Historischer Prozesstag für Trump: Wer ist Kronzeuge Michael Cohen?

Fußsoldat. Zuschläger. Ausputzer. Consigliere. Fixer. Pitbull.
Als Donald Trump noch gut auf ihn zu sprechen war, gab es für Michael Cohen viele mafiös klingende Etiketten; sie hatten eines gemeinsam: absolute Loyalität zum Ex-Präsidenten. Das ist lange vorbei.
Seit der gelernte Jurist, der über zehn Jahre für Trump bei Streitigkeiten um Ex-Frauen, Business-Partner, Geliebte und Medien die Drecksarbeit erledigte, gegen seinen ehemaligen Boss ausgesagt hat, nennt der republikanische Präsidentschaftskandidat den 57-Jährigen nur noch "Ratte".

Michael Cohen wandet sich später zum Trump-Feind und sagte gegen ihn aus. Er wurde 2018 wegen Steuer- und Finanzdelikten sowie Falschaussagen zu dreijähriger Haft verurteilt.
Das ist bemerkenswert. Cohen kommt aus unspektakulären Verhältnissen, aufgewachsen am Rande New Yorks. Er hatte dort ein kleine Anwaltskanzlei, handelte mit Taxi-Lizenzen. 2007 heuerte Trump ihn als Mann fürs Grobe in allen Lebenslagen an, später auch als Vize-Präsident der Trump-Organisation.
Cohen wurde darüber reich. Er vergötterte seinen Boss, drängte ihn noch zu Obamas Präsidentschaft, endlich selber für das Weiße Haus zu kandidieren. Cohen, so enge Wegbegleiter damals, "hätte alles für Trump getan, alles".

Der heutige Prozess gegen Donald Trump ist der erste Strafprozess gegen einen Ex-Präsidenten in der US-Geschichte.
Über Briefkastenfirme Schweigegeld gezahlt
Schnitt: Michael Cohen ist im Schweigegeld-Prozess um 130.000 Dollar für den Porno-Star Stormy Daniels der Dreh- und Angelpunkt. Über ihn lief die per Briefkastenfirma eingestielte Zahlung. Bei ihm kamen die deutlich höheren Erstattungen an; alles steuerlich betrügerisch eingefädelt, so die Anklage. "Ich tat das auf Anweisung von, in Abstimmung mit und zu Gunsten von Mr. Trump", sagt Cohen, "um den Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu beeinflussen". Ohne ihn stünde der 77-Jährige nicht vor Gericht.
Am Montag beginnt in New York der Prozess gegen Donald Trump wegen Kaschierung einer Schweigegeldzahlung. Es ist der erste Strafprozess gegen einen Ex-Präsidenten der US-Geschichte.
In insgesamt vier verschiedenen Fällen ist gegen Trump strafrechtliche Anklagen erhoben. Zwei beziehen sich auf die Versuche, seine Wahlniederlage von 2020 gegen den heutigen Präsidenten Joe Biden nachträglich zu kippen, in einer weiteren Anklage geht es um Trumps Lagerung geheimer Regierungsdokumente in seinem Privatanwesen in Florida.
Die Anklage zur Schweigegeld-Affäre ist die erste, die jetzt zu einem Prozess führt, und die einzige, bei der es noch vor der US-Wahl am 5. November ein Urteil geben wird.
Sein großes Manko: Vertrauenswürdigkeit. Er hatte mehr als vier Millionen Dollar Einnahmen nicht versteuert. Außerdem bekannte er sich schuldig, Zahlen über einen Immobilienkredit gefälscht zu haben. Cohen stand 2018 vor Gericht und wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Er durfte aber wegen der Corona-Pandemie einen Teil der Strafe im Hausarrest absitzen. Seine Anwaltslizenz ist seither futsch.
Trumps Anwälte werden im Prozess in jeder Situation Cohens Glaubwürdigkeit in Frage stellen, um so die Geschworenen zu beeinflussen. Sie können sich dabei auf einen ehemaligen Mitarbeiter von Chef-Ankläger Alvin Bragg stützen. Staatsanwalt Mark Pomerantz schreibt in seinem Buch "People vs. Donald Trump", wie er Cohen mehrmals persönlich vernommen hat. Am Ende kam er zu dem Schluss, dass er als Kronzeuge in einem Kreuzverhör untergehen würde.
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