Um vor etwaigen Protesten seiner Anhänger gewappnet zu sein, hat das Team um Chef-Ermittler Alvin Bragg Gespräche mit den Spitzen der Polizei in New York City angebahnt. Anlass: Trump hatte seine Attacken gegen eine aus seiner Sicht „korrupte” Justiz in den vergangenen Tagen intensiviert.
Der in Umfragen konstant favorisierte Kandidat für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024 sieht sich als Opfer des „tiefen Staates” (deep state), der ihn noch vor Beginn der Vorwahlen Anfang 2024 aus dem Verkehr ziehen will. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe weist er samt und sonders als „Märchen-Erzählungen” zurück.
Sie liegen Jahre zurück. 2018 schrieb das „Wall Street Journal”, dass Trump 2006, als seine dritte Frau, Melania, gerade Sohn Barron auf die Welt gebracht hatte, mit der Porno-Aktrice Story Daniels am Lake Tahoe in Kalifornien einen One-Night-Stand gehabt haben soll. Frau Clifford beschrieb die Affäre später als „die schlimmsten 90 Sekunden meines Lebens“. Trump bestreitet die Affäre und nennt Stormy Daniels gehässig „Pferdegesicht”.
Dass sein früherer Leib-und Magen-Anwalt Michael Cohen unmittelbar vor der Präsidentschafts-Wahl 2016 mit viel Geld verhindern sollte, dass die Porno-Darstellerin ihre Amouren mit Trump im Klatsch-Blatt „National Enquirer” öffentlich macht, was seinen Wahlchancen abträglich gewesen wäre, hat für Trump nicht stattgefunden.
Cohen dagegen, der seither 20 Mal mit der Staatsanwaltschaft Kontakte hatte und vor wenigen Tagen wie Stormy Daniels als Kronzeuge vor der „Grand Jury” ausgesagt hat, nahm für die Schleusung des Schweigegeldes (im Amerikanischen „hush money”) drei Jahre Haftstrafe auf sich.
Seinen Angaben nach wurde das von ihm vorgestreckte Schweigegeld in den Büchern des Trump-Konzerns illegalerweise als „Anwaltskosten” vertuscht. Das Geld will er später per Raten-Zahlung von Trump zurückbekommen haben.
Staatsanwalt Alvin Bragg hätte Trump dazu gern selber gehört und vor die Geschworenen-Jury gebracht. Aber der Ex-Präsident blieb der Einladung fern.
Dass seine Festnahme unmittelbar bevorsteht, wie Trump behauptet, ist de facto unwahr. Sollte er angeklagt werden, folgt die Aufforderung, sich den Behörden zu stellen. Einer seiner Anwälte hat im US-Fernsehen erklärt, dass Trump dem Folge leisten wird, sollte es so kommen.
Trump selber hatte bereits vor Wochen erklärt, dass ihn eine Anklage nicht dazu veranlassen würde, seine erneute Kandidatur für das Weiße Haus zurückzuziehen. Der Unternehmer, der sich zuletzt bei den Demoskopen von seinem ärgsten innerparteilichen Rivalen, Florida-Gouverneur Ron DeSantis, absetzen konnte, setzt auf einen Solidarisierungs-Effekt seiner Anhänger. Unter ihnen sind Millionen, die Trump für das Opfer eines gigantischen Betrugs bei den Wahlen 2020 halten, als Joe Biden Präsident wurde.
Wäre die Anklage formell zugestellt und gerichtlich akzeptiert, würde für Bezirks-Staatsanwalt Bragg die eigentliche Arbeit erst beginnen. Er müsste Geschworene und Richter in einem Prozess davon überzeugen, dass Trumps Verbuchungs-Gebaren bei der Schweigegeld-Aktion von einer Ordnungswidrigkeit (die mit Bußgeld geahndet werden kann) zur echten Straftat (maximal vier Jahre Haft) gereift ist. Maggie Haberman, Star-Journalistin der New York Times und intimste Trump-Kennerin, sieht die Justiz „in diesem Fall echtes Neuland” betreten - und Donald Trump noch lange nicht verurteilt.
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