Krieg über Grenze tragen
Die technischen Möglichkeiten, die Stadt und den Flugplatz zu erreichen, hätte die Ukraine jedenfalls, sagt Militärexperte Markus Reisner. Ob die Attacke tatsächlich von der Ukraine aus oder von Saboteuren vor Ort durchgeführt wurde, ist ungeklärt. Es ist aber auch unerheblich, ebenso wie die Tatsache, dass die Attacke militärisch nicht von großer Bedeutung ist, denn neben den vier verbrannten Iljuschin-Frachtern hat Russland noch mehr als 120 weitere.
Der Zweck sei ein anderer, sagt Reisner: „Die Ukraine will damit den Krieg nach Russland tragen“, die Bevölkerung auch in weit entfernten Regionen verunsichern. Man will ihr das Gefühl geben, Russland könne sein Territorium nicht schützen – eine Mission, die geglückt ist, siehe Solowjew. Zudem schaffe die Ukraine „Momentum“, sagt Reisner: „Die Offensive läuft nicht wie geplant, auch Kiew wurde zugleich so schwer bombardiert wie seit Langem nicht. Die Drohnen-Attacken überdecken das.“
Wirtschaft stöhnt
Die Ukraine zwingt die Russen damit auch, ihre Flugabwehrsysteme aus der Ukraine in weit entfernte Gebiete – wie eben Pskow – zu verlegen. Helfen wird das aber auch nicht immer: „Auch wenn Russland seinen Luftraum unter Kontrolle hat, sind die Distanzen im Land viel zu riesig, um eine lückenlose Kontrolle zu gewährleisten“, sagt Reisner. Dazu kommt, dass die meisten Drohnen für die russischen Radarsysteme ohnehin fast unsichtbar sind: „Ihr Radarquerschnitt ist so klein, dass sie kaum erkennbar sind.“
Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass der Flugverkehr in vielen Großstädten durch die Attacken regelmäßig lahmgelegt wird. Zuletzt wurde Moskau beinah täglich von Drohnen attackiert, fast jedes Mal blieben auch die Flugzeuge am Boden. Die Wirtschaft spürt das – Turkmenistan Airlines etwa hat Flüge nach Moskau gänzlich gestoppt.
Ukraine verliert monatlich 10.000 Drohnen
In naher Zukunft, prognostiziert der Bundesheer-Experte, werden noch viel mehr ukrainische Drohnen am russischen Himmel zu sehen sein. „Die Ukraine verliert derzeit monatlich bis zu 10.000 Drohnen, sie haben eine Lebensdauer von ein bis drei Flügen.“ Aber bei einem Preis von 600 Euro aufwärts sei die Nachproduktion aber kein Problem: „Die Technik wird immer besser, und der Markt ist riesig. Für eine Drohne braucht es nicht viel mehr als bei einem Modellflugzeug“, sagt Reisner – nur der Sprengstoff und ein GPS-Empfänger fehlen.
Das jüngste Beispiel: Australische Drohnen aus Karton, die so simpel wie ein Ikea-Bausatz zu bauen sind. Mit ihnen hat die Ukraine laut Kyiv Post zuletzt ein Flugplatz im russischen Kursk bombardiert – und fünf Kampfjets zerstört.
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