Wie Brasiliens Präsident "Gringo" Trump im Alleingang die Stirn bietet

Er ist ein Urgestein der brasilianischen Politik und weltweit neben Chinas Führung der Einzige, der sich den erratischen Zoll-Rundumschlägen von US-Präsident Donald Trump entschlossen entgegenstellt: Brasiliens Staatsoberhaupt Luiz Inacio Lula da Silva.
Und bisher fuhr der Mann aus einfachen Verhältnissen, der bereits vor 45 Jahren die linke „Arbeiterpartei“ (PT) mitbegründet und 1989 erstmals für das Präsidentenamt kandidiert hatte, gut mit dieser Strategie.
Denn während sich die meisten Regierungschefs weltweit mit Schmeicheleien, einseitigen Zugeständnissen oder vorauseilendem Gehorsam dem strengen Herren im Weißen Haus andienten, setzt Lula auf Härte.
„Kein Gringo erteilt uns Befehle“
Trumps ursprüngliche Drohung, die Zölle für brasilianische Waren auf 50 Prozent hochzuschrauben, bezeichnete der Ex-Gewerkschaftsführer als „unannehmbare Erpressung“.

Die Botschaft des 79-jährigen Alphatiers in Brasilia an das gleichaltrige Alphatier in Washington: „Kein Gringo erteilt uns Befehle.“ Man könne gerne verhandeln, aber auf Augenhöhe. Daraus wurde nichts.
Aber eigentlich gab/gibt es nichts zu verhandeln. Die Begründung für Trumps „geliebte“ Zölle ist ja stets, dass die USA mit dem jeweiligen anderen Land ein Handelsbilanzdefizit haben, also Güter in höherem Warenwert nach Amerika importiert werden als umgekehrt. Doch im Fall Brasiliens stimmt das nicht, es gibt seit 2009 Überschüsse, 2024 waren es 7,4 Milliarden Dollar.
In dem Fall argumentiert der US-Präsident daher, dass die „Hexenjagd“ gegen den früheren brasilianischen Staatschef Jair Bolsonaro aufhören müsse.

Jair Bolsonaro, Brasiliens Ex-Präsident, der oft "Tropen-Trump" genannt wird, muss sich wegen Putschversuchs vor Gericht verantworten
Zur Vorgeschichte: Der Rechtspopulist, auch spitz „Tropen-Trump“ genannt, hatte nach der Wahlniederlage nach seiner ersten Amtszeit (2019-2022) ebenso wie sein US-Vorbild seine Anhänger in Bewegung gesetzt, um die Dinge in seinem Sinne zu biegen. Deswegen wird ihm aktuell der Prozess gemacht – wegen Putschversuchs.
Ausnahme für 700 Produkte
Der brasilianische Staatschef zu Trumps Attacke gegen das Rechtswesen gegenüber der "New York Times": „Vielleicht weiß er nicht, dass die Justiz in Brasilien unabhängig ist.“
Und weiter: „Der demokratische Rechtsstaat ist für uns etwas Heiliges. Denn wir haben bereits Diktaturen erlebt und wollen keine weiteren“, sagte Lula, der in der Zeit der Gewaltherrschaft des Militärs (1964-1985) selbst im Gefängnis gelandet war.
Klare Kante also, die sich wirtschafts- wie innenpolitisch bezahlt gemacht hat. Denn Trump verhängte zwar den Rekordsatz von 50-prozentigen Zöllen gegen das 210-Millionen-Volk im Süden, allerdings ist rund die Hälfte aller brasilianischen Importwaren (rund 700 Produkte) davon ausgenommen. Für diese gelten „nur“ zehn Prozent. Darunter finden sich unter anderem Öl oder Orangensaft.
Kaffee wird teurer in den USA
Für Kaffee hingegen fallen in den USA 50 Prozent Aufschlag an, was die Amerikaner schwer treffen wird, sie werden tiefer ins Börsel greifen müssen. Denn rund ein Viertel der Bohnen stammt aus Brasilien. Umgekehrt gehen „nur“ 16 Prozent der brasilianischen Kaffeeexporte in die USA.
Experten rechnen damit, dass ein teilweises Einbrechen dieses Marktes schnell durch andere Abnehmer kompensiert werden könnte, China genehmigte bereits Exporte von 183 neu gelisteten Kaffeeproduzenten.

16 Prozent des brasilianischen Kaffees gehen in die USA - dürften aber schnell kompensiert werden können, meinen Experten
Generell schätzen Ökonomen, wie etwa Alberto Ramos von Goldman Sachs, dass das Wachstum in Brasilien wegen der Zölle bloß um 0,4 Prozent geringer ausfallen könnte.
Innenpolitisch profitiert Lula von den Strafmaßnahmen Trumps auf voller Länge. Der Ex-Gewerkschafter kam in seiner dritten Amtszeit (nach 2003-2011 seit 2023) nie so richtig in die Gänge. Zuletzt lehnten 60 Prozent seine Amtsführung ab. Nach dem Showdown mit Washington findet eine Mehrheit diese aber wieder gut.
Lula Favorit bei Wahl 2026
Und Lula kann zudem alle schmerzlichen Maßnahmen auf Trump schieben, womit er bei der Präsidentschaftswahl 2026 gute Karten hat.
Neben dem Flankenschutz für seinen „Spezi“ Bolsonaro dürfte der US-Staatschef vor allem einen Grund für sein harsches Vorgehen gegen die größte Volkswirtschaft in Südamerika haben. Ihm ist die Annäherung Brasilia-Peking ein Dorn im Auge.
Zuletzt haben die beiden wirtschaftlichen Großmächte eine Eisenbahnlinie projektiert, die quer durch den Kontinent den Atlantik mit dem peruanischen, von China zu errichtenden Pazifikhafen Chancay verbinden und so dem Reich der Mitte vorbei am Panamakanal ganz Südamerika erschließen soll.
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