Draghi plant keine Kandidatur bei Italiens Parlamentswahl 2023
Der italienische Premier Mario Draghi will am Ende seines Mandats als Ministerpräsident im Jahr 2023 nicht kandidieren. "Ich respektiere diejenigen, die sich in der Politik engagieren. An den nächsten Parlamentswahlen werde ich jedoch wie immer als einfacher Wähler teilnehmen", sagte Draghi im Interview mit der Tageszeitung "Corriere della Sera" (Sonntagsausgabe).
Der 74-jährige Regierungschef führt seit Februar 2021 eine Mehrparteienkoalition, die voraussichtlich bis Ende der Legislaturperiode 2023 im Sattel bleiben wird. "In einer Zeit voller Ungewissheit, potenzieller Instabilität, interner und externer Schwächen will dieses Kabinett der nationalen Einheit weiterhin regieren. Diese Regierung wird jedenfalls bis zum Ende weitermachen, wenn es ihr gelingt, die Dinge zu tun, die das Land braucht", sagte Draghi.
"Wir sind dabei, die Pandemie zu überwinden; an der internationalen Front hat Italien wieder das Gewicht, das es haben sollte. Wir unterstützen die Ukraine, wir arbeiten für den Frieden; auf wirtschaftlicher Ebene haben wir 2021 ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 6,6 Prozent erreicht.
Aufgrund des Krieges hat sich die Entwicklung verlangsamt. Die Aufgabe der Regierung ist es jetzt, Arbeitnehmer und Unternehmen zu unterstützen und Italien moderner, lebenswerter und gerechter zu gestalten", erklärte der parteiunabhängige Regierungschef.
Telefonat mit Putin
Der italienische Premier erklärte, er habe mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert und vergebens versucht, ihn zu einer Waffenruhe zu überreden. "Er hat mir geantwortet, dass die Zeit dafür nicht reif sei", sagte Draghi.
"Wir werden unseren ukrainischen Freunden beistehen, deren Widerstand heldenhaft ist", sagte Draghi. Er rechne mit einem "Krieg des Widerstands". "Die Linie aller Verbündeten bleibt diejenige, eine direkte Verwicklung Europas in den Krieg zu vermeiden. Sanktionen sind wichtig, um den Aggressor zu schwächen, aber sie können die Truppen kurzfristig nicht aufhalten. Um das zu erreichen, muss man den Ukrainern direkt helfen, und das tun wir. Dies nicht zu tun, wäre gleichbedeutend mit der Aufforderung, sich zu ergeben, Sklaverei und Unterwerfung zu akzeptieren", sagte Draghi.
Seiner Ansicht nach würden die Sanktionen gegen Russland wirken. "Jetzt fragen wir uns, ob wir noch mehr tun müssen", meinte der Regierungschef.
Obergrenze für russische Gasimporte
Italien bemühe sich, seine Abhängigkeit von russischen Gasimporten zu verringern. "Der italienische Vorschlag für eine Obergrenze des russischen Gaspreises findet Unterstützung und wird auf der nächsten Tagung des Europäischen Rates auf der Grundlage eines von der EU-Kommission ausgearbeiteten allgemeinen Dokuments erörtert werden", sagte Draghi.
Um die Abhängigkeit von russischem Gas zu beenden, müsse Italien die Energiequellen diversifizieren und neue Lieferanten finden. Die Regierung habe bereits Verordnungen zur Erschließung von Investitionen in erneuerbare Energien verabschiedet. Zugleich bemühe sich sein Kabinett, die Folgen der hohen Energiekosten für Unternehmen und Familien zu verringern. "Wir haben bereits 20 Milliarden für die Senkung von Rechnungen ausgegeben und wir beabsichtigen, noch mehr zu tun, um Unternehmen und Bürger zu schützen, insbesondere die Schwächsten", sagte Draghi.
Reformen ausständig
Auch die Investitionen im Zusammenhang mit dem Konjunkturprogramm würden Fortschritte machen: "Im Jahr 2021 haben wir alle im nationalen Konjunkturprogramm festgelegten Ziele erreicht. Vor einigen Tagen sind die ersten 21 Milliarden eingetroffen, zusätzlich zu den fast 25 Milliarden, die wir letztes Jahr erhalten haben. Es gibt aber einige Reformen, die wir noch durchführen müssen: Wettbewerb, Fiskus- und Justizreform", sagte Draghi.
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