEA NACIONAL CATALANA / ROSER VILALLONGA / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO/ ROSER VILALLONGA/ HANDOUT ASSEMBLEA NACIONAL CATALANA" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
"Heute haben über eine Million Katalanen ihren Wunsch bekräftigt, endlich über ihre Zukunft abstimmen zu können. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy wird sich nicht länger gegen die Durchführung des Volksentscheids stellen können" versicherte Enric Blanes, Sprecher der separatistischen Bürgerbewegung ANC, am Rande des Massenprotests gegenüber der APA.

Die ANC und andere Bürgerbewegungen brachten Unabhängigkeitsbefürworter mit fast 2.000 Bussen aus ganz Katalonien in die Mittelmeermetropole Barcelona. Tatsächlich dürfte Madrid den Massenprotest kaum ignorieren können. Pärchen, Jugendliche, ganze Familien füllten die Straßen rund um den zentralen Placa Catalunya. Die meisten trugen neongelbe T-Shirts mit einem großen, weißen "Si" - ein "Ja" für die Unabhängigkeit und das Recht auf einen Volksentscheid. Viele brachten Esteladas mit, Kataloniens Unabhängigkeitsflaggen.

Bereits seit vielen Jahren mobilisieren die ANC und andere Bürgerbewegungen zum Nationalfeiertag Unabhängigkeitsmärsche, an denen regelmäßig über 1,5 Millionen Menschen teilnehmen. Doch die spanische Zentralregierung ließ sich von den Massenprotesten nie beeindrucken. "Dieses Referendum wird nicht stattfinden", erklärt Ministerpräsident Rajoy stets gebetsmühlenartig.

Madrid strikt gegen Volksentscheid

Obwohl jüngste Umfragen davon ausgehen, dass die Unabhängigkeitsbefürworter mit knapp 41 Prozent keine Mehrheit erreichen würden, schließt Madrid einen solchen Volksentscheid kategorisch aus, will nicht einmal darüber verhandeln. Rajoy hat dabei die Verfassung auf seiner Seite. "Sie garantiert die territoriale Einheit Spaniens und verbietet die einseitige Unabhängigkeitserklärung einer Autonomie", so der spanische Verfassungsrechtler Javier Garcia Fernandez im APA-Gespräch.

"Wir werden die Mehrheit der Katalanen, die weiterhin Spanier bleiben wollen, nicht im Stich lassen. Dieses Referendum ist illegal", so Rajoy, der letzte Woche bereits vom Verfassungsgericht die Vorbereitung der Volksbefragung stoppen ließ.

So annulierten die Richter die Referendums- und Übergangsgesetze, welche vergangene Woche von der regierenden, separatistischen Mehrparteien-Allianz Junts pel Si (Gemeinsam für das Ja) mit ihrer Mehrheit im katalanischen Regionalparlament verabschiedet wurden. Zudem erstattete die Zentralregierung Strafanzeige gegen Kataloniens Ministerpräsidenten Carles Puigdemont, sämtliche Regierungsmitglieder und Kataloniens Parlamentspräsidentin Carme Forcadell.

Polizei durchsucht Druckereien

Schon seit Tagen durchsucht die spanische Polizei Druckereien auf der Suche nach Wahlzetteln und Urnen. Doch die katalanische Regionalregierung zeigt keine Angst. "Den Wunsch von Millionen Katalanen nach ihrem Selbstbestimmungsrecht kann Madrid weder mit Richtern noch Polizisten unterdrücken. Wir werden am 1. Oktober wählen", stellte Puigdemont am Montag vor ausländischen Journalisten klar.

Eine Million Katalanen protestierten für ihre Unabhängigkeit
People wave a giant 'Estelada' (pro-independence Catalan flag) as they gather during a pro-independence demonstration, on September 11, 2017 in Barcelona during the National Day of Catalonia, the "Diada." Hundreds of thousands of Catalans were expected to rally to demand their region break away from Spain, in a show of strength three weeks ahead of a secession referendum banned by Madrid. The protest coincides with Catalonia's national day, the "Diada," which commemorates the fall of Barcelona in the War of the Spanish Succession in 1714 and the region's subsequent loss of institutions and freedoms. / AFP PHOTO / LLUIS GENE
Doch die ersten Bürgermeister scheinen bereits vor dem Druck aus Madrid einzuknicken. Aufgrund strafrechtlicher Folgen überlegen vor allem die Bürgermeister größerer Städte wie Ada Colau in Barcelona, ob man entgegen des Verbots des Verfassungsgerichts Wahllokale für das Referendum zur Verfügung stellt.

Unterdessen steht für die Separatisten fest: Sollte sich am 1. Oktober die Mehrheit der 7,5 Millionen Katalanen für die Abspaltung von Spanien entscheiden, werde man innerhalb von zwei Tagen die Unabhängigkeit ausrufen und einen Übergangsprozess einleiten, der spätestens im Herbst 2018 in der kompletten staatlichen Eigenständigkeit enden soll. Der Konflikt am 1. Oktober ist also vorprogrammiert.

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