Trumps neue Zölle in Kraft: Was gilt - und noch kommen soll

In der Nacht auf Donnerstag hatte Donald Trump seinen historischen Meilenstein erreicht. Um Punkt Mitternacht Washingtoner Zeit schnellten die durchschnittlichen US-Zölle auf den höchsten Wert seit mehr als 100 Jahren.
Die siebentägige Gnadenfrist war verstrichen - und Trumps Zollkeule traf ausnahmslos alle Handelspartner der Vereinigten Staaten, wenn auch unterschiedlich stark. Jene, die zuvor keinen Deal mit ihm eingetütet hatten, müssen nun besonders leiden. Ein Überblick:
Welche Produkte sind eigentlich betroffen?
In einer Stellungnahme des Weißen Hauses heißt es, die neuen Zölle gelten für alle Waren, die ab dem 7. August aus betroffenen Ländern versendet werden. Waren, die sich bereits auf dem Weg in die USA befinden und dort vor dem 5. Oktober eintreffen, seien jedoch ausgenommen.
US-Rechtsexperten sind sich allerdings darüber uneins, ob das stimmen kann. Am gängigsten ist die Meinung, dass diese Sonderregel nur für Waren gilt, die verschifft werden. Jene, die per Auto, Zug oder Flugzeug transportiert werden, müssen bereits bezollt werden.

Einigten sich auf den letzten Metern doch noch: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump.
Wer glimpflich davonkam
Die Europäische Union hatte sich nach zähen Verhandlungen erst in der Vorwoche auf ein Abkommen mit den USA geeinigt. Auch wenn es noch nicht unterschrieben ist, lässt Trump auf EU-Waren fortan nur 15 Prozent des Kaufpreises als Zoll erheben.
Dasselbe gilt für US-Importe aus Japan und Südkorea, die sich ebenfalls vorab mit den USA einigten und - wie die EU - Milliardeninvestitionen versprachen.
Den wohl besten Deal schlug Großbritannien heraus: Auf britische Produkte erheben die USA lediglich zehn Prozent. Die südostasiatischen Staaten Indonesien, Kambodscha, Malaysien, die Philippinen, Thailand und Vietnam konnten jeweils 19 Prozent heraushandeln.
Wer hart getroffen wurde
Die Schweizer müssen fortan ganze 39 Prozent abtreten, dabei hatte Präsidentin Karin Keller-Sutter noch am Dienstag bei einem Treffen mit US-Außenminister Marco Rubio in Washington einen letzten verzweifelten Verhandlungsversuch unternommen. Doch es half nichts: Vor allem die Schweizer Pharmaindustrie wird ins Mark getroffen.
Auch die Regierung der Insel Taiwan versuchte bis zuletzt vergeblich einen Deal zu finden, ihre High-Tech-Exporte werden nun mit 20 Prozent bezollt. Für Südafrika (30 %) sowie die ärmeren südostasiatischen Staaten Laos und Myanmar (beide 40 %) galten hohe Zölle dagegen bereits als sicher.
Selbst Kanada, der wichtigste US-Handelspartner, erhielt 35 Prozent - allerdings nur auf dem Papier, da in einem separaten Freihandelsabkommen fast alle relevanten kanadischen US-Exporte von den Zöllen ausgenommen sind.
Die größten Verlierer: Brasilien und Indien
Am schwersten treffen Trumps neue Zölle die beiden Schwellenländer Brasilien und Indien - mit jeweils 50 Prozent. In beiden Fällen hat das keine wirtschaftlichen, sondern politische Gründe.

Haben beide an 50-Prozent-Zöllen zu knabbern: Die Regierungschefs Narendra Modi (Indien, links) und Lula da Silva (Brasilien).
Trump will Brasiliens Regierung um den linken Präsidenten Lula da Silva für den Umgang mit Ex-Präsident Jair Bolsonaro bestrafen. Der sitzt wegen des Sturms seiner Anhänger auf das Regierungsviertel im Jahr 2022 mit einer Fußfessel unter Hausarrest. Trump ortet politische Verfolgung und fordert nicht nur ein Ende des Prozesses, sondern auch die Entlassung eines prominenten brasilianischen Höchstrichters.
Indien soll dagegen bezollt werden, weil das Land seit Kriegsbeginn in der Ukraine viel russisches Rohöl importiert. Trump gewährte hier noch eine Schonfrist von drei Wochen, ehe die 50-Prozent-Zölle greifen. Doch Indiens Premier Narendra Modi erklärte bereits, "niemals Kompromisse" eingehen und weiter am russischen Öl festhalten zu wollen.
Wahrscheinlicher ist, dass Trumps hartes Vorgehen die großen Schwellenländer zusammenschweißt: Lula und Modi wollten noch am Donnerstag miteinander telefonieren, um zu besprechen wie die BRICS-Staaten gemeinsam auf die US-Zölle reagieren können.
Sonderfall China
China importiert eigentlich deutlich mehr russisches Öl und Gas als Indien. Doch die Volksrepublik erwies sich bislang wehrhafter, reagierte auf jede Zollankündigung Trumps mit ebenso hohen Gegenzöllen. Die Auseinandersetzung gipfelte im Frühsommer in einem kurzen, aber heftigen Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, der Anfang Juni in einer Einigung mündete.
Neue Strafzölle gegen China sind deshalb nicht geplant – vorausgesetzt, beide Seiten einigen sich bis 12. August, wenn das aktuelle Abkommen ausläuft. Berichten zufolge sieht es gut aus.
Was noch kommen soll
Erst am Mittwochabend hat Trump schon die nächsten Zölle angekündigt: Importierte Halbleiterchips sollen mit 100 Prozent belegt werden. Das würde fast alle Elektronikprodukte schlagartig deutlich teurer machen.
Für Unternehmen, die versprechen, Teile ihrer Produktion in die USA zu verlagern, sollen die Zölle jedoch nicht gelten, so Trump. Damit wären die größten und wichtigsten globalen Chip-Hersteller wohl ohnehin ausgenommen: Sowohl Nvidia (USA), TSMC (Taiwan) als auch Apple bauen gerade Fabriken in den USA.
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