Frauen im Dschihad: Vom Mädchenzimmer an die Front

Frauen des "Islamic Jihad Movement"
Regeln und Rebellion: Was junge Frauen dazu antreibt, sich dem IS anzuschließen.

"Bedroom radicals" – Schlafzimmer-Radikale, so nennen Experten junge Frauen, die in ihren Zimmern vor dem PC zu Dschihad-Fans werden. Wie etwa Aqsa Mahmood, Tochter einer pakistanisch-stämmigen Familie aus einem noblen Vorort in Glasgow. Seit 2013 lebt sie in Syrien und schreibt auf ihrem Blog vom Leben als "Dschihadi-Frau" – und lockte junge Frauen nach Syrien, berichteten britische Medien.

Frauen im Dschihad: Vom Mädchenzimmer an die Front
Verena Fabris, Leiterin der Beratungsstelle Extremismus,
Eine bewährte Taktik, sagt Verena Fabris von der"Beratungsstelle Extremismus"in Wien gegenüber dem KURIER. "Es sind nicht immer die Männer, die Mädchen übers Netz zum Dschihad verführen. Besonders junge Frauen werden in der Online-Propaganda eingesetzt und sind darin sehr geschickt." Mädchen, die auf der Suche nach Identität oder Gemeinschaft sind und noch nicht wissen, wohin sie gehören, sind besonders anfällig, erklärt Fabris. "Einige sehnen sich nach klar definierten Rollen, die in der westlichen Gesellschaft zunehmend verschwinden. Und finden diese im Frauenbild der Extremisten: Sie wollen Ehefrau sein und Kinder großziehen." Daher entscheiden sich diese Mädchen, aus Europa wegzugehen. Zehn bis Zwanzig Prozent aller Ausreisenden nach Syrien oder in den Irak sind weiblich, berichtet Fabris.

Wunsch nach Strukturen

Ein weiteres Motiv, sich dem IS anzuschließen ist, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Dazu kommt der Wunsch nach Regeln, der sei bei beiden Geschlechtern groß, sagt die Expertin. "Es sind nicht nur Kinder- und Jugendliche, die aus schwierigen und ökonomisch schwachen Verhältnissen stammen. Manche kommen aus liberalen Elternhäusern und sehnen sich nach einer festen Struktur." Andere junge Frauen ziehen wiederum in den Dschihad, um sich von den patriarchalen Strukturen, in denen ihre Brüder mehr dürfen als sie, zu "befreien", erklärt Fabris. "Denn im Salafismus gelten Einschränkungen für alle Geschlechter." Vielen ginge es auch um Gerechtigkeit für Muslime, die in ihren Augen in Europa geächtet werden, "was der IS gezielt schürt".

Und manchmal, sagt Fabris, geht es – egal, ob Mädchen oder Burschen – nicht um Religion, sondern um Rebellion. "Allahu Akbar-Rufe haben mehr Wirkung als ein Tattoo oder Piercing. Es gibt ihnen das Gefühl, gesehen oder gehört zu werden."

Mehr Infos unter: www.beratungsstellextremismus.at; Helpline: 0800 2020 44

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